Architektur mit Herz: Ferienwohnen in der Alten Liebe

Fassade und Fenster von Haidl-Madl Ferienwohnen
In den modernen Fenstern der „Alten Liebe“ spiegelt sich die Natur des Böhmerwaldes. Foto: Karin Polz

Ingrid Haidl-Madl liebt das alte Bauernhaus, in dem sie aufgewachsen ist. Sie liebt modernes skandinavisches Design. Und sie liebt ihre Heimat, den Bayerischen Wald. Das spürt man sofort, wenn man Haidl-Madl Ferienwohnen betritt. Die drei Appartements in Marchhäuser bei Haidmühle (Landkreis Freyung-Grafenau) strahlen Herzlichkeit aus. Und sie zeigen schon auf den ersten Blick: Hier hat jemand Hand angelegt, der ein Gespür für Design und Architektur hat.

Traditioneller Bayerischer Wald trifft skandinavisches Design

Ein 300 Jahre altes Bauernhaus, ja, das kann man vielleicht erwarten, wenn man in die versteckten Winkel des Bayerischen Waldes fährt. Dass es so gut erhalten ist, so schön dekoriert und so liebevoll in die Gegenwart gerettet wurde, das begeistert. Die Überraschung folgt auf den zweiten Blick: Im Eingangsbereich befindet sich Ingrid Haidl-Madls Laden mit Handgefertigtem aus dem Bayerischen Wald, Design mit skandinavischem Touch und zeitlos Schönes aus aller Welt. Und ein Blick in die Appartements zeigt: Auch hier ist diese Mischung zu finden. Speziell in der neuesten Ferienwohnung ist sie eine harmonische Verbindung mit moderner Architektur eingegangen.

Treppenaufgang zur Terrasse von Haidl-Madl Ferienwohnen
300 Jahre alt ist das Bauernhaus, in dem Ingrid Haidl-Madl ihr Zuhause, drei Ferienwohnungen und ihren Laden hat. Foto: Karin Polz

Das neueste Appartement, das ist die „Alte Liebe“. Früher die Wohnung von Ingrid Haidl-Madls Mutter, heute ein Zuhause auf Zeit für Feriengäste, die Design und Architektur schätzen – und die unglaubliche Ruhe, die charakteristisch für Haidl-Madl Ferienwohnen ist. Nicht einmal 200 Meter entfernt verläuft die tschechische Grenze. Die lange Zeit unberührte Natur und der weite Himmel vermitteln heute ein Gefühl grenzenloser Freiheit. Auf sechs Hektar Grund verteilen sich nicht nur Ruheplätze im Liegestuhl und der Hängematte, sondern es leben hier auch vier Hühner und die Katzen Lotte und Peterl. Im Gemüsegarten wachsen wahre Bio-Lebensmittel – und die Wiese darf wuchern, damit Blumen und Wildkräuter sich auch fürs nächste Jahr aussäen.

Dicke Mauern und moderne Fenster als Hingucker

Doch zurück zur „Alten Liebe“: In ihr verbinden sich das Beste aus Vergangenheit und Gegenwart. Meterdicke Wände schirmen die Ferienwohnung nach draußen ab – und diese Dimension zeigt sich ganz deutlich in den modernen Fenstern, die Ingrid Haidl-Madl einbauen hat lassen. „Ich wusste, ich will eine ganz neue Lösung für die Fenster, aber anfangs konnte mir da niemand weiterhelfen; niemand hat verstanden, was ich mir gewünscht habe“, schildert Ingrid Haidl-Madl den weiten Weg zur heutigen Optik.

Die Fensteröffnungen wollte Ingrid Haidl-Madl nicht verlegen, das wäre bei den alten Steinbruchmauern ein zu großes Wagnis gewesen. Die ursprünglichen Fenster waren in den 1970er Jahren ausgetauscht worden. Moderne Fenster passten nicht in die tiefen Mauern. Die Lösung brachte dann Architekt Bernd Vordermeier, den Blogleser bereits vom Projekt Moosham 23 kennen. Um die Tiefe zu betonen, sitzen die Fensterscheiben als Festverglasung ganz außen, quasi bündig mit der Fassade. Innen kleidet ein Holzrahmen die ganze Mauerdicke rundum aus. Daneben befindet sich ein kleineres Fenster, das ganz innen sitzt und geöffnet werden kann. Die Mauerstärke wird hier von außen genutzt – zum Beispiel, um hübschen Blumenschmuck in die Fensternische zu stellen.

