Altstadt Vienna: Kein Hotel für eine Nacht

Blick in ein von Matteo Thun gestaltetes Hotelzimmer

Gleich acht Zimmer im Altstadt Vienna wurden von Matteo Thun gestaltet. Er hat sich beim Design auf eine Zeitreise ins frühe 20. Jahrhundert begeben.

Architekturfans MÜSSEN dieses Hotel mehrmals besuchen. Denn schließlich kann man immer nur in einem Zimmer schlafen. Zum Beispiel in dem von Matteo Thun. Beim nächsten Hotelaufenthalt könnte man sich dann in das Atelierzimmer von Gabriel Kacerovsky einbuchen. Und beim dritten Mal in die Josef-Frank-Suite von Svenskt Tenn. Aber selbst nach drei Besuchen ist ein aufmerksamer Gast im Hotel Altstadt Vienna noch lange nicht damit fertig, all die Architektur- und Designdetails zu entdecken, die das Hotel so einzigartig machen. Gerade sind wieder vier neue Zimmer dazugekommen.

In rund 60 Zimmern auf fünf Etagen haben Gäste des Vier-Sterne-Boutiquehotels Altstadt Vienna mittlerweile die Gelegenheit, Kunst, Design und Architektur zu entdecken. In ganz Wien gibt es vermutlich nichts Vergleichbares: Das 1902 erbaute und nach und nach umgestaltete Wohnhaus im siebten Wiener Bezirk am Spittelberg ist genau so spannend wie ein Architektur- und Designmuseum (oder noch spannender – in einem Museum darf man schließlich nicht wohnen). Inhaber Otto E. Wiesenthal sammelt nicht nur Kunst, er „sammelt“ auch Design und Architektur. Immer wieder lädt er Architekten, Designer und Künstler dazu ein, ein oder mehrere Hotelzimmer zu gestalten.

Frei stehende Badewanne im Hotel Altstadt Vienna

Eine frei stehende Wanne gehört zur Suite, die Matteo Thun gestaltet hat.

Vorgaben gibt es kaum – einzig das Wiener Lebensgefühl muss in dem Zimmer spürbar werden. 2006 hat der Südtiroler Stararchitekt und Designer Matteo Thun dies kreativ umgesetzt. Acht Zimmer und eine Suite hat er im Stil des frühen 20. Jahrhundert gestaltet. Parkett aus gebeizter Eiche, pompöse Kronleuchter, Tapeten mit Damastmuster und rotes Samtmobiliar spiegeln den damaligen Zeitgeist wider. Einige Möbel wie zum Beispiel der Schreibtisch wurden von der österreichischen Möbelwerkstätte Wittmann nach Zeichnungen von Matteo Thun entworfen. Mit großformatigen Aktfotografien wird an Josefine Mutzenbacher, Wiens berühmteste Dirne, erinnert. In das schwarze Wandmosaik eingearbeitete Swarovski-Steine verleihen den Badezimmern das gewisse Etwas.

Hotelzimmer gestaltet von Polka

Im Hotelzimmer des Wiener Designduos POLKA dominieren elegante Hell-Dunkel-Kontraste.

Ganz andere Ansätze verfolgen dagegen die beiden Zimmer des Wiener Designduos POLKA: eines elegant im Hell-Dunkel-Kontrast, das andere mit vielen Anspielungen zum Thema „Naschen“. Von Retrochic hat sich wiederum Modedesignerin Lena Hoschek bei der Gestaltung einer Suite inspirieren lassen, von orientalischen Elementen der Modedesigner Atil Kutoglu. Auch ein Architektenteam rund um Gabriel Kacerovsky sowie Starstylist Andi Lackner haben sich im Altstadt Vienna ausgetobt, ebenso die Innenarchitekten von Svenskt Tenn. Diese haben eine Suite dem Andenken an den Designpionier Josef Frank gewidmet. Mutige Muster und mutige Möbel mischen sich zu einer fröhlichen Atmosphäre.

Die vier aktuellen Neuzugänge sind Zimmer von Lilli Hollein, Gregor Eichinger, Adolf Krischanitz und Roland Nemetz. Natürlich hat auch von ihnen jeder ganz eigene Akzente gesetzt. Selbst entworfene Teppiche und Einzelstücke wie Stühle und Bänke sorgen für eine persönliche Note. Bei der Einrichtung griffen die Architektur- und Designexperten auch auf Möbel und Accessoires aus Wiener Manufakturen, Fundstücke von Antiquitätenmärkten der Stadt und Bilder von Wiener Künstlern und Fotografen zurück.

Hotelzimmer gestaltet von Agil Kutoglu

Modedesigner Agil Kutoglu hat sich von orientalischen Einflüssen inspirieren lassen.

