Das kannst du doch nicht machen! – Teil 2: Bauen am Nordhang

Haus Polz Ansicht aus Norden mit Garten und Nordhang sowie Terrasse

Sogar im Winter kann man erkennen, dass auch an einem Nordhang so einiges wächst. Selbst Weintrauben gedeihen dort.

Einen geeigneten Bauplatz zu finden ist meist der erste Schritt beim Projekt Hausbau. Die meisten wünschen sich vermutlich ein mittelgroßes, ebenes und nicht zu teures Grundstück. Oft muss man aber nehmen, was man bekommt. Und wenn es ein Nordhang ist? Dann sollte man trotzdem zugreifen, wenn sonst alles passt. Die Warnung aus Familie und Freundeskreis „Das kannst du doch nicht machen!“ darf man getrost ignorieren, denn – und darum geht es in dieser Serie – gefallen muss es einem nur selbst.

Warum Nordhang?

Als wir das Grundstücksangebot samstagvormittag in der Zeitung entdeckt hatten, waren wir schon begeistert, weil es sich so gut angehört hat. Und ein Anruf bestätigte: Das Grundstück liegt in unserem Wunschort. In einer Sackgasse fast am Ende einer etwa zehn Jahre alten Siedlung (kein Neubaugebiet, hurra!) und war von der Größe her passend (790 Quadratmeter, 800 Quadratmeter war unsere Wunschgröße). Und dann war es auch noch relativ günstig. Meine größte Angst: Dass es mir dann nicht gefällt, wenn ich dort bin. Hat sich aber nicht bestätigt, ich habe mich sofort wohlgefühlt. Und das halte ich für den wichtigsten Punkt bei der Grundstückswahl: Man muss sich an diesem Fleckchen Erde wohlfühlen. Man hält sich ja schließlich dann für lange Zeit genau dort auf. Dass es ein Hanggrundstück ist und dazu noch Richtung Norden, war zu dem Zeitpunkt unwichtig.

Ist ein Nordhang-Grundstück billiger?

Wenn beim Grundstückskauf das Gesetz von Angebot und Nachfrage gilt, dann auf jeden Fall. Alle wollen ein ebenes Grundstück oder einen Südhang. Nordhang wird definitiv weniger nachgefragt. Möglicherweise gilt das für jede Art von Grundstück, die nicht den Idealen entspricht: sehr schmale, unregelmäßig geschnittene oder ungewöhnlich gelegene Grundstücke. Wer sich nicht abschrecken lässt, kann vielleicht ein Schnäppchen machen.

Was heißt Nordhang für die Architektur?

Verschattungsstudie zu Haus Polz mit dem Beispiel Verschattung im Winter zur Mittagszeit.

Den Schattenwurf des Hauses aufs Grundstück zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten hat der Architekt am Computer berechnet. Hier als Beispiel, welche Teile des Gartens im Winter mittags im Schatten liegen.

Wer das Können des Architekten möglichst umfassend nutzen will, sollte ihm die Möglichkeit lassen, ein perfekt auf das Grundstück zugeschnittenes Haus zu planen. Oder andersherum gesagt: Wer ein schwierigeres Grundstück kauft, sollte noch keine allzu detaillierten Vorstellungen davon haben, wie sein Haus mal aussehen soll. Hanggrundstück kann schließlich auch heißen, dass man die Geschoße in den Hang baut, Ebenen gegeneinander verschiebt oder – wie bei meinem Haus – einen eher ungewöhnlichen Grundriss wählt, um den Platz auf dem Grundstück besser auszunutzen.

Die optimale Lösung bei uns war es, das Haus auf das schmale Fleckchen Grund ganz oben an der Straße zu stellen, wo das Grundstück noch einigermaßen eben ist. Denn damit betreffen die möglichen Nachteile eines Nordhangs das Haus an sich nicht mehr – es steht ja genauso da wie ein Haus auf ebener Fläche. Um den großen Gartenteil, der dann am Nordhang entstehen sollte, möglichst wenig zu verschatten, hat unser Architekt eine Verschattungsstudie gemacht. Am Computer hat er den Schattenwurf mehrerer verschiedener Hausmodelle zu verschiedenen Jahreszeiten und Tageszeiten berechnet. Je nach Lage und Höhe des Hauses hätte es auch Situationen gegeben, zu denen der Hang die meiste Zeit komplett vom eigenen Haus verschattet gewesen wäre. Für mich war das ein wichtiges Entscheidungskriterium und ich bin immer noch sehr dankbar, dass unser Architekt diese Verschattungsstudie gleich am Anfang angeboten hat und uns aussagekräftige Ergebnisse präsentieren konnte. Für die Planung war das eine perfekte Grundlage.