Wohnzimmer der Ferienwohnung Alte Liebe
Jedes Möbel, jedes Detail der Ferienwohnung ist mit Liebe ausgewählt. Foto: Karin Polz
Blick auf den Kachelofen im Wohzimmer der Ferienwohnung Alte Liebe
Der alte handgemauerte Kachelofen, die geseiften Tannenholzdielen und das skandinavische Design ergeben in der „Alten Liebe“ ein ebenso reizvolles wie gemütliches Ambiente. Foto: Karin Polz

Möbeldesign von Ingrid Haidl-Madl

Die Fenster sind das bestimmende architektonische Element, doch eigentlich sind noch viele weitere Details einen genaueren Blick wert: der pure Holzboden aus geseifter Tanne, der ehemalige Räucherschrank im Wohnraum, der immer noch ein bisschen nach Geräuchertem riecht, der Kachelofen, die handgemachten Siebringe für Bäcker als Wanddeko in der Küche. Der Mix aus Altem und Neuem zieht sich durch die ganze Wohnung – und durchs ganze Haus. „Die Einrichtung ist von uns“, sagt Ingrid Haidl-Madl, „Bett und Kleiderschrank habe ich sogar selber entworfen.“

Die Gestaltung, aber auch viele Umbauarbeiten sind Eigenleistung. Kein Wunder also, dass auch viel Individualität in der Ferienwohnung steckt. Im Schlafzimmer, wo das einzige originale, 100 Jahre alte Fenster des Appartements erhalten blieb, erinnert auch ein Wandstück an die Geschichte des Raumes: Hier wurde nicht neu drübergeputzt und gekalkt, sondern hier zeigt sich, wie der Raum früher gestrichen war. So viel Liebe zum Detail wurde 2014 belohnt: Haidl-Madl Ferienwohnen wurde für die Architektouren der Bayerischen Architektenkammer ausgewählt. Auch im Buch „Urlaubsarchitektur – Selection 2016“ des Portals Urlaubsarchitektur wurden die Appartements vorgestellt.

Erinnerungen an den Schriftsteller Hermann Lenz

Außer in der „Alten Liebe“ können Feriengäste bei Ingrid Haidl-Madl auch im „Nest“ oder im Appartement „Hermann Lenz“ wohnen. Letzteres verweist auf den bekannten Schriftsteller, der ein regelmäßiger Feriengast in der Gegend war. Von 1963 bis 1986 verbrachte er seine Urlaube beim Großvater von Ingrid Haidl-Madls Ehemann. Die Ferienwohnung ist nicht nur nach dem Schriftsteller benannt, sondern birgt auch viele Erinnerungen. Das Schlafzimmer ist das Original-Schlafzimmer von Hermann Lenz und stammt aus einer Stuttgarter Manufaktur. Dazu gesellen sich in der Wohnung ein alter Eichentisch aus dem Bauerhaus und dänisches Design aus den 1950er Jahren.

Blick in den Wohnraum der Ferienwohnung Hermann Lenz
Ein Blick in den Wohnraum der Ferienwohnung „Hermann Lenz“. Foto: Karin Polz

Ebenso im „Nest“: Designliebhaber finden in der Wohnung e15-Sofa von Designer Ferdinand Kramer und eine mundgeblasene Pendelleuchte aus einer Bayerwald-Manufaktur; aber vor allem finden sie einen einzigartigen Schlafraum, der 2006 gebaut wurde. Über vier schmale Stufen gelangt man vom Wohnbereich in einen Raum über dem ehemaligen Stall, mit zwei hohen Fenstern und einen weiten Blick in den Böhmerwald. Komplett aus Holz und ganz ohne Metall ist das Bett, der Schrank durch eine Wandnische ersetzt. Auch hier zeigt sich Ingrid Haidl-Madls Stil: „Wir waren noch nie Ikea-Leute, ich mag alte Möbel, und ich mag Wertigkeit statt einem Trend hinterherzulaufen.“

Typisches Bio-Frühstück im „blauen Zimmer“

Außergewöhnlich ist auch der Frühstücksraum, der allen Gästen zur Verfügung steht: Das „blaue Zimmer“ ist ein offener Bereich hinter dem Laden und – leicht zu erraten – ganz in Blau gestrichen. Hier sitzt man um den berühmten Tisch „Bigfoot“ von e15 auf verschiedenen Stühlen von Hansen aus Dänemark und genießt Ingrid Haidl-Madls berühmtes Bio-Frühstück.