Zeitlose Eleganz versprüht das Zimmer 64, das Adolf Krischanitz gestaltet hat. Praktische Schränke, ein hohes Maß an Funktionalität und bequeme Sitzmöbel sind für den in Schwarzach im Pongau geborenen Möbeldesigner und Architekten essenziell. Ein künstlerisches Highlight ist die Wandgestaltung. „Ein junger Künstler hat eine Blumenwiese gezeichnet und dieses Kunstwerk in eine Tapete übersetzt. Dafür wurde es um ein Vielfaches vergrößert. Gegenüber liegt die Holzwand aus Ast-Eiche, die im Gegensatz zu der künstlerischen Auffassung der Blumenwiese ein echtes Naturprodukt ist. So entsteht eine zweifache Definition von Natur“, erklärt Adolf Krischanitz. Einen interessanten Einblick in das Zimmer und in die Gestaltungsideen liefert der „Hotel Talk“ zu diesem Zimmer auf Youtube.

Die Atmosphäre eines Theatersaals erlebt der Gast im Zimmer 65, gestaltet von Roland Nemetz. Auch dieses ist in einem Hotel-Talk-Video in allen Einzelheiten zu sehen. Dunkle Holzelemente, Grautöne und Akzente in Rot dominieren die Farbgebung. „Einer der ersten Schritte war, über das Zimmer an sich und dessen Charakter nachzudenken. Als wir entdeckten, dass das Zimmer über den Nebenräumen des Off-Theaters liegt, war uns klar, was entstehen würde: eine Theater-Suite“, erzählt der österreichische Architekt. Dabei ist fast jedes Stück aus Wien – eine Melange aus traditionellen Möbeln der Nachkriegs-Moderne, die Nemetz bewusst aber auch zufällig gefunden hat. So stammen der Kleeblatttisch von einem Antiquitätenhändler, das Parkett aus der Wiener Stadthalle und die Lehnstühle und die Bank, die zuvor im Café Ritter waren, von dem Architekten Roland Rainer. Rote schwere Vorhänge und Leuchten eines Schminktischs betonen die Theater-Komponente, und Bilder von bekannten Schauspielern aus Wien geben den letzten Schliff.

Hotelzimmer gestaltet von Lena Hoschek

Retrochic ist das Motto im Hotelzimmer von Lena Hoschek.

Der perfekte Wohnraum für Cineasten ist das Zimmer des Architekten Gregor Eichinger, Zimmernummer 66. Vom Bett aus blicken Gäste wie in Hitchcocks Film „Fenster zum Hof“ durch das große Fenster in die Stadt hinaus und sind so stets mit Wien verbunden. Auf einer Leinwand können Eichingers Lieblingsfilme angesehen werden. Seine Gedanken zur Zimmergestaltung erklärt Gregor Eichinger ebenfalls in einem „Hotel Talk“, aufgenommen im entsprechenden Hotelzimmer.

Und wieder ganz anders ist Zimmer 67: Bei ihrem ersten Interior-Design-Projekt legte Lilli Hollein Wert darauf, die österreichische Design-Szene in den Mittelpunkt zu stellen und gleichzeitig ihre persönliche Note in den Raum zu bringen. Mit ihrem Mann Markus Eiblmayr entschied sich die Direktorin der Vienna Design Week für eine graue Wolkentapete von Cole and Son. „Vielleicht hat es etwas zutiefst Wienerisches einen grauen Wolkenhimmel als Thema zu wählen. Böse Zungen behaupten in Wien ist es zehn Monate lang Winter und zwei Monate lang kalt. Hier ist der Gast stets der sonnige Protagonist und bringt immer etwas Positives mit“, erklärt Lilli Hollein. Den Kontrast dazu bildet ein bunter, eigens für das Altstadt Vienna entworfener Teppich. Durch Elemente wie beispielsweise Stehleuchten von der Werkstätte Carl Auböck, Fliesen von Karak und Stühlen von Marco Dessi wird das Zimmer eine Bühne für österreichische Design- und Handwerkskunst. Auch hierzu gibt es ein Youtube-Video.

Blick in Hotelzimmer in Gelb und Blau gehalten

Eine Suite, die an Designpionier Josef Frank erinnert, haben die Innenarchitekten von Sventskt Tenn entworfen.

Dass die Zimmergestaltung durch bekannte Architekten und Designer kein Marketingtrick ist, sondern jeder Raum wirklich die Handschrift seines „Schöpfers“ trägt, bestätig Roland Nemetz: „Otto Wiesenthal ist ein sehr angenehmer Auftraggeber, wie es nur wenige gibt. Wenn man ihn fragt, ob man das so machen darf, sagt er: Du bist der Architekt, du musst das entscheiden.“ Es ist also tatsächlich so: Will man einem bestimmten Architekten sehr nahe kommen, dann reserviert man am besten gleich das von ihm gestaltete Zimmer im Altstadt Vienna. Die Übernachtungspreise starten bei 94 Euro für ein Einzelzimmer, wer mag, kann aber auch mehrere hundert Euro für eine Suite ausgeben. Welches Zimmer für den Erstbesuch das richtige ist, dazu berät das Team vom Altstadt Vienna gerne.