Kommt aus Norden überhaupt genug Licht ins Haus?

Was beim Nordhang aus architektonischer Sicht gut geht: große Fenster, die viel Licht reinlassen, damit auch die Nordseite nicht im Düsteren liegt. Die Meinung, dass man im Norden kaum Fenster bauen sollte und dort nur Funktionsräume anordnen sollte, um Energie zu sparen, ist veraltet. Es gibt Verglasungen, die den Sonnenschein leicht nach drinnen durchlassen, die Wärme aber nicht so leicht wieder nach draußen lassen. Und im Sommer ist eh jeder froh, wenn nicht den ganzen Tag aus Richtung Süden Hitze ins Haus knallt.

Wie wirkt sich ein Nordhang auf die Gartenplanung aus?

Haus Polz aus Nord-Osten mit Blick auf die Holzterrasse im Nordhang

Die in den Nordhang integrierte Terrasse ist im Hochsommer ein beliebter Aufenthaltsort. Denn in der prallen Sonne der Südterrasse vor dem Haus hält man es dann gar nicht aus.

Während sich der Nordhang beim Haus kaum auswirkt, ist es beim Garten schon etwas anderes: Wir haben im Süden einen kleinen ebenen Garten und im Norden einen riesigen Garten am Hang. Der Garten im Norden ist manchmal bis zu drei Wochen später dran als der Süd-Garten. Manche Pflanzen wachsen nur im Süden gut und bleiben im Norden eher kümmerlich. Andererseits scheint es anderen Pfanzen komplett egal zu sein, ob sie im Norden oder Süden wachsen.

Heiß begehrt im Hochsommer ist übrigens unsere Terrasse im Nordhang – denn dort ist es auch an heißen Sommertagen erträglich. Die Terrasse im Süden dagegen ist im Frühling und Herbst erste Wahl, wenn jeder Sonnenstrahl wertvoll ist. Grundsätzlich sollte man sich überlegen, Sitz- und Ruheplätze im Garten in verschiedenen Himmelsrichtungen anzulegen.

Entscheidungshilfen

Wie gesagt: Wenn das Grundstück unabhängig von der Himmelsrichtung gefällt, man bereit ist, die Hausplanung aufs Grundstück abzustimmen, eine Verschattungsstudie ein akzeptables Ergebnis erbringt und man damit leben kann, dass am Nordhang kein Toskana-Garten entstehen wird, dann spricht nichts gegen einen Nordhang. Es gibt für jedes Grundstück das passende Haus. Dafür sollte man aber einem guten Architekten vertrauen und mit ihm aufs Grundstück abgestimmt planen. Wenn ich in Foren lese, dass Paare ihr Haus inklusive Grundriss und Außenansicht schon eigenhändig und ohne jegliche Beratung geplant haben und jetzt überlegen, ob dieses Haus auf ein bestimmtes Grundstück passen könnte, dann weiß ich, dass das schiefgehen wird. Und dann ist es auch egal, ob es nun ein Nordhang ist oder nicht.

Welche Wohnqualitäten ein Haus am Nordhang haben kann, zeigt übrigens auch eine Folge der BR-Serie „Traumhäuser wiederbesucht“ sehr schön. „Ein Hofhaus am Nordhang“ ist in der Mediathek abrufbar. Wunderbar finde ich bei der Folge, dass man auch sehr schön sieht, wie Familie und Bekannte als Bedenkenträger alle mögliche Entscheidungen der Bauherren in Frage stellen. Auch deswegen passt die Dokumentation perfekt in diesen Zusammenhang.

Hier geht es zu den weiteren Teilen der Serie „Das kannst du doch nicht machen!“:

Teil 1: Bauen ohne Keller

Teil 3: Bauen ohne Rollläden

Teil 4: Bauen ohne Wohnzimmer

Teil 5: Bauen mit Holz

Teil 6: Bauen ohne Zaun

Teil 7: offener Wohnraum, offene Treppe

Hier muss man hinter die (Beton-)Fassade schauen

Betonfassade des Mehrfamilienhauses Kapuzinerstraße 37

Warum diese Fassade keine Fenster hat? Weil dahinter das Treppenhaus des Mehrfamilienhauses liegt, das eine Barriere zwischen Verkehrslärm und Wohnräumen bildet. Foto: Hendrik Schwartz

Viel ist über das Haus in der Kapuzinerstraße 37 in Passau schon geschrieben worden. Denn es hat Aufsehen erregt mit seiner fensterlosen Betonfassade auf der Straßenseite. Doch wer sich alleine durch dieses ungewöhnliche, vielleicht abweisende Aussehen schon eine Meinung bildet, hat im wahrsten Sinne des Wortes noch nicht alle Seiten betrachtet. Bei den Architektouren 2016 hat Architekt Bernd Vordermeier seine Planungen vorgestellt und erklärt – und wieder einmal meinen Verdacht bestätigt, dass manche Projekte umso kreativer ausfallen, je mehr Vorgaben und Beschränkungen es gibt.

Bei dem Neubau in der Kapuzinerstraße stellte vor allem der Hochwasserschutz eine Herausforderung dar. An Stelle des jetzigen Baus stand ein hochwassergeschädigtes Haus, das eigentlich saniert werden sollte. Allerdings stand bald fest, dass ein Ersatzbau die bessere Lösung ist. Der sollte drei Wohneinheiten umfassen, günstig sein und schnell errichtet sein – schließlich muss sich ein Mietshaus auch rechnen.

Erste Herausforderung: Hochwassergefahr

Garagenstellplätze Mehrfamilienhaus Kapuzinerstraße 37

An der Gebäudeseite befindet sich eine offene Zufahrt zu den Autostellplätzen im Erdgeschoss. Foto: Hendrik Schwartz

Ein komplett neues Haus ermöglichte komplett neue Lösungen für die bestehenden Probleme in dieser Lage. Der Hochwassergefahr begegnete Bernd Vordermeier, indem er das Erdgeschoss als Garage plante: Autos parken in einem offenen Raum unterhalb der Wohnebenen. Der Boden besteht aus Granitbruch – der wird schlimmstenfalls weggeschwemmt bei Hochwasser, mehr kann nicht passieren.

Zweite Herausforderung: Verkehrslärm

Die fensterlose Fassade hin zur Straße löst ein Problem, das für die Bewohner der Innstadt alltäglich ist: Verkehrslärm auf der stark befahrenen Straße. Es ist tatsächlich nicht ganz falsch, wenn man die fensterlose Fassade als „abweisend“ wahrnimmt –  sie hält einen großen Teil des Verkehrslärms ab. Ein Fenster raus auf die Straße, welcher Bewohner würde das schön finden? Wer würde das Fenster überhaupt öffnen wollen? Niemand vermutlich. Und so liegt längs der Straße hinter der fensterlosen Fassade das Treppenhaus und bildet in Betonbauweise und zum Teil nach oben hin offen (für den vorgeschriebenen Rauchabzug im Brandfall) eine Barriere zwischen Straße und Wohnungen.

Massivholzwände des Mehrfamilienhauses

Die Außenwände und tragenden Wände der Wohnräume sind aus Massivholz. Dies sorgt für eine angenehme Atmosphäre und ein gutes Raumklima. Foto: Hendrik Schwartz

Die wiederum bieten beste Aussichten in alle anderen Richtungen: Vom obersten Stockwerk aus schaut man aus einer großen Festverglasung direkt auf die Veste Oberhaus. Überhaupt: Es gibt im ganzen Haus nur zwei Fensterformate: „normale“ Flügelfenster und große Festverglasungen. Diese machen die Wohnungen hell und freundlich, ebenso trägt zu dieser Atmosphäre das viele Holz bei: Alle tragenden Wände sind aus Massivholz und als solche auch in den Räumen sichtbar.

Nicht beheizte Räume in Betonbauweise, der Rest in Massivholz mit einer Aluminiumfassade, und alles im KfW-70-Standard: Alle Herausforderungen wurden gemeistert, inklusive Budget und Bauzeit. Mit vielen durchdachten Planungen, ganz ohne Schnickschnack und mit oft verblüffend einfachen Lösungen für komplizierte Probleme ist das kompromisslose Low-Budget-Haus in der Kapuzinerstraße ein wahres Kunstwerk. Man muss nur genauer hinschauen – auch mal hinter die Betonfassade.

 

So kann man auf kleinem Grundriss großartig wohnen

Callwey Die besten Einfamilienhäuser unter 150 Quadratmeter

Sie bieten auch auf wenig Wohnfläche viel Platz: 30 Einfamilienhäuser zeigen in diesem Callwey-Buch, dass großzügiges Wohnen nicht von der Quadratmeterzahl abhängt. Foto: Karin Polz

Wenn ich Architektur- und Wohnbücher durchblättere, muss ich oft bei den Daten zu den vorgestellten Projekten die Luft anhalten. Da hat dann so ein Einfamilienhaus gut und gerne mal zwischen 250 und 350 Quadratmetern Wohnfläche. Wer kann sich das leisten? Und wer putzt das denn alles? Und außerdem: Wo ist denn da die Herausforderung, wenn man eh unendlich viel Platz zur Verfügung hat? Viel spannender finde ich kleine bis normalgroße Häuser, darum habe ich gerade mal wieder das Buch „Die besten Einfamilienhäuser bis 150 m²“ aus dem Callwey-Verlag (ISBN 978-3-7667-2136-5) durchgeblättert. 30 Projekte werden darin vorgestellt. Weit spannender als die Texte sind die Bilder, denn da sieht man auf einen Blick, dass der Wohnraum eines 80-Quadratmeter-Hauses durchaus großzügig wirken kann.

Drei Ideen zum Platzsparen

Treppauf, treppab: Da geht es mal ein paar Stufen von der Küche nach oben in den nächsten Raum, mal ist das Haus komplett als Split-Level-Konstruktion angelegt – die Wirkung von Wohnen auf verschiedenen Ebenen ist immer die gleiche: Der Grundriss wirkt spannender, die Räume größer. Der Trick besteht allerdings darin, gleichzeitig Durchsichten und Blickverbindungen zuzulassen. Das zeigt besonders ein Projekt der Architekten Denzer & Poensgen in Leverkusen. In dem Haus mit 147 Quadratmetern liegen Essplatz und Küche oberhalb des Wohnzimmers hinter einer halbhohen Wand wie auf einer Galerie. Das wirkt richtig imposant, obwohl die Grundfläche Normalmaße besitzt. Wechselnde Raumhöhen haben übrigens oft den gleichen Effekt. Fotos und Beschreibungen zu dem Haus gibt es auf der Internetseite der Architekten.

Mit den Fenstern spielen: Egal, wie wenig Platz ist, nur nicht an den Fenstern sparen! Manchmal werden bei kleinen Häusern ganze Fassaden verglast. Die Idee dahinter ist simpel: Wer in die weite Natur und in die Ferne schaut, fühlt sich automatisch weniger eingeengt. Drinnen und draußen verschmelzen in der Raumwirkung, Loggien und Höfe erweitern die Fläche, auch wenn diese außerhalb des Wohnraumes liegen. Aber auch eine andere Art, Fenster einzusetzen, kann bei kleinen Grundrissen sinnvoll sein: So haben Innauer-Matt Architekten bei einem 135-Quadratmeter-Haus in Vorarlberg in Österreich das Kinderzimmer mit addierten Dachflächenfenstern belichtet. Der Ausblick mag in einem Kinderzimmer auch nicht entscheidend sein; dass es hell und freundlich wirkt, dafür umso mehr. Fotos davon sind unter der Überschrift „Haus Feurstein“ auf der Homepage der Architekten zu sehen.

Fugenlose, glatte Böden: Wer wenig Wohnfläche zur Verfügung hat, sollte diese nicht auch noch optisch unterteilen. Das ist der Grund, warum häufig glatte Bodenbeschichtungen in solchen Häusern zu finden sind. Sind die zudem verhältnismäßig hell, sorgt das zusätzlich für eine großzügige Raumwirkung. Architekt Thomas Bechtold hat ein 138-Quadratmeter-Haus mit einer hellen, fugenlose Bodenbeschichtung geplant – und zeigt den Beitrag aus dem Callwey-Buch auch auf seiner Homepage. Wer eine wärmere Anmutung wünscht, greift zu Parkett, dass über Raumgrenzen hinweg ohne Schwellen verläuft.

Ein Traumhaus mit roten Fensterläden

Das Einfamilienhaus mit roten Fensterläden und Terrasse.

Die Fensterläden waren von Anfang an geplant. Die rote Farbe allerdings setzte sich erst nach Diskussionen durch. Foto: Karin Polz

Eine gute Entscheidung: Neubau statt Sacherl

Hätte man die Bauherren vor ein paar Jahren danach gefragt, wie sie sich ihr eigenes Zuhause idealerweise vorstellen, dann hätte es sich so angehört: ein Sacherl auf dem Land, mitten in der Natur, viel Platz, vielleicht samt einem Stall für das eigene Pferd – aber auf keinem Fall ein Neubau in einer Neubausiedlung.

Dass dieser Traum nicht umsetzbar war, mussten die beiden erkennen, als sie sich nach einer solchen Immobilie umsahen: „Was auf dem Markt angeboten wird, ist entweder unendlich teuer oder komplett renovierungsbedürftig“, sagt der Bauherr. Nach der Ernüchterung war klar: Eine Neubausiedlung soll es immer noch nicht werden, aber vielleicht kann man ja sein Traumhaus irgendwo anders neu bauen? Man kann – und zwar genauso idyllisch, wie man es bei einem Sacherl erwartet hätte! Das sieht man heute, wenn man die Bauherren besucht. In einem kleinen Ort im Landkreis Passau fanden die beiden das Grundstück, das genau ihren Vorstellungen entsprach: auf dem Land, viel Platz, drumherum Natur.

Blick in die Küche.

Die offene Küche vom Schreiner haben die Bauherren harmonisch in den Wohnbereich integriert. Foto: Karin Polz

„Ich weiß gar nicht, warum niemand das Grundstück haben wollte“, wundert sich die Bauherrin noch heute. Vielleicht war es mit seinen 1245 Quadratmetern vielen Interessenten zu groß, vielleicht schreckte sie die schmale und lange Zufahrt ab, vielleicht der angrenzende Bach. Für die Bauherren waren das dagegen teils Pluspunkte – und nahe genug an Passau, am Arbeitsort, lag das Grundstück auch. „Das Grundstück hat uns gleich bei der ersten Besichtigung gut gefallen“, erinnert sich der Bauherr. Das junge Paar griff also zu und machte sich schneller als erwartet an die Hausplanung.

Gemeinsamer Wunsch: ein Haus aus Holz

„Dass es ein Holzhaus wird, war von Anfang an fix“, erzählt der Bauherr. Ausschlaggebend war für die beiden das angenehme Raumklima, das man in Holzhäusern findet. Und natürlich wirkt das Holz im Innenraum auch gemütlich und wohnlich – vor allem an der Holzbalkendecke erkennt man die Konstruktion in Holzständerbauweise. Von außen ist für den Laien nicht zu sehen, dass es sich um ein Holzhaus handelt, denn die Fassade wurde verputzt.

Eine Holztreppe führt ins Obergeschoss.

Die Holztreppe passt gut zur wohnlichen Atmosphäre im Haus. Foto: Karin Polz

Gebaut hat das Holz der Hersteller Wolf Haus in Osterhofen (Landkreis Deggendorf). Vier Angebote hatte das Paar eingeholt, bei Wolf überzeugte vor allem der beratenden Architekt – und das schon beim Erstkontakt. Denn der hatte nicht nur offene Ohren für die Wünsche der Bauherren, sondern auch noch einige Verbesserungsvorschläge, für die die Bauherren heute noch dankbar sind.

So wollten die beiden erst „so klein wie möglich“ bauen, um Kosten zu sparen. Doch Architekt Bernhard Denk erklärte ihnen die Vorzüge von zwei Vollgeschossen – und so wurden diese mit 150 Quadratmetern Wohnfläche umgesetzt. Auch die ans Haus anschließende Garage war die Idee des Architekten. Hier gab es erst Bedenken, eine direkt anschließende Garage könnte von der Architektur des Hauses ablenken, doch dies konnte Bernhard Denk entkräften.

Alufensterläden muss man nicht streichen

Die markanten Fensterläden waren ebenfalls Thema von lohnenden Diskussionen: Die Bauherrin wollte immer schon welche, ihr Partner scheute den Arbeitsaufwand – der Architekt riet zu Alufensterläden, die man nicht streichen braucht. Die Bauherrin wollte die Läden in Grün, das gefiel ihrem Partner aber nicht – so einigte man sich schließlich auf Rot. Das passt nun gut zu dem dunkelgrauen Rahmen der Holz-Alu-Fenster.

Die Haustür ist in rot gehalten.

Die Haustür passt natürlich farblich perfekt zu den roten Fensterläden. Foto: Karin Polz

Dass man beim Bauen viele Kompromisse schließen muss, ist normal. Dass man dabei aber so gute fachliche Beratung hat wie die Bauherren und dadurch zum Schluss sogar vieles verbessern kann, das ist der Idealfall. Tatsächlich sieht man an dem Beispiel, wie wichtig es ist, einen guten Architekten zu haben, mit dem man auf einer Wellenlänge liegt. Das gilt selbst dann, wenn man eigentlich glaubt, schon genau zu wissen, wie man bauen will.