Ihre Gäste schätzen das persönliche Ambiente und die Wohlfühlatmosphäre. Aus Hamburg, Berlin, aus der Schweiz, von überallher kommen sie. Auch aus der Region, aus Passau zum Beispiel, wird die Auszeit an der tschechischen Grenze angefragt. Untypisch für die heutigen Urlaubsgewohnheiten bleiben manche Gäste sogar zwei Wochen. Langweilig wird ihnen sicher nicht, denn Ingrid Haidl-Madl hat im Haus mehr als 3000 Bücher untergebracht. Im Hauskino gibt es Dokumentationen über den Bayerwald und zu regionalen Themen. Und wenn Sauna oder Whirlpool fehlen, dann verweist Ingrid Haidl-Madl auf „Wildnis statt Wellness“: die ursprüngliche Erholungskraft von Ruhe und Natur. Wo sonst kann man sie leichter finden als an diesem Fleckchen.

Leseecke von Haidl-Madl Ferienwohnen
Gemütliche Leseecke: Mehr als 3000 Bücher hat Ingrid Haidl-Madl in ihrem Haus. Foto: Karin Polz

Übrigens: In einigen der Ferienwohnungen sind kurzfristig noch Termine für den Sommer 2019 frei – wer absolute Ruhe, herzliche Gastlichkeit, ein persönliches Ambiente und eine der schönsten Naturlandschaften Europas genießen möchte, schreibt am besten direkt an Ingrid Haidl-Madl unter info@haidl-madl-ferienwohnen.de.

Im Flur steht eine Holzkiste mit dem Schriftzug von Haidl-Madl Ferienwohnen
Mit Liebe zum Detail: Selbst die schlichte Holzkiste wird zum Deko-Objekt. Foto: Karin Polz
Zettel mit der Aufschrift Alte Liebe
Individuell und persönlich – das charakterisiert Haidl-Madl Ferienwohnen. Foto: Karin Polz

Wohnen unterm Kastanienbaum

Die Äste der Kastanie berühren beinahe Fassade und Dach: Die Studentenappartements und der alte Baum bilden ein stimmiges Ensemble. Foto: Hendrik Schwartz

Wer im Grünen wohnen will, muss nicht aufs Land ziehen. Wer unterm Blätterdach schlafen will, muss kein Baumhaus bauen. Und wer ein Ein-Zimmer-Appartement mietet, muss nicht auf gute Architektur verzichten. Diese drei Erkenntnisse konnte gewinnen, wer 2019 die Architektouren in Passau besucht hat. Denn unter den Projekten, die die Bayerische Architektenkammer für die Veranstaltungsreihe ausgewählt hat, waren diesmal die Studentenappartements im Innstadtkellerweg in der Passauer Innstadt: schön, ruhig und naturnah um einen Kastanienbaum gruppiert.

Der etwa 140 Jahre alte Kastanienbaum und die Terrasse sind der gemeinsame Mittelpunkt der acht Appartements. Foto: Hendrik Schwartz

Direkt neben dem bekannten und auffälligen Glaspalast

Seit Herbst 2018 sind die acht Appartements bewohnt – nicht nur von Studenten. Wer dem Trubel der Innenstadt entfliehen möchte, findet in dem eh schon ruhigen Innstadtkellerweg direkt hinter dem Glaspalast der ehemaligen Innstadt-Brauerei einen Rückzugsort. Architekt Norbert Paukner hat mit seinem eingeschossigen Bau auf unaufgeregte Architektur gesetzt. Jedes Appartement misst um die 45 Quadratmeter, hat direkten Zugang zu großzügigen Gemeinschafts-Holzterrasse – und manche Bewohner dürfen sich sogar noch über einen kleinen Balkon mit wunderbarem Ausblick auf die Veste Oberhaus freuen.