Weniger ist mehr: Was den Bauhausstil den Dörfern der Provence verbindet

Hotel Coquillade Village in der Provence Außenansicht

Natursteinmauern und Fensterläden, das sind typische Elemente des provenzialischen Baustils. Foto: Coquillade Village

Die typischen Bauten der Provence und die Philosophie des Bauhausstils – das hat auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun. Für die Gäste des Coquillade Village können solche Zusammenhänge aber ganz deutlich werden. Vor allem, wenn sie sich von Hoteldirektor Werner Wunderli erzählen lassen, wie das französische Fünf-Stern-Resort zu seinem heutigen Aussehen kam.

Eineinhalb Autostunden von Marseille entfernt, auf einem Hügel und inmitten eines Weingutes, liegt das Coquillade Village. Das weitläufige Resort im Stil eines typisch provenzalischen Weilers mit einer Fläche von 42 Hektar hat eine dorfähnliche Struktur und umfasst sechs traditionelle Landhäuser, deren älteste Mauern auf das 11. Jahrhundert  zurückgehen, und ein modernes Gebäude aus dem Jahr 2015.

Innenansicht einer Suite des Coquillade Village

Klar, einfach und von bester Qualität: Dieser Grundsatz liegt dem Interior-Design des Fünf-Sterne-Resort zugrunde. Foto: Nikkol

In 63 Zimmern, davon 42 Suiten, können Gäste eine Mischung aus dem traditionellen Stil der Provence und modernem Innendesign erleben. Verantwortlich für diese Mischung zeichnen Carmen und Werner Wunderli, das Schweizer Hoteldirektorenpaar. Beim Um- und Neubau setzten sie auf Architekten und Handwerker aus der Region. Und gestalterisch auf klare Formen, Funktionalität und beste Materialien. Viele Gegenstände wie Möbel, Leuchter oder schmiedeeiserne Elemente stammen unmittelbar von regionalen Handwerkskünstlern. Allerdings eben nicht im typischen Design der Provence, sondern im Bauhausstil, der in Material und Farbe an die Provence angepasst wurde.

Die Architektur der Gegend aus dem 13. bis 17. Jahrhundert in ein modernes Konzept zu integrieren, das machte die Gestaltung des Hotels für Werner Wunderli erst so richtig spannend: „Es war erstaunlich, wie die Einfachheit der Lebensweise der Ur-Einwohner dieser Gegend mit der einfachen Formensprache des Bauhaus-Stils übereinstimmte“, sagt Werner Wunderli. Das „Weniger ist mehr“, das ja in der Bauhaus-Philosophie verankert ist, wurde in dieser Gegend aufgrund der beschränkten finanziellen Möglichkeiten schon gelebt. Mit Erdfarben, Stein und Holz wurden auch die Materialien der Gegend schon immer verwendet – und nun auch bei der Gestaltung des Hotels.

Das Coquillade Village von oben

Das weitläufige Resort mit einer dorfähnlichen Struktur umfasst sechs traditionelle Landhäuser, ein modernes Gebäude, ein Spa & Wellness Center mit einem Innen- und zwei Außenpools. Foto: Jerôme Mondière

Ob die Gäste allerdings den Zusammenhang zwischen traditioneller Architektur und Bauhaus erkennen, das ist für Werner Wunderli zweitrangig. „Derjenige, der kein Spezialist ist, soll sich einfach wohlfühlen, ohne zu analysieren, warum“, wünscht sich der Hoteldirektor. Zu den klaren und einfachen Design-Philosophien der 1920er Jahre hat Werner Wunderli schon als junger Mann gefunden. Er freut sich, dass diese Lebens- und Einrichtungsform nun endlich auch bei den Gästen ankommt. Das war nicht immer der Fall: „Ich habe festgestellt, dass die Kunden bis in die 1990er Jahre nicht bereit waren, sich in diesem Stil wohlzufühlen.“ Dabei hält er diese Form des Sich-Einrichtens für die einzige, die Generationen überdauern kann. „Für mich muss Interior-Design auch in 20 und 50 Jahren noch gültig sein. Man kann Stoffe, Möbel und Farben verändern – aber die Basis wie Wände, Böden, Einbauten müssen Beständigkeit beinhalten. Ein Corbusier-Sessel oder eine Eames-Liege, ein Breuer-Stuhl sind heute noch modernste Möbel – auch wenn sie Klassiker geworden sind“, schwärmt Werner Wunderli. Genauso wie ein Gemäuer aus dem 11. Jahrhundert heute wieder modernen Lifestyle ausstrahlen kann. Wer es selbst erleben will: Die Übernachtungspreise im Coquillade Village beginnen bei 220 Euro für zwei Peronen im Doppelzimmer mit Frühstück.

