Einen geeigneten Bauplatz zu finden ist meist der erste Schritt beim Projekt Hausbau. Die meisten wünschen sich vermutlich ein mittelgroßes, ebenes und nicht zu teures Grundstück. Oft muss man aber nehmen, was man bekommt. Und wenn es ein Nordhang ist? Dann sollte man trotzdem zugreifen, wenn sonst alles passt. Die Warnung aus Familie und Freundeskreis „Das kannst du doch nicht machen!“ darf man getrost ignorieren, denn – und darum geht es in dieser Serie – gefallen muss es einem nur selbst.
Warum Nordhang?
Als wir das Grundstücksangebot samstagvormittag in der Zeitung entdeckt hatten, waren wir schon begeistert, weil es sich so gut angehört hat. Und ein Anruf bestätigte: Das Grundstück liegt in unserem Wunschort. In einer Sackgasse fast am Ende einer etwa zehn Jahre alten Siedlung (kein Neubaugebiet, hurra!) und war von der Größe her passend (790 Quadratmeter, 800 Quadratmeter war unsere Wunschgröße). Und dann war es auch noch relativ günstig. Meine größte Angst: Dass es mir dann nicht gefällt, wenn ich dort bin. Hat sich aber nicht bestätigt, ich habe mich sofort wohlgefühlt. Und das halte ich für den wichtigsten Punkt bei der Grundstückswahl: Man muss sich an diesem Fleckchen Erde wohlfühlen. Man hält sich ja schließlich dann für lange Zeit genau dort auf. Dass es ein Hanggrundstück ist und dazu noch Richtung Norden, war zu dem Zeitpunkt unwichtig.
Ist ein Nordhang-Grundstück billiger?
Wenn beim Grundstückskauf das Gesetz von Angebot und Nachfrage gilt, dann auf jeden Fall. Alle wollen ein ebenes Grundstück oder einen Südhang. Nordhang wird definitiv weniger nachgefragt. Möglicherweise gilt das für jede Art von Grundstück, die nicht den Idealen entspricht: sehr schmale, unregelmäßig geschnittene oder ungewöhnlich gelegene Grundstücke. Wer sich nicht abschrecken lässt, kann vielleicht ein Schnäppchen machen.
Was heißt Nordhang für die Architektur?
Wer das Können des Architekten möglichst umfassend nutzen will, sollte ihm die Möglichkeit lassen, ein perfekt auf das Grundstück zugeschnittenes Haus zu planen. Oder andersherum gesagt: Wer ein schwierigeres Grundstück kauft, sollte noch keine allzu detaillierten Vorstellungen davon haben, wie sein Haus mal aussehen soll. Hanggrundstück kann schließlich auch heißen, dass man die Geschoße in den Hang baut, Ebenen gegeneinander verschiebt oder – wie bei meinem Haus – einen eher ungewöhnlichen Grundriss wählt, um den Platz auf dem Grundstück besser auszunutzen.
Die optimale Lösung bei uns war es, das Haus auf das schmale Fleckchen Grund ganz oben an der Straße zu stellen, wo das Grundstück noch einigermaßen eben ist. Denn damit betreffen die möglichen Nachteile eines Nordhangs das Haus an sich nicht mehr – es steht ja genauso da wie ein Haus auf ebener Fläche. Um den großen Gartenteil, der dann am Nordhang entstehen sollte, möglichst wenig zu verschatten, hat unser Architekt eine Verschattungsstudie gemacht. Am Computer hat er den Schattenwurf mehrerer verschiedener Hausmodelle zu verschiedenen Jahreszeiten und Tageszeiten berechnet. Je nach Lage und Höhe des Hauses hätte es auch Situationen gegeben, zu denen der Hang die meiste Zeit komplett vom eigenen Haus verschattet gewesen wäre. Für mich war das ein wichtiges Entscheidungskriterium und ich bin immer noch sehr dankbar, dass unser Architekt diese Verschattungsstudie gleich am Anfang angeboten hat und uns aussagekräftige Ergebnisse präsentieren konnte. Für die Planung war das eine perfekte Grundlage.
Kommt aus Norden überhaupt genug Licht ins Haus?
Was beim Nordhang aus architektonischer Sicht gut geht: große Fenster, die viel Licht reinlassen, damit auch die Nordseite nicht im Düsteren liegt. Die Meinung, dass man im Norden kaum Fenster bauen sollte und dort nur Funktionsräume anordnen sollte, um Energie zu sparen, ist veraltet. Es gibt Verglasungen, die den Sonnenschein leicht nach drinnen durchlassen, die Wärme aber nicht so leicht wieder nach draußen lassen. Und im Sommer ist eh jeder froh, wenn nicht den ganzen Tag aus Richtung Süden Hitze ins Haus knallt.