Der flache Bau fügt sich harmonisch in die Umgebung ein. Foto: Hendrik Schwartz

Regen wird vom Dach der Appartements an die Baumwurzeln geleitet

Mittelpunkt der Wohnanlage ist eine etwa 140 Jahre alte Kastanie. Sie musste den Appartements nicht weichen, sondern steigert vielmehr deren Wohnqualität. Das ausladende Blätterdach überspannt einige der Wohnungen, die sich rechtwinklig um die Kastanie gruppieren. Entscheidend für das Bauprojekt war aber das Wurzelwerk des alten Baumes – nach Schätzung der Experten dehnt sich dieses genauso weit aus wie die Baumkrone. Es durfte nicht beschädigt werden und sollte in seiner Funktion nicht eingeschränkt werden. Beide Punkte (und noch viele weitere Details) beachtete Architekt Norbert Paukner bei der Planung und Umsetzung. So wurde im Bereich der Wurzeln nicht tief gegraben, vielmehr liegt hier die Terrasse, schwimmend verlegt auf Glasschaum-Schotter. Weil die Kastanie auf ähnliche Weise mit Wasser versorgt werden soll wie vor der Bebauung, läuft das Regenwasser vom Flachdach der Appartements über Regenrohre in den Boden und versickert rund um den Wurzelbereich.

Gut zu erkennen ist auf diesem Bild, dass die Holzfassade aus unterschiedlich breiten und unterschiedlich tiefen Hölzern besteht. Foto: Hendrik Schwartz

3D-Effekt der Holzfassade

Die alte Kastanie ist DER Hingucker des Projekts, aber auch die Fassade ist einen genaueren Blick wert. Denn sie besteht aus Holzleisten, die unterschiedlich breit und unterschiedlich tief sind. Dadurch entsteht ein 3D-Effekt, der die Oberfläche natürlich und lebendig erscheinen lässt. Im Laufe der Zeit wird sich die Holzfassade noch ändern, denn das Holz ist unbehandelt. Im Kontrast zu Holzbauweise und Holzfassade steht die Rückseite der Appartements, für die die dicken Mauern der ehemaligen Bebauung erhalten wurden. Vorne Natur, hinten Geschichte und dazwischen ausgezeichnete Architektur – wer in diesen Appartements wohnt, genießt das Beste aus der Vergangenheit und der Gegenwart.

Übrigens: Das Architekturbüro Paukner war schon mehrmals bei den Architektouren dabei, zum Beispiel mit der Veste Niederhaus und der Heiliggeist-Kirche.

Architektouren 2019: Hier trefft ihr mich am 29. Juni 2019

Die schwarzen Markierungen auf diesem Screenshot zeigen, wo in Passau Architektur-Projekte bei den Architektouren 2019 zu sehen sind. Ein weiteres Projekt in Passau ist übrigens am Sonntag zu besichtigen: Die Motorradwerkstatt in der Traminer Straße 2 in Kohlbruck.

Mein Lieblingswochenende naht: Am 29. und 30. Juni 2019 finden wieder die Architektouren statt. Wer meinen Blog schon länger liest, kennt die Architektouren (und meine Begeisterung für die Veranstaltung) bereits. Für alle anderen eine kurze Erklärung: Die Bayerische Architektenkammer gibt Interessierten jedes Jahr die Möglichkeit, besonders sehenswerte architektonische Projekte zu besuchen, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und mit Bauherren und Architekten ins Gespräch zu kommen – sozusagen ein „Tag der offenen Tür“ in gleich mehreren Häusern und Gebäuden für Architekturfans. 244 neue Vorzeigeprojekte an 148 Orten in Bayern öffnen ihre Türen am 29. und 30. Juni 2019 – und davon auch einige in Niederbayern.