 

Hier ist die Kreativität zu Hause

Fassade des Mühltalhofs mit Glasanbau und Kortenstahl.

Cortenstahl und Glas prägen die Fassade des Mühltalhofs. Foto: Karin Polz

Gutes Essen und gute Architektur haben viel gemeinsam: Beides erfordert Kreativität. Beides ist auch Geschmacksache. Beides trägt zum Wohlfühlen bei. Und noch viel mehr. Um es kurz zu machen: Beides vereint der Mühltalhof in Neufelden im österreichischen Mühlviertel. Deshalb fahre ich da so gerne hin – gerade war ich das dritte Mal dort, und wieder konnte mich das Hotel begeistern.

Der Mühltalhof – ein Familienprojekt

Man muss sich aber einlassen wollen auf den Mühltalhof – denn vieles ist anders, ungewohnt, überraschend. Das trifft auf die Zimmer und die Einrichtung zu, und genauso auf die Küche. Die Hoteliers-Familie ist extrem kreativ. Und mutig genug, die kreativen Ideen umzusetzen. Das trifft auf Helmut Rachinger zu, der mit seinem Sohn Philip die Küche des Mühltalhofs prägt. Und das trifft auch auf den Mann von Helmuts Schwester Johanna Eckl-Rachinger zu: Als Künstler hat sich Joachim Eckl einen Namen gemacht und im und ums Hotel herum Spuren hinterlassen.

Eine alte Leiter als Handtuchhalter, der Wegweiser zur Sauna ein mit Kreuzstich-Schriftzug besticktes Handtuch: Auch die Inneneinrichtung des Hotels zeugt von Kreativität. Keines der 22 Zimmer ist wie das andere, und die typische Hotelzimmer-Einrichtung großer Häuser sucht man vergebens.

Stahl und Natur – das muss kein Widerspruch sein

Blick auf die Große Mühl.

Der Mühltalhof liegt direkt an der Großen Mühl, die sich dort staut. Foto: Karin Polz

Dass also auch die Architektur vom Üblichen abweicht, verwundert nicht. Das ursprüngliche Haus mit seinen dicken, weiß verputzten Mauern und dem zur Straße gewandten Giebel trifft auf eine neue Fassade aus Cortenstahl und viel Glas. Wer vor dem Mühltalhof steht und auf das Gebäude blickt, stellt überraschend fest: Zu der ursprünglichen Natur rund um das Hotel, zu den dichten, grünen Baumbeständen und der ruhigen Wasserfläche der Großen Mühl direkt am Gebäude kann kaum ein anderes Material besser passen. Das Rostrot des Cortenstahls harmoniert mit den Grün-, den Wasser- und den Erdtönen der Umgebung bestens.

Von innen und außen gleichermaßen ansprechend wirken auch die großen Glasflächen des Speiseraums, in denen sich der Mühlfluss spiegelt. Wie sich moderne und althergebrachte Elemente wunderbar ergänzen, hat Romana Ring in einem Text auf der Internetseite nextroom, einer Datenbank zum zeitgenössischen Bauen, perfekt zusammengefasst.

Auszeichnung beim Architekturwettbewerb

Fassade des Mühltalhofs aus Kortenstahl.

Rostrot und Grün: Cortenstahl und Bäume harmonieren perfekt. Foto: Karin Polz

Verantwortlich für die Architektur ist der Linzer Architekt Klaus Leitner. Er hat mit seiner Gestaltung des Mühltalshof 2009 auch beim Architekturwettbewerb „vis à vis“, überzeugt, initiiert vom architekturforum oberösterreich (afo) und den OÖNachrichten. „Respekt für die vorgefundene Substanz und ihre privilegierte Lage im Naturraum“ bescheinigte die Jury dem Architekten und den Bauherrn.

Allerdings darf man über die ganze Architektur das Wichtigste bei einem Urlaub im Mühltalhof nicht vergessen: Entspannen und die Gourmetküche genießen! Spätestens beim Dessert mit Sauerklee-Eis (!) und weißer Schokolade vergisst man vor lauter Begeisterung eh alles um sich herum. Sogar die Architektur.