Wie wirkt sich ein Nordhang auf die Gartenplanung aus?
Während sich der Nordhang beim Haus kaum auswirkt, ist es beim Garten schon etwas anderes: Wir haben im Süden einen kleinen ebenen Garten und im Norden einen riesigen Garten am Hang. Der Garten im Norden ist manchmal bis zu drei Wochen später dran als der Süd-Garten. Manche Pflanzen wachsen nur im Süden gut und bleiben im Norden eher kümmerlich. Andererseits scheint es anderen Pfanzen komplett egal zu sein, ob sie im Norden oder Süden wachsen.
Heiß begehrt im Hochsommer ist übrigens unsere Terrasse im Nordhang – denn dort ist es auch an heißen Sommertagen erträglich. Die Terrasse im Süden dagegen ist im Frühling und Herbst erste Wahl, wenn jeder Sonnenstrahl wertvoll ist. Grundsätzlich sollte man sich überlegen, Sitz- und Ruheplätze im Garten in verschiedenen Himmelsrichtungen anzulegen.
Entscheidungshilfen
Wie gesagt: Wenn das Grundstück unabhängig von der Himmelsrichtung gefällt, man bereit ist, die Hausplanung aufs Grundstück abzustimmen, eine Verschattungsstudie ein akzeptables Ergebnis erbringt und man damit leben kann, dass am Nordhang kein Toskana-Garten entstehen wird, dann spricht nichts gegen einen Nordhang. Es gibt für jedes Grundstück das passende Haus. Dafür sollte man aber einem guten Architekten vertrauen und mit ihm aufs Grundstück abgestimmt planen. Wenn ich in Foren lese, dass Paare ihr Haus inklusive Grundriss und Außenansicht schon eigenhändig und ohne jegliche Beratung geplant haben und jetzt überlegen, ob dieses Haus auf ein bestimmtes Grundstück passen könnte, dann weiß ich, dass das schiefgehen wird. Und dann ist es auch egal, ob es nun ein Nordhang ist oder nicht.
Welche Wohnqualitäten ein Haus am Nordhang haben kann, zeigt übrigens auch eine Folge der BR-Serie „Traumhäuser wiederbesucht“ sehr schön. „Ein Hofhaus am Nordhang“ ist in der Mediathek abrufbar. Wunderbar finde ich bei der Folge, dass man auch sehr schön sieht, wie Familie und Bekannte als Bedenkenträger alle mögliche Entscheidungen der Bauherren in Frage stellen. Auch deswegen passt die Dokumentation perfekt in diesen Zusammenhang.
Hier geht es zu den weiteren Teilen der Serie „Das kannst du doch nicht machen!“:
Hallo, ich finde die Kapitel sehr interessant, vielen Dank! Ich plane gerade selbst und erlebe Ähnliches. Könnte also sein, dass ich noch etwas mehr rumkommentiere ….
Ich war auch immer auf dem Trip, daß Nordhang nicht so gut sei. Bis ich dann plötzlich die Wahl hatte. Und habe freiwillig Nord genommen, statt Süd! Zugegeben, es hatte auch Gründe die nicht mit Nord/Süd zusammen hingen. Aber Nord hat klare Vorteile.
Die Baufenster waren in beiden Fällen an der Straße, eine Lösung wie bei Dir geht nicht. Mit Straße unten gefällt mir die Erschließung besser, sonst kommt man oben rein und muss oft erstmal die Treppe runter weil oben die Garagen drin sind. Mit Nordhang landet der Garten hinter dem Haus, auf der Südseite. Schön diskret und Sonne. Auf der Nordseite ist die Aussicht. Abends sieht man die Landschaft noch ins Licht getaucht. Zwei gute Seiten. Beim Südhang mit Straße unten wäre der Garten Nord. Südhang brät im Sommer in der Sonne, da es eher wärmer wird, ist „Kühle“ plötzlich eine Perspektive. Bauempfehlungen setzen zunehmend Schwerpunkte auf Verschattung.
Ein möglicher Nachteil ist Sonne im Winter, weil ja der Hang, wenn er steil ist, die Sonne teilweise blockt. Man muß also eher hoch bauen, Oberlichter, Dachfenster bringen Helligkeit. Allerdings ist die Anzahl der Sonnentage im Winter sowieso recht gering, viel macht das also nicht aus.