Vier Projekte in Passau am Samstag

In Passau sind die meisten Architektouren-Termine am Samstag. Weil alle in der Innenstadt liegen, lassen sich die Termine perfekt verbinden. Mit guter Organisation wird das ein netter und sicher auch spannender Tag in Passau. Meine Zeitplanung für den 29. Juni 2019 ist voraussichtlich folgendermaßen:

11 Uhr: Studentenappartements in der Innstadt

Im Innstadtkellerweg 11 zeigt das Architekturbüro Norbert Paukner einen Neubau: Eingebettet in den historischen Gebäude- und Baumbestand sind hier Studentenappartements entstanden. Das Architekturbüro Paukner war schon öfter bei den Architektouren dabei. 2013 zum Beispiel mit der Veste Niederhaus. Einen zweiten Termin für die Studentenappartements gibt es übrigens um 14 Uhr.

13 Uhr: Mehrfamilienhaus Schiller8

Auf dieses Projekt bin ich sehr gespannt – denn in der Schillerstraße habe ich viel Zeit verbracht, als ich noch Studentin war. Meine beste Freundin hat dort lange gewohnt, und drei gute Freunde hatten eine Wohngemeinschaft in der Schillerstraße 6 – wenn ich mich nicht irre. Womöglich war es sogar die Hausnummer 8. Aber das werde ich ja am Samstag feststellen. Koller Singhof Architekten zeigen jedenfalls, wie sie den Bestand aus dem 19. Jahrhundert umgebaut haben. Angekündigt mit den Worten: „Schönes erhalten, Neues hinzugefügt, Charakter bewahrt.“ Ein zweiter Termin für Schiller8 ist bereits um 11 Uhr angesetzt, aber da bin ich noch bei den Studentenappartements.

14 Uhr: Büro im Schanzlturm

Zum Glück ist es nicht weit von der Schillerstraße zum Schanzlturm. Denn eine Stunde später steht schon das nächste Projekt auf dem Terminplan. Das Büro Thomas Goller hat ein Büro im markanten Hochhaus „Schanzlturm“ ausgebaut. Der Blick auf das Oberhaus ist bestimmt sehr schön, den Rest werde ich am Samstag zu sehen bekommen. Hier ist um 14 Uhr Treffpunkt vor dem Gebäude,

15.30 Uhr: Denkmalgeschütztes Stadthaus im Steinweg

Letzte Adresse am Samstag in Passau ist dann Steinweg 2. Hier haben Wörlen + Partner und Eizenhammer Architektur ein denkmalgeschütztes Stadthaus mit fünf Wohneinheiten und einem Laden saniert. Schön öfter waren Sanierungsprojekte in der Altstadt bei den Architektouren dabei, und immer waren die Wohnräume mit ihren hohen Decken, Stuck und Holzböden sowie die beeindruckenden Treppenhäuser einen Besuch wert.

Nicht genug Zeit für alles Sehenswerte

Im Landkreis Passau gibt es noch weitere Projekte, die mich sehr interessieren würden – allen voran der Umbau und die Sanierung einer Schmiede aus dem 17. Jahrhundert in Bad Bad Griesbach vom Architekturbüro Andreas Schmöller. Ebenfalls ein Architekt, der bei den Architektouren schon öfter dabei war und dessen Projekte ich sehr zu schätzen weiß. Auch in Salzweg, Rotthalmünster und Bad Füssing gibt es noch Projekte, die ich leider verpassen werde. Ein bisschen schade finde ich es, dass ich diesmal kein einziges Einfamilienhaus sehen werden – die sind immer sehr spannend, weil die Architektouren hier natürlich die einzige Möglichkeit sind, einen Blick reinzuwerfen.

Was Architektouren-Besucher wissen sollten

In den vergangenen Jahren habe ich hier im Blog schon mal drüber geschrieben, auf was man bei den Architektouren achten sollte und grundlegende Infos für Projekt-Besucher gegeben. Wer 2019 das erste Mal zu den Architektouren gehen möchte, findet in diesem Blogpost weitere Informationen.

So findest du alle Projekte in deiner Nähe

Lust bekommen, am 29. und 30. Juni auf „Architektour“ zu gehen? Alle Adresse und Termine für Projekte in deiner Nähe findest du unter www.byak.de/Architektouren/. Einfach als Jahr 2019 eingeben und den Regierungsbezirk bzw. Ort und Umkreis auswählen.

Architektouren 2018: Was ich anschauen würde, wenn . . .

So viele Termine! Das würde auch für drei spannende und unterhaltsame Wochenenden reichen.