Urlaub im Vollholzhotel

Hotel Forsthofalm in Leogang

Wer ins Hotel Forsthofalm will, muss erst einmal ein ganzes Stück den Berg rauf. Oben gibt es dann Natur pur: ein Hotel aus natürlichen Baustoffen und einen freien Blick auf die Bergwelt, die im Sommer Mountainbiker und im Winter Skifahrer nutzen. Foto: Hendrik Schwartz

Strand oder Berge? Metropole oder einsame Insel? Aktiv oder relaxen? Bei der Urlaubsplanung stellt man sich ja so manche Fragen. Aber dass auch „Holzbau oder Massivbau?“ ein Kriterium beim Wahl des Urlaubsziels sein könnte, daran habe ich ehrlich gesagt noch nie gedacht. Obwohl ich stolze Holzhaus-Besitzerin bin und jeden verstehen kann, der das gute Wohnklima im Holzhaus nicht eintauschen möchte. Hotelier Markus Widauer allerdings kennt solche Überlegungen. „Wir haben durchaus auch Gäste, die selbst ein Holzhaus haben und sagen: Wir wollen doch im Urlaub nicht schlechter wohnen als zu Hause.“ In Widauers Hotel Forsthofalm sind sie gut aufgehoben: Als erstes Vollholzhotel im Salzburger Land hat es sich nach Aus- und Umbau 2008 und 2013 einen Namen gemacht.

Blick nach draußen durch eine Glasscheibe im Hotel Forsthofalm.

Die Grenzen zwischen drinnen und draußen verschwimmen im Hotel Forsthofalm. Foto: Hendrik Schwartz

Das Vier-Sterne-Superior-Hotel in Leogang in Österreich wurde 2014 vom Hotelforum sogar als „Hotelimmobilie des Jahres 2014“ ausgezeichnet. Die Jury lobte die Besonderheiten des Hauses: ein stimmiges und nachhaltiges Gesamtkonzept, zeitgemäße, klare und unaufdringliche Architektur, niedrigen Energieverbrauch, natürliche Materialien wie Schiefer, Leder und Holz in den Hotelzimmern.

Mondgeschlagenes Holz aus der Region

Die Materialien sind dabei nicht nur natürlich, sondern auch heimisch. Vor allem das Holz kommt „zu 95 bis 98 Prozent“, wie Markus Widauer sagt, aus der Region und ist mondgeschlagen – auch dieses Detail gehört zur Philosophie der patentierten Thoma Holz100-Bauweise, die auch bei der Forsthofalm zum Einsatz kam. Wahre Massen von Holz werden dabei verbaut, denn die Wände bestehen aus Massivholz, das in mehreren Lagen senkrecht, waagerecht und schräg geschichtet wird.

210.000 Buchenholzdübel ersetzen Leim und Nägel

Wände nach dem Thoma Holz100-System

Blick von oben auf die Holzschichten, aus denen die Wände bestehen. Mehrere Lagen sorgen unter anderem für gute Dämmung. Foto: Hendrik Schwartz

Diese Holzlagen werden von Buchenholzdübel zusammengehalten, die auf null Prozent Restfeuchte getrocknet wurden und dann, an ihrem Einsatzort, wieder Feuchtigkeit aus der Umgebung aufnehmen, quellen und so die Schichten fest aneinanderbinden. Der Holzbau bleibt dadurch komplett leimfrei und metallfrei. Stattdessen wird zum Beispiel die Forsthofalm von 210.000 Buchenholzdübel zusammengehalten.

„Natur ist Freiheit“ lautet das Leitmotiv der Hoteliersfamilie Widauer. Darum sind die wunderbaren Ausblicke durch große Panoramafenster in die Natur auf 1050 Metern Höhe nicht nur architektonisch bedingt. Die Grenzen zwischen drinnen und draußen verschwinden angesichts der großformatigen Fenster. „Die Architektur ordnet sich der Natur unter“, bestätigt der Architekt. Verantwortlich für Architektur und Interior Design war beim Holzhotel Forsthofalm die W2 Manufaktur des Architektenehepaares Nicole Waltl-Piffer und Alfred Waltl aus Leogang. Hochwertiges Handwerk und schlichte, aber aussagekräftige Formensprache waren grundsätzliche Vorgaben für den Bau des siebengeschossigen Vollholzhotels.

Als Holzhausbesitzerin kann ich bestätigen: Ich habe im Hotel Forsthofalm genauso gut geschlafen wie daheim. Aber das wäre für mich nicht der einzige Grund, dort wieder Urlaub zu machen. Ebenfalls überzeugt haben die fantastische Lage mitten am Berg, das ökologische Gesamtkonzept, die auf regionalen Produkten basierende Küche, das erholsame Spa und die nette Gastgeberfamilie. Das Holzhotel sieht mich bestimmt mal wieder!

Gar nicht bieder: Wiener Flair neu interpretiert

Der Lobbybereich des Hotels Falkensteiner Wien Margareten.