Das traf in diesem Fall vor allem auf das Wohndesign im Inneren des Hauses zu. Viele Wünsche waren vorher schon klar definiert: ein großes Bad, eine Ankleide, eine offene Küche mit einer Kochinsel, eine Schreinerküche, einheitliche natürlich wirkende Fliesen, ein Gästebad. Auch ihre Wünsche für den Garten hat das Paar, kaum ein Jahr nach dem Einzug, schon größenteils umgesetzt. Ein paar Dinge fehlen noch, ein Schwedenofen soll in den Wohnraum, vor der großen Holzterrasse ist ein Teich geplant, ein Carport soll aufgestellt werden.

Das Wichtigste ist aber schon erreicht: Die beiden fühlen sich wohl. Nicht zuletzt, weil die Dorfgemeinschaft sie herzlich aufgenommen hat: „Und das, obwohl wir die einzigen ‚Zuagroasten‘ hier sind“, lacht die Bauherrin.

Mit Fachwissen vom Architekten und Liebe zum Detail

Haus Nicole Essbereich

Wintergarten-Atmosphäre im Essbereich: Die großen Fenster lassen den Raum hell und offen wirken. Foto: Karin Polz

„Wir würden unbedingt wieder mit Architekt bauen. Das gibt Sicherheit“, sagt Michael. Obwohl er und seine Frau Nicole schon sehr genaue Vorstellungen von ihrem Einfamilienhaus hatten, haben sie auf einen Profi gesetzt − und es keine Minute bereut. Denn mit Expertenhilfe ist das Haus der beiden in Mühldorf am Inn nicht nur ein „normales“ Haus geworden − es ist ihr Traumhaus, maßgeschneidert und bis ins Detail durchdacht.

Seit Anfang 2013 wohnen Nicole und Michael in dem Neubaugebiet. Eineinhalb Jahre zuvor hatten sie sich das etwa 600 Quadratmeter große Grundstück gekauft und viel Zeit in die Planungen investiert. „Wir sind selbst nicht aus der Branche, daher wollten wir einen Fachmann“, sagt Michael. „Und er sollte auf unserer Wellenlänge sein“, ergänzt Nicole. Denn die Grundidee − schnörkelloses Haus mit Satteldach − hatte das Paar schon, der Architekt sollte helfen, diese umzusetzen, zu optimieren und vor allem den Bau fachlich begleiten.

Haus Nicole Außenansicht

Ein schnörkelloser Baukörper mit Satteldach: Das war die Grundidee hinter dem Haus von Nicole und Michael. Die Detaillösungen sind allerdings oft gar nicht schlicht, sondern sehr raffiniert. Foto: Karin Polz

Und das hat geklappt: Der Architekt fand eine Lösung dafür, wie Oldtimer-Sammler Michael eine Garage mit Platz für vier Autos bekommen konnte, das Haus gleichzeitig aber so weit wie möglich im Nordosten stehen konnte − und das alles  trotz strenger Bauvorschriften. Die Lösung mit auf den verschiedenen Ebenen ineinanderverschachtelten Garagen- und Wohnräumen konnte wohl nur dem Architekten einfallen.

Auch bei der Fensteranordnung waren die Vorschläge des Fachmanns viel wert: So wünschte sich das Paar im Esszimmer Helligkeit, Luftigkeit und Aussicht wie in einem Wintergarten − „und das ist genauso geworden, wie wir es uns vorgestellt haben“, freut sich Michael. Dafür haben andere Räume hoch eingesetzte querformatige Fenster − das Bad beispielsweise, das dadurch genug Licht bekommt, aber wenig Einblicke von außen bietet.

„Bei allen Details, die man später nicht mehr so leicht ändern kann, haben wir uns zu unseren Wunschlösungen durchgerungen, auch wenn es etwas mehr gekostet hat“, erzählt Nicole. Dazu zählt sie nicht nur die außen anthrazitfarbenen Holz-Alu-Fenster, sondern zum Beispiel auch die Dachziegel: Kupferrot sind diese, und es hat ein bisschen gedauert, bis das Paar auf diese Farbe gestoßen ist. Die Bodenbeläge in Naturstein im Erdgeschoss und Eichenholz im Obergeschoss haben sie sich ebenfalls geleistet. Ideal war in dieser Hinsicht, dass Nicole und Michael mit dem Architekten vorher ein Budget für jedes einzelne Gewerk festgelegt hatten. Der Architekt führte dann Ausschreibungen durch, um mehrere Angebote zu bekommen und die passenden Baustoffe und Handwerker auswählen zu können.

Die Küche

Hoch eingesetzte, querformatige Fenster lassen viel Licht herein, während sie gleichzeitig den Blick von draußen in die Innenräume verhindern. Foto: Karin Polz

„Uns war dabei wichtig, dass wir regionale Handwerksbetriebe beauftragen“, sagt Michael. Und Nicole ist immer noch stolz darauf, dass zum Beispiel auch die Wärmedämmziegel ein regionales Produkt sind − sie werden nur wenige Kilometer von ihrem jetzigen Wohnort hergestellt.

Einige Arbeiten haben die Bauherren auch in Eigenleistung erledigt − die Keller- und Dachbodendämmung, Schlitze hauen, Fliesen verlegen in der Garage und im Keller, Malerarbeiten. „Man spart sich ein bisschen was, allerdings in der Summe wahrscheinlich gar nicht so viel“, sagt Michael. „Aber der Architekt hat gemeint, wir sollen auch selbst  mithelfen, dadurch bekomme man eine andere Beziehung zum Haus.“

Aber auch ohne diese Arbeiten hätten Nicole und Michael dem Haus wohl eine sehr persönliche Prägung gegeben, denn die beiden achten auf die Details: Ihre Holz-Haustüre haben sie eigens anfertigen lassen − sie hatten eine ähnliche auf einer Messe entdeckt. Auch das Zauntor ist eine spezielle Anfertigung: Weil sie nichts Ansprechendes gefunden hatten, haben sie es selbst gebaut. Derzeit ist der Briefkasten noch in Arbeit − der liegt zwar schon bereit, die dazu passende Zeitungsrolle muss allerdings erst aus Italien importiert werden. „Wir wollten auch bei der Einrichtung nicht einfach alles schnell besorgen, sondern lieber erst einziehen und nach und nach das kaufen, was uns wirklich gefällt“, sagt Michael.

Bisher sind die beiden zufrieden − mit ihrer Vorgehensweise und mit dem Ergebnis, ihrem Haus. In der kalten Jahreszeit soll nun auch der Kamin im Wohnzimmer endlich zum Einsatz kommen − bisher hat die Luftwärmepumpe für angenehme Temperaturen gesorgt. Auch hier haben sich die beiden nicht einfach eine Wärmepumpe in den Garten gestellt, sondern ein Gerät für die Innenaufstellung im Keller ausgewählt. Damit auch im Garten jedes Detail stimmt.

Dieser Text ist erstmals in der Beilage “Planen, Bauen, Wohnen” der Passauer Neuen Presse vom 20. September 2014 erschienen.

Warum Norman Foster seltsam geformte Gebäude entwirft

Büroturm 30 St Mary Axe in London, bekannt als "The Gherkin"

Wie eine Gurke sieht das Bürohochhaus der Swiss Re in London aus. Daher stammt auch sein Spitzname „The Gherkin“. Foto: Hendrik Schwartz

Wenn von Norman Foster die Rede ist, wird seinem Namen gerne ein „Stararchitekt“ vorausgestellt. Dass der 79-Jährige tatsächlich ein Star ist, was seine Kreativität angeht, das beweisen alleine schon seine Projekte. Im Medienzentrum der Passauer Neuen Presse in Passau-Sperrwies sind noch bis 28. November 2014 großformatige Fotografien der von ihm entworfenen Gebäude ausgestellt. Ideenskizzen und Texttafeln geben Einblicke in die Entstehung der oft aufsehenerregenden Architektur. Der Eintritt ist frei, die Ausstellung ist von Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Wer sich die Bilder ansieht, erkennt: Normale Formen sind nichts für Norman Forster. Quader und rechte Winkel finden sich kaum.

Architektur wird umso spannender, wenn sie Beschränkungen unterliegt, sagte Norman Foster sinngemäß, als er im Oktober 2014 zu Gast im Medienzentrum war. Dass ihm solche Herausforderungen liegen, merkt man schnell: Ob er sich – wie bei der Reichstagskuppel in Berlin – am historischen Bestand orientieren musste oder – wie beim Viadukt von Millau in Südfrankreich – außergewöhnliche örtliche Bedingungen vorfand, immer ist ein architektonisches Meisterwerk entstanden. Und meist in sehr ungewöhnlicher Form.

Norman Foster Ausstellung im Atrium des Verlagsgebäudes der Passauer Neuen Presse

Architektur trifft auf Architektur: Die Fotos der Projekte von Norman Foster werden im Atrium des Verlagsgebäudes der Passauer Neuen Presse gezeigt, das selbst mit moderner Architektur beeindruckt. Foto: Karin Polz

Besonders spannend ist Norman Foster ökologische Ausrichtung. Oft erklären sich die ungewöhnlichen Formen und Umrisse der Bauten dadurch, dass sie besonders energieeffiziente Effekte haben. Bei der City Hall in London beispielsweise hat Foster die Sonneneinstrahlung auf die Oberfläche minimiert und die Beschattung maximiert. Der Büroturm der Commerzbank in Frankfurt nutzt das zentrale Atrium als natürlicher Lüftungsschacht, eine doppelte Außenfassade macht die Frischluftzufuhr beim Lüften möglich, einige weitere Maßnahmen machen den Büroturm zum ökologischen Vorzeigeprojekt. Er wird immer wieder als „das erste ökologische Hochhaus“ bezeichnet. Die Ökostadt Masdar City bei Abu Dhabi plante Norman Foster gleich ganz kohlendioxid-neutral und abfallfrei, sie soll rein mit regenerativen Energien versorgt werden und autofrei bleiben.

City Hall London Außenansicht

Die ungewöhnliche Form der City Hall London erklärt sich dadurch, dass das Gebäude möglichst energieeffizient sein sollte: Die der Sonne ausgesetzten Flächen wurden minimiert, die Beschattung maximiert. Foto: Hendrik Schwartz

Auch das als „The Gherkin“ bekannt gewordene Hochhaus der Swiss Re in London – offizieller Name „30 St Mary Axe“ – verbraucht nur etwa die Hälfte der Energie eines normalen Bürogebäudes. Interessant ist bei diesem Bau auch,wie Norman Foster den Raum ausnutzt: Die tragende Außenhaut macht einen stützenfreien Innenraum möglich, Licht und Außenwelt kommen durch die transparente Hülle ungehindert ins Gebäude, eine Begrenzung nach außen gibt es sozusagen nicht. Die Bedürfnisse der Menschen liegen ihm am Herzen, sagt Norman Foster. Dass er trotz des massenweisen Einsatzes von Glas und Stahl trotzdem ansprechende, gar wohnliche Umgebungen schafft, zeigt seine Größe. Ästhetik und Alltagstauglichkeit schließen sich bei ihm nicht aus.

Nicht verpassen: Architektouren 2013

Danke, liebe Architektenkammer, für diese wunderbare Veranstaltung! Seit vielen Jahren bin ich großer Fan der Architektouren, 2010 war sogar mein eigenes Haus dabei. Architektouren, das heißt: Jeder Interessierte kann an einem Wochenende im Juni von der Architektenkammer ausgewählte Projekte anschauen, mit dem Architekten und den Bauherren sprechen, sich Architektur erklären lassen, sehen, was möglich ist, – und ungeniert in fremde Wohnungen schauen. In Bayern ist es dieses Wochenende, am 29. und 30. Juni, wieder so weit – und ich bin auf jeden Fall dabei.

Die Architektouren werden in der Zeitung angekündigt.

Die Qual der Wahl: die Projekte 2013.

Ich plane, das Wohngebäude Klosterwinkel 6 an der Innpromenade in Passau anzuschauen. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde umgebaut und saniert, zu besichtigen ist es am Samstag von 14 bis 15 Uhr. Auch die Veste Niederhaus in Passau steht auf meinem Programm. In der Burg wurden dreizehn Wohnungen geschaffen, vom Rittersaal bis zur Turmstube. Besichtigungen sind am Samstag von 10.30 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr möglich. Wenn ich es noch schaffe, möchte ich mir auch das Haus Z in der Walchergasse 5 in Passau anschauen. Auf den Fotos sieht dieses Einfamilienhaus sehr ungeWOHNlich aus. Termine im Rahmen der Architektouren sind Samstag von 10 bis 12 Uhr und Sonntag von 15 bis 17 Uhr angesetzt. Auch einen Besuch wert: das Bürogebäude der Mymuesli GmbH in Sailerwöhr 16 in Passau. Dort wird man mich am Samstag zwischen 13 und 16 Uhr bei den Besichtigungsterminen finden.

Sämtliche Projekte in Bayern, die heuer bei den Architektouren dabei sind, sind samt Daten und Besichtigungsterminen zu finden unter architektouren.byak.de/byak.html.

Wie mir die Architektouren-Projekte 2013 gefallen haben, wird natürlich dann in Kürze auch Thema hier im Blog sein.