Ich liebe die Architektouren! Wer meinen Blog kennt, der weiß, dass ich mir dieses Wochenende jedes Jahr schon lange im Voraus frei halte. Dann warte ich sehnsüchtig darauf, dass bekanntgegeben wird, welche Projekte zu besichtigen sind, und stelle mir meine Liste für das Architektouren-Wochenende zusammen. Dieses Jahr ist es allerdings ein bisschen anders, denn am Samstag bin ich auf eine Hochzeit eingeladen. Deshalb stelle ich heute drei Listen zusammen – eine kleine Liste, was ich mir (vielleicht) am Sonntag anschauen werde. Und zwei Listen mit Highlights der diesjährigen Architektouren, die ich leider verpassen werde. Aber vielleicht habt ihr ja Lust und Zeit? Hier sind noch Tipps, auf was ihr beim Besuch der Projekte achten solltet.

Leider keine Zeit: Altstadt-Spaziergang mit Architektur in Passau

Gleich mehrere Projekte, die ich am Samstag verpassen werde, liegen in der Passauer Altstadt. Die Termine würden sich perfekt hintereinander „abarbeiten“ lassen, sogar mit Kaffeepausen. Und man würde vermutlich bei jedem Termin die gleichen Gesichter entdecken, denn die drei Projekte stammen von ein und demselben Architekturbüro: Koller Singhof Architekten aus Passau.

Samstag, 23. Juni 2018, 11 Uhr: Los geht es in der Theresienstraße 19, in einem prächtigen Bau, in dem schon Hans Carossa gearbeitet hat. Thema: „Wohnen und Arbeiten im Denkmal“.

Samstag, 23. Juni 2018, 13 Uhr: „Das grüne Haus“ in der Innbrückgasse 5 ist ein prototypischer Hochwasser-Ersatzneubau, der einem vielleicht von der Innpromenade aus schon mal aufgefallen ist.

Samstag, 23. Juni 2018, 15 Uhr: Weiter geht es mit dem Haus „In der Gasse“, nämlich in der Grabengasse 13. Das alte Handwerkerhaus hat auch unter dem Hochwasser gelitten, ist aber jetzt neu belebt.

Leider zu weit weg: Einfamilienhäuser zum Staunen

An manchen Projektbeschreibungen bleibt man hängen, obwohl man genau weiß, dass es einfach viel zu weit ist, für eine kurze Hausbesichtigung hundert Kilometer oder mehr zu fahren. Aber vielleicht wohnt ja von euch jemand in der Nähe dieser ungewöhnlichen Wohnhäuser? Dann nichts wie hin:

Sonntag, 24. Juni 2018, 10 bis 14 Uhr: Unauffällig anpassen oder gekonnter Stilbruch? Wer an ein bestehendes Haus aus den 1960er Jahren anbauen will, hat diese beide Möglichkeiten. Hier ist es natürlich der Stilbruch mit auffälliger Holzfassade. Zu sehen ist der „Siamesische Zwilling“ des Architekturbüros quadrat45° in Obertraubling.

Sonntag, 24. Juni 2018, 14 bis 17 Uhr: In Bogen steht das „Haus MA“, das dank seines auskragenden Wohnbereichs wie eine riesige Skulptur wirkt. Ein Teil der ersten Etage schwebt quasi in der Luft. Wer den Entwurf von MAM Architekten sehen möchte, hat am Sonntag Gelegenheit dazu.

Sonntag, 24. Juni 2018, 14 bis 16 Uhr: Die schwarze, geschwungene Fassade erregt Aufsehen – allerdings bekommt man sie vermutlich nicht zu Gesicht, wenn man nicht weiß, dass es sie überhaupt gibt. Denn das Wohngebäude liegt als Rückgebäude in einem Innenhof in der Rumfordstraße 11a in München. Ein sehenswertes Beispiel für Nachverdichtung von bauphase architekten. Das Projekt ist Samstag und Sonntag zu besichtigen.

Das will ich sehen: Dreimal Wohnen in Deggendorf und Umgebung

Sonntag, 24. Juni 2018, 9.30 bis 10.30 Uhr: Ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung wäre die erste Anlaufstelle, falls ich es am Sonntag nach Deggendorf schaffe. Das Haus in Bruck 25 in Deggendorf haben die hausfreunde Architekten geplant.

Sonntag, 24. Juni 2018, 11 bis 12 Uhr: Im Anschluss heißt es: gleiche Architekten, anderes Projekt. Mitten in einer Waldwiese steht ein Ferienhäuschen, das mit ökologischen Baustoffen saniert wurde. Für „EBN Gute Nacht Fuchs, gute Nacht Hase!“ geht es weiter nach Rindberg 38 bei Bernried.

Sonntag, 24. Juni 2018, 15 Uhr: Kleine Pause und dann in die Berger Straße 42 in Deggendorf. Die Architekten Regina Schineis und Stefan Hiendl zeigen dort in einer dunklen Holzfassade die Büros und Wohnungen, die nach dem Umbau und der Erweiterung von „B42“ entstanden sind.

Ob das mit Deggendorf am Sonntag was wird, hängt aber auch ein bisschen vom Wetter ab. Denn die Architektouren haben starke Konkurrenz: Den „Tag der offenen Gartentür“. Gärten anzuschauen finde ich auch sehr, sehr spannend. Das Programm ist vielfältig und mit Gärten unter anderem in Passau, Ruhstorf und Obernzell auch gut zu erreichen. Mal schauen, ob die Häuser oder die Gärten gewinnen!

Altes und Neues harmoniert am Inn

Passau Innpromenade

Zwei Projekte der Architektouren 2017 liegen an der Passauer Innpromenade – und könnten unterschiedlicher kaum sein. Foto: Hendrik Schwartz

Als 2013 die Altstadt von Passau in den Fluten von Inn und Donau unterging, wurde so manches Gebäude zerstört. Aus menschlicher Sicht eine Katastrophe, aus architektonischer Sicht aber oftmals auch eine Chance. Bei den Architektouren 2017 der Bayerischen Architektenkammer am letzten Juni-Wochenende konnten in Passau zwei Projekte besichtigt werden, die es ohne das Hochwasser so nicht gegeben hätte. Ansonsten könnten die Projekte unterschiedlicher nicht sein: eines setzt auf Sanierung und alte Vorbilder, das andere auf Modernes, das sich vom Dagewesenen abhebt und dennoch harmoniert.

Unumstritten: Charmante Cafébar hinter alten Mauern

Innenraum Café Il Nostro in Passau

Ein schmaler Raum, an dessen rechter Wand sich eine Holzbank entlangschlängelt: das Café Il Nostro. Foto: Hendrik Schwartz

Es ist „wenig dran“ an diesem Gebäude am Innbrückbogen: etwa 30 Zentimeter dickes Mauerwerk auf der Innseite mit kleinen, doppelten Flügelfenstern; und nochmal rund 30 Zentimeter Mauerwerk zur Straße hin, unterbrochen von Türen und Fenstertüren. Drinnen ein schmaler Raum, der sich hin zum Innbrücktor schlängelt. Im wahrsten Sinne des Wortes: Gerade Wände und einen rechtwinkligen Grundriss findet man hier nicht. Dafür eine elegante durchgängige Sitzbank aus Holz, die dem geschwungenen Wandverlauf folgt. Dazu schlichte Tische – fertig ist der Gastraum, der durch die Kastenfenster hin zu Inn und die Türen zur Straße erstaunlich hell wirkt. Theke und Küche drängen sich an eine Schmalseite, an der anderern wendelt sich eine moderne Stahltreppe nach oben zu den Toiletten. Und zu einer kleinen Wohnung, dessen schnörkellose und durchdachte Einrichtung man auf der Internetseite des Architekturbüros Andreas Schmöller sehen kann.

Fassade Café Il Nostro

Die rechteckigen Vertiefungen über den Türbögen gehören zur historischen Ansicht der Fassade. Sie sind aber nicht alle wirklich vorhanden. Foto: Hendrik Schwartz

So klein und unkompliziert das Café von innen erscheint, so groß und spannungsreich ist die Historie des Gebäudes, das direkt am Brückenkopf der alten Innbrücke liegt. Einige Passauer erinnern sich sicherlich auch noch an die Zeiten, als in dem schmalen Gebäude gleich mehrere winzige Geschäfte, darunter ein Uhrmacher, untergebracht waren. Wie klein die Läden waren, erkennt man an