Im Lobbybereich zeigt sich das Hotel von seiner Biedermeier-Seite. Jedoch auf moderne Art. Foto: Hendrik Schwartz

Wenn an einem Gebäude gleich zwei ganz Große der Architekturszene arbeiten, dann sind die Erwartungen natürlich hoch. Und tatsächlich kann man schon von weitem erkennen, dass da eine Fassade des Wiener Margaretengürtels, unweit der U-Bahn-Station Margaretengürtel (U4), ganz anders aussieht als der Rest: Bronzefarbenes Aluminium verkleidet die Fassade, die auf diese Weise sehr modern, aber nicht aufdringlich oder fehlplatziert wirkt. Es ist die Fassade des Falkensteiner Hotels Wien Margareten. Im Herbst 2013 hat es eröffnet, soll als City-Flaggschiff der Falkensteiner-Gruppe ein Vorzeigeobjekt sein − und beeindruckt tatsächlich nachhaltig, immerhin ist mit David Chipperfield ein Architekt von Weltrang für das Äußere verantwortlich.

Die Fassade des Falkensteiner Hotels Wien Margareten

Die Fassade des Hotels wurde von David Chipperfield gestaltet. Foto: Hendrik Schwartz

Aber, wie gesagt, damit nicht genug: Im Inneren hatte Matteo Thun das Sagen − ebenso bekannt und geschätzt, allerdings für einen ganz anderen Stil. Trotzdem passen Außen und Innen perfekt zusammen. Traditionelles und Zeitgemäßes, Modernes und Biedermeier treffen sich in diesem Hotel in vielerlei Hinsicht. Altwiener Flair und moderne (Innen-)Architektur lassen sich einfach gut kombinieren − jedenfalls, wenn der Experte für die Mischung verantwortlich ist.

Kronleuchter und Lampen gibt es im Überfluss im Falkensteiner Hotel Wien Margareten

Kronleuchter gibt es im Überfluss im Falkensteiner Hotel Wien Margareten. Foto: Hendrik Schwartz

„Contemporary Biedermeier“ nennt sich der Stil, der gemütlich und einladend wirkt. Nicht zuletzt, weil die Materialien dies ausstrahlen: Eichen-Fischgrätparkett (ungewöhnlich im Hotel, typisch für Wien), warm strahlendes Messing und Gold für die Lampen (viele, viele Lampen), gestreifte Textilien vom Vorhang bis zum Sofakissen und Schachtische im Barbereich erinnern ein bisschen an ein entspanntes Wohnzimmer. Alles ist in Pastelltönen gehalten − und die haben es in sich. Alleine die Palette der Grüntöne ist faszinierend: Moosgrün, Minzgrün, Schattierungen, die perfekt aufeinander abgestimmt sind, aber alles andere als gewöhnlich.

Flur im Zimmertrakt des Falkensteiner Hotels Wien Margareten

Die anthrazitfarbene Wände in Wischtechnik wirken elegant und nicht zu dunkel. Als Kontrast sind die Türen cremeweiß gehalten. Foto: Hendrik Schwartz

Als Kontrast dazu bringen die Schwarz-Weiß-Muster und Spiegel die nötige Eleganz in die Einrichtung. Bemerkenswert sind dabei auch die Gänge zu den Hotelzimmern: Die Wände sind anthrazitfarben, wirken aber dank Wischtechnik nicht dunkel und abweisend. Dazu wurden cremefarbene Türrahmen und Türen ausgewählt.

Dass das Hotel die ehemalige Osteuropa-Zentrale von Nestlé war, kann man sich kaum mehr vorstellen. Statt Büroarchitektur strahlt das Falkensteiner Wien Margareten Wiener Wohnzimmerflair aus, im neu interpretierten Biedermeierstil, der gar nicht bieder wirkt. Kein Wunder, waren ja auch zwei Experten am Werk.

Mehr über Wiens Architektur und wieso das Hotel da perfekt reinpasst, gibt es im Reiseportal der Passauer Neuen Presse in meinem Reiseartikel „Wiens umstrittene Besuchermagneten“ vom Jahresanfang 2015 nachzulesen.

Passgenaue Architektur fürs Hofgut Hafnerleiten

Das Langhaus am Wald im Hofgut Hafnerleiten

Ein hölzerner Steg führt zum Haus am Wald, einem von drei neuen Ferienhäusern des Hofguts Hafnerleiten. Foto: Karin Polz

Eine Badewanne im Dachgeschoss mit Blick auf den Sternenhimmel. Eine Hausbank, auf der man einfach nur sitzen und dem Rauschen des Waldes lauschen möchte. Ein Ausblick vom Esstisch über die Hügel des Rottals. Das Hofgut Hafnerleiten bei Bad Birnbach bietet Erholungssuchenden schon lange Zeit schönste Landschaft und vollkommene Ruhe. Zur Wohlfühlumgebung gehört immer stärker auch preisträchtige Architektur.

Im Hofgut Hafnerleiten können Erholungssuchende in kleinen Häuschen urlauben – die Gastgeber Erwin Rückerl und Anja Horn-Rückerl haben diese Urlaubsform allerdings schon angeboten, als sonst noch niemand an Chalets und Luxus-Hüttendörfer gedacht hat: übernachten im eigenen Themenhäuschen, das Frühstück wird vorbeigebracht, ein intimer Rückzugsort mit dem Service eines Hotels. Schon immer waren die Häuschen an die Landschaft angepasst – im kleinen Waldstück ein Baumhaus, ein Bootshaus am See mit Holzdeck, ein Hanghaus, das sich behaglich in die Erde schmiegt.

Sitzplatz vor der Essecke des Rottaler Langhauses

Ein Meer aus Bambus schirmt die Urlauber vom Nachbar-Langhaus ab. Die herausgeschobenen Kästen mit den Panoramafenstern bilden innen gemütliche Nischen. Foto: Karin Polz

Nun sind noch drei Ferienhäuser für längere Aufenthalte dazugekommen. Und auch bei ihnen wird der – meiner Meinung nach – entscheidende Grundsatz guter Architektur verwirklicht: Ein perfektes Haus muss perfekt zum Grundstück, zur Umgebung, zur Landschaft passen. Die drei Langhäuser tun das: Das Haus am See, das Haus am Feld und das Haus am Wald spielen ihre Vorzüge gerade in Verbindung mit ihrer Lage aus.

Charakteristisch für die Langhäuser sind ihre klare, schlichte Form, ihre dunkle Holzfassade und ihre Panoramafenster. Entworfen wurden sie vom Architekturbüro Format Elf aus Töging. „Unsere Vorgabe war: bewegte Häuser, die bewegen“, sagt Bauherr Erwin Rückerl. Was damit gemeint war? Konkretes eher nicht. Wichtig ist für ihn, was herausgekommen ist: Häuser, die fast zu schweben scheinen, weil ein Holzsteg als Zugang sie von der Landschaft abhebt. Bambus, der sich rund um die Häuser leicht im Wind wiegt. Fassadenfelder mit großen Fensterflächen und Nischen, die sich aus dem dunklen Haus rausschieben. Spiegelungen auf den Fenstern. Lamellen, die enthüllen, verbergen und Schatten werfen. Die Planung und Umsetzung hat auch die Bayerische Architektenkammer überzeugt, die die Rottaler Langhäuser für die Architektouren 2014 ausgewählt haben.

Terrasse eines Langhauses des Hofguts Hafnerleiten

Die Terrasse des „Hauses am Wald“ liegt, wie der Name schon verrät, am Waldrand. Wer nicht nur auf Bäume schauen mag, kann den Blick auch übers Rottaler Hügelland schweifen lassen. Foto: Karin Polz

Dass die dunkle Holzfassade bestens in die Natur passt, davon musste Architekt Stefan Hanninger die Bauherren Anja Horn-Rückerl und Erwin Rückerl nicht lange überzeugen. Andere Ausstattungsmerkmale ergaben sich aus der Funktion: eine vollständige Küche, Infrarotkabinen in zwei der drei Häuser, ein zweiter Schlafplatz für Gäste, die lieber alleine schlafen, auch die Anordnung der Räume dem Sonnenlauf entsprechend.

Viel Holz, viel Ausblick, reduzierte Formen, gemütliche Nischen und jede Menge schöner Details: Die Langhäuser haben meiner Meinung nach alles, was gute Urlaubsarchitektur ausmacht. Tatsächlich sollte man in ihnen länger bleiben, um alles nutzen zu können, was sie so gemütlich macht. Und das ist sicherlich nicht nur die Badewanne im Obergeschoss mit Blick in den Himmel.

Nachts im Hotel

Es fühlt sich gut an, in eindrucksvoller Architektur zu wohnen – auch im Urlaub. Für unseren Hamburg-Städtetrip haben wir daher ein architektonisch interessantes Hotel ausgewählt: das Gastwerk im Hamburger Westen. Das riesige Industriedenkmal aus Backstein und Stahl wurde nach 1892 als Gaswerk gebaut. Heute trägt es im Namen ein „t“ mehr, bezeichnet sich selbst als Hamburgs erstes Design-Hotel und fasziniert mit Loftcharakter. Wer die Lobby betritt, steht mitten in einer hohen, lichtdurchfluteten Industriehalle – und fühlt sich doch ein bisschen wie in einem Innenhof, denn die Zimmer befinden sich rechts und links der Lobby sozusagen in einem „Gebäude im Gebäude“. Brücken, Stahlträger, alte rohe Backsteinmauern und mehrere Rückzugsorte auf verschiedenen Ebenen haben uns so fasziniert, dass wir uns auf eine nächtliche Foto-Entdeckungstour durch das Hotel gemacht haben. Alle Fotos stammen von Hendrik Schwartz.

Architektur in Norwegens Natur

Zwei Häuschen des Hotel Juvet in Norwegen

Die Häuschen des Hotels Juvet stehen mitten in der Natur.

Manchmal versteckt sich interessante Architektur dort, wo man sie am wenigsten vermutet. Zum Beispiel zwischen Birken, Espen, Kiefern, Felsen und einem Fluss in Norwegen, zwischen den Touristenmagneten Geirangerfjord und Trollstigen. Ursprünglich stand in einer einsamen Gegend irgendwo an dieser Landstraße ein Bauernhof – und einige Gebäudeteile des Hofes stehen immer noch. Doch dort, wo früher nur Wildnis war, sind heute Hotelzimmer – sehr ungewöhnliche allerdings. Sie gehören zum Hotel Juvet, das sich als „erstes Landschaftshotel Europas“ bezeichnet.

Ausblick vom Spa des Hotels Juvet

Nicht nur die sieben Häuschen, auch der Spa-Bereich, hier links die Terrasse, bietet wunderbare Ausblicke auf die norwegische Landschaft.

Sieben moderne Häuschen aus Holz verteilen sich mitten in der Natur. Das Besondere: Jedes Häuschen ist innen wie außen minimalistisch gestaltet, im Mittelpunkt steht jeweils der Ausblick. Wer in das Häuschen tritt, steht mitten in dem Zimmer, das viel freien Raum und wenig Möbel bietet. Doch darauf achtet sowieso niemand, denn eine Wand pro Haus, teils sogar zwei, sind aus Glas. Und weil Wände, Böden und Einrichtung in ganz dunklen Farben gehalten sind, schweift der Blick natürlich sofort zum Panorama, das es in sich hat – etwas anderes ist mitten in der norwegischen Natur auch kaum zu erwarten.

Ausblick aus einen Häuschen des Hotel Juvet

Weil das Zimmer in dunklen Farben gehalten ist, tritt der Ausblick in den Vordergrund.

Ich durfte eine Nacht in dem Häuschen verbringen, das direkt über dem Fluss Valldøla liegt. Und ich bin lange einfach nur dagesessen und habe aus dem Fenster, auf den Fluss, auf den Wald geschaut. Denn natürlich kommt man als Tourist wegen der Landschaft nach Norwegen. Und genau diese bekommt man hier wie auf einer Kinoleinwand geboten. Auch vom Bett aus, das in einer Zimmernische eingepasst ist, blickt man durch die Glaswand nach draußen. Jedes Haus hat eine andere Ausrichtung, ein anderes Panorama, und jedes Haus steht für sich alleine. Und jedes ist nur für zwei Personen konzipiert – wie ein Hotelzimmer, nicht wie ein Ferienhaus.

Kurt Slinning ist der Hotelier, der die Häuschen vermietet. Und dennoch sind Touristen, die nur eine Schlafstätte suchen, bei ihm an der falschen Stelle: „Wir verkaufen hier mehr als nur ein Zimmer“, sagt Slinning. Ihm geht es um die Philosophie, die hinter den Entwürfen der Architekten von Jensen & Skodvin aus Oslo steckt.

Alter Kuhstall des Hotel Juvet

Im ehemaligen Kuhstall des Hofes befinden sich heute Restaurant und Rezeption des Hotels.

Die Macht der Natur, Einsamkeit, Ruhe, Zurückgezogenheit, dafür steht Juvet. Das sollten die Urlauber auch zu schätzen wissen. Treffen können sich die Hotelgäste aber zum Beispiel im Spa-Häuschen, das ebenfalls mit Fluss-Blick aufwartet. Und gegessen wird zusammen  im Kuhstall des alten Bauernhofes. Knut Slinning kennt den Hof von früher, sein eigenes Sommerhaus liegt gegenüber. Als die Hauptstraße dazwischen zu einer der norwegischen Landschaftsrouten ernannt wurde und der Bauer seinen Hof zum Kauf anbot, entstand die Idee mit den Häuschen. „Wir arbeiten mit denselben Ressourcen wie früher die Bauern“, sagt Knut Slinning.

Das Hotel wurde 2012 mit dem Architekturpreis Houens Fonds Diplom ausgezeichnet. Dieser gilt als der älteste und renommierteste Architekturpreis in Norwegen. Er wird vom Kultusministerium verliehen an Projekte, die der Verband der norwegischen Architekten nominiert hat.

Wer bei seinem nächsten Norwegenurlaub eine Nacht in preisgekrönter norwegischer Architektur verbringen will, kann das für etwa 185 Euro pro Nacht und Person machen: Juvet Landskapshotell, 6210 Valldal, Telefon: 0047/95032010, www.juvet.com.