Last-Minute-Tipp Architektouren: Pfarrheim Herz Jesu in Ingolstadt

Neubau Pfarrheim Herz Jesu in Ingolstadt Innenraum

Beton ist der Baustoff, der den Charakter des Pfarrheims Herz Jesu bestimmt. Dazu wird Eichenholz kombiniert. Foto: Florian Holzherr

Während ich mir bei den Architektouren an diesem Wochenende ausschließlich Wohnhäuser anschauen werden – andere Projekte schaffe ich zeitlich nicht –, kann ich euch nur empfehlen, auch öffentliche Bauten und kommunale Projekte zu besichtigen, wenn ihr Zeit habt. Da gibt es wirklich innovative Architektur zu sehen. Für alle, die in und um Ingolstadt wohnen, habe ich noch einen Last-Minute-Tipp: Am Samstag, 25. Juni 2016, kann um 11 Uhr das Pfarrheim Herz Jesu in Ingolstadt anlässlich der Architektouren besichtigt werden.

Der Neubau ersetzt den in der Nachkriegszeit als Notkirche gebauten und später als Pfarrheim genutzten Vorgängerbau. Der klare, minimalistische Baukörper sorgt für Kontraste: zur denkmalgeschützten Betonkirche mit überdachtem Umgang von 1963 genauso wie zu den Einfamilienhäusern in der Nachbarschaft. Holz, Glas und Beton prägen den Bau.

Außenansicht Pfarrheim Herz Jesu in Ingolstadt

Die städtebauliche Setzung des Neubaus entlang der Straße signalisiert ein offenes, einladendes Haus. Foto: Florian Holzherr

Die Planung stammt von den Münchner Architekten bodensteiner ∙ fest, Annette Fest und Christian Bodensteiner. Ein offenes, einladendes Haus wollten sie bauen. Das zeigt sich sowohl daran, dass der Neubau an der Straße liegt, als auch an der Öffnung des Saals zum öffentlichen Raum. Mobile Trennwände machen die Fläche gut nutzbar.

Gestaltungsprinzip sind die an den Außenecken – zum Teil übereck – angeordneten Öffnungen, die die Fassade gliedern. Im kleinen Saal im Obergeschoss wiederholt sich die Übereckverglasung vertikal in Form einer Überkopfverglasung.

Garderobenhaken im Pfarrheim Herz Jesu in Ingolstadt

Anstelle einer Garderobe wurden eigens für das Projekt konzipierte Garderobenklapphaken aus Schwarzstahl flächenbündig in die Betonwand des Foyers eingelassen. Foto: bodensteiner · fest architekten stadtplaner bda

Wie bei der denkmalgeschützten Kirche ist Beton der Baustoff, der den Charakter des Gebäudes bestimmt. Minimalistisch werden Sichtbetonwände und -decken mit Eichenparkett und dem silbernem Eichenholz der Türen, Verkleidungen und Einbauten kombiniert. Verbunden mit einem zurückhaltenden, fein abgestimmten Farbkonzept verleiht dies den Räumen eine ruhige und warme Ausstrahlung.

Wer das Pfarrheim Herz Jesu besichtigen will: Die Adresse lautet Zeppelinstraße 88 in 85051 Ingolstadt. Termin ist Samstag, 25. Juni 2016, um 11Uhr. Weitere Informationen gibt es auf der Projektseite der Architektouren.

Lasst euch das nicht entgehen! Tipps für die Architektouren 2016

Architektouren 2016 Booklet und Datenbank

Mein Architektouren-Zeitplan für 25. und 26. Juni 2016 steht fest: Auf den Internetseiten der Architektenkammer und im Architektouren-Booklet habe ich alle Projekte ausgewählt, die mich interessieren. Foto: Karin Polz

Das Wochenende der Architektouren – meist so Ende Juni – ist einer meiner liebsten Termine im Jahr. Schon Wochen vorher schaue ich, welche Projekte in und um Passau angeboten werden, und mache mir einen Plan, welche Termine ich nicht verpassen will. Und ich kann nur jedem raten: Schaut mal nach, ob euch was von dem reichhaltigen Angebot 2016 interessiert – hier sind ein paar Tipps für alle, die die Architektouren noch nicht kennen.

Was sind die Architektouren überhaupt?

Jedes Jahr veranstaltet die Bayerische Architektenkammer die Architektouren. Besonders interessante Architektur-Projekte werden ausgewählt und öffnen dann an einem Juni-Wochenende ihre Türen für Besucher. Dieses Jahr am 25. und 26. Juni 2016. Die Projekte reichen vom sanierten Einfamilienhaus über die Dreifachturnhalle bis zu Grünanlagen und Parks. Zum festgelegten Termin darf man sich das Projekt anschauen und kann Bauherren und Architekten treffen.

Woher weiß ich, was es zu sehen gibt?

Eine Übersicht über die Projekte – in Bayern sind es dieses Jahr 289 – gibt es hier auf den Internetseiten der Architektenkammer. Bei der Projektsuche eingeben, was interessiert: Projekte in einem bestimmten Regierungsbezirk oder einem bestimmten Ort oder eine besondere Kategorie (zum Beispiel nur Sanierung und Denkmalschutz). Schon spuckt die Datenbank die passenden Termine aus.

Muss ich mich anmelden?

In der Regel nicht. Aber einige wenige Hausbesitzer, die ihre Türen für Architekturfans öffnen, möchten vorher lieber wissen, wer und wie viele Leute kommen. Oder nur auf Anfrage überhaupt ihre Adresse preisgeben. Bei der Projektbeschreibung steht dabei, ob man sich anmelden muss. Falls es nicht explizit verlangt wird: einfach hingehen.

Wie läuft so eine Besichtigung dann ab?

Auch das ist individuell. Der Normalfall ist: Man geht zum angegebenen Zeitpunkt oder im angegebenen Zeitraum zu der Projektadresse und schaut einfach, was angeboten wird. Manchmal ist das Projekt nur eine Stunde lang zu sehen, manche Veranstalter empfangen Besucher den ganzen Nachmittag über. Manchmal gibt es einen Sammelpunkt (am Eingang zum Beispiel), dort holt der Architekt die Interessenten ab (manchmal in Kleingruppen) und führt sie durch das Bauprojekt. Oft kann man sich in dem Haus oder der Wohnung auch ganz frei bewegen und Architekt und Bauherr stehen einfach für Fragen zur Verfügung. Manchmal sind alle Räume zugänglich, manchmal wollen die Bauherren nur einen Teil ihrer Wohnung zeigen. Manchmal gibt es Sekt zur Begrüßung und ein richtiges Nachbarschaftsfest anlässlich der Architektouren, manchmal machen sich die Bewohner der Räume auch ganz aus dem Staub und überlassen dem Architekten, das Projekt vorzustellen. Manche Architekten bereiten eine kleine Ausstellung über ihr Projekt vor, manche zeigen sogar Filme. Andere sehen die Architektouren weniger als Präsentation, denn als lockeren Gedankenaustausch mit den Besuchern. Keine Angst, wenn ihr zum ersten Mal zu den Architektouren geht: Jeder Termin ist anders, und die Verantwortlichen sagen euch meist ganz genau, wie es ablaufen soll.

Ist das nicht blöd, wenn fremde Menschen durchs Haus laufen?

Nein, ist es nicht! Aus eigener Erfahrung als Teilnehmerin der Architektouren 2010 kann ich sagen: Viel schlimmer wäre es für mich gewesen, wenn ich mich und mein Haus auf die Architektouren vorbereitet hätte (übrigens bis zwei Uhr morgens vor dem Termin) und dann niemand gekommen wäre. Man wünscht sich ja schon, dass sich viele Leute für das eigene Projekt interessieren. Man hat schließlich viel Zeit und Geld investiert und ist irgendwie auch stolz darauf, dass man ein tolles Haus gebaut hat. Intime Einblicke muss man ja nicht gewähren. Man räumt ja eh alles weg, was Fremde nicht sehen sollen.

Gibt es einen Knigge für Architektouren-Besucher?

Aus meiner Erfahrung muss ich sagen, dass sich sowohl bei meiner eigenen Architektouren-Veranstaltung auch bei den Terminen, auf denen ich als Besucher war, immer alle Leute sehr anständig verhalten haben. Ein paar grundlegende Verhaltensweisen verstehen sich von selbst: Nicht mit dreckigen Schuhen durchs Haus laufen. Wenn Türen geschlossen sind, soll man da wohl nicht reingehen. Wer sich unsicher ist, wo er überall hingehen darf, lieber fragen! Nicht einfach alles anfassen – weder das Bücherregal durchkramen noch die Küchenschränkchen öffnen oder sich womöglich einfach aufs Bett setzen. Und was ich persönlich raten würde: Wenn man in dem Haus Fotos machen will, weil man zum Beispiel die Regallösung gut findet oder die Dekoideen oder seinem Architekten zeigen will, wie man sich die Treppe oder den Balkon vorstellt, dann bitte auch vorher fragen! Meistens darf man ja eh Fotos machen. Aber den Hausbesitzern ist es dann doch lieber, wenn sie wissen, wofür das Foto verwendet wird. Ich selbst war total platt von den vielen Leuten, die gleichzeitig im Haus waren. Man beantwortet mal hier eine Frage, mal dort, aber eigentlich verliert man voll den Überblick. Wenn man also ausführlich mit Bauherrn oder Architekt reden will, lieber warten, bis der Besucheransturm weg ist, oder nachfragen, ob man sich mal außerhalb der Architektouren mit seinen Fragen melden darf.

Also, jetzt seid ihr vorbereitet für die Architektouren. Sucht euch spannende Projekte aus! Ich werde unter anderem das Low-Budget-Stadthaus in Passau anschauen, das Haus am Hang in Passau und ein Projekt in Fürstenzell. Sehr spannend finde ich ein saniertes Elternhaus in Pocking, das jetzt ein Drei-Generationen-Haus ist. Ob ich das aber zeitlich schaffe, muss ich am Samstag sehen. Und auch das Wohnhaus im ländlichen Raum in Bergham wird je nach Zeitbedarf bei den anderen Projekten höchstens spontan besichtigt werden.

Wo WLAN und Kunststofffenster tabu sind: Leben im Ökodorf

Einfahrt zum Ökodorf Erlenweide

Hier beginnt das Ökodorf: Die Garagen wurden für alle Anwohner außerhalb der Siedlung gebaut. Foto: Karin Polz

Es ist schon ein ganzes Jahr her, dass ich das Ökodorf Erlenweide für einen Artikel im PNP-Magazin „Dahoam“ besucht habe. Als ich letztens wieder daran vorbeigefahren bin, habe ich mich erinnert, dass ich die Idee unbedingt im Blog vorstellen muss – schließlich ist sie einerseits ungewöhnlich, andererseits absolut nachahmenswert. Denn es geht um die grundlegende Frage: Wie will ich wohnen? Gerade wer neu baut, hat ja gewisse Vorstellungen davon, wie und wo er wohnen will. Ob sich diese Träume in den neu ausgewiesenen Baugebieten dann umsetzen lassen, das ist meist ungewiss.

Die Wunschvorstellung sieht oft so aus: Neubau in einem Siedlungsgebiet, das nah an der Natur liegt, aber nicht zu weit weg von der Stadt, mit netten Nachbarn, die man alle kennt und mit denen man eine Gemeinschaft bildet, außerdem gerne noch ohne gesundheitsschädliche Einflüsse, und am liebsten sollen auch keine Autos durch die Siedlung fahren oder die Wege zuparken.

19 Bauparzellen in Straßkirchen-Nord

Im Ökodorf Erlenweide in Straßkirchen im Landkreis Passau kann man genau so wohnen. Initiatoren des Projekts waren der Baubiologe Heinz Hofbauer und der Umweltingenieur und Schadstoffexperte Volkmar Hintze. Für die 19 Bauparzellen des geplanten zweiten Abschnitts des Baugebiets Straßkirchen-Nord trugen sie ihre Idee an die Gemeinde heran. Und stießen auf offene Ohren. Allerdings: Die Erschließung sollten sie vorfinanzieren. Das war nicht einfach, gelang aber schließlich mit Vorschüssen der ersten Interessenten und privaten Darlehensgebern. Spatenstich für die Erschließung war im April 2012.

unbebaute und bebaute Grundstücke im Ökodorf Erlenweide

Noch sind die Arbeiten im Gang: Im Herbst 2016 sollen aber alle Häuser fertig gestellt und bezogen sein. Foto: Karin Polz

Heute ist Leben im Ökodorf – an manchen Stellen wird gerade gebaut, andere Bewohner haben es sich schon lange gemütlich gemacht und leben im fertigen Haus mit hübsch angelegten Garten. Es gibt junge Familien, ältere Ehepaare und Häuser, in denen gleich vier Generationen einer Familie wohnen. Alle haben sich einverstanden erklärt, sich an bestimmte Vorgaben zu halten. Diese betreffen zum Beispiel das Parken: Alle Autos werden außerhalb des Dorfes geparkt. Die Garagen und Stellplätze finden sich gesammelt an den verschiedenen Enden der Siedlung, auch für Besucher. Auf den Grundstücken selbst können keine Parkmöglichkeiten errichtet werden. Zum Ein- und Ausladen darf natürlich jeder Ökodorf-Bewohner bis an die Haustür fahren.

Nachhaltige Baustoffe sind verpflichtend

Damit das Ökodorf seinen Namen wirklich verdient, mussten alle Grundstückskäufer sich vertraglich verpflichten, mit nachhaltigen Materialien zu bauen. Holz und Ziegel sind möglich, allerdings keine Wärmedämmverbundsysteme und auch keine Kunststofffenster. Ein gemeinsames Wärmenetz ließ sich nicht umsetzen, nun nutzen viele Häuser Solarenergie. Elektrosmog soll möglichst vermieden werden, darum haben die Anwohner kein WLAN oder schnurlose Telefone. Baubiologen helfen den Bauwilligen, diese Dinge ohne Komfortverlust entsprechend zu planen. Man merkt den Unterschied, in der Luft, beim Schlafen, bestätigen die Anwohner.

Dorfplatz des Ökodorfs Erlenweide mit Dorfbank.

Die Bank am Dorfplatz ist zugleich ein Symbol dafür, dass nicht nur ökologische Gedanken, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl in dem Vorzeigeprojekt gepflegt werden. Foto: Karin Polz

Neben der ökologischen Ausrichtung sollte auch die Bereitschaft da sein, sich in die Gemeinschaft einzubringen. Dafür gibt es zum Beispiel ein Dorf-Bankerl, auch ein Gemeinschaftsgarten und ein Gemeinschaftshaus standen von Anfang an auf der Wunschliste der Initiatoren. „Das Ökodorf arbeitet den ursprünglichen Charakter des Wohnens wieder heraus, diesen dörflichen Charakter, den sozialen Zusammenhalt“, lobt Salzwegs Bürgermeister Josef Putz. Offenbar hatten aber gerade am Anfang des Projekts vor allem Auswärtige Gefallen an der Idee gefunden: Aus München, aus Franken und noch weiter weg kamen Anfragen. Die Einheimischen haben erst später nachgezogen, jetzt siedeln sich auch Waldkirchener und Passauer in Straßkirchens Vorzeigesiedlung Nummer eins an, die mittlerweile komplett ist. Nur eine Eigentumswohnung ist derzeit noch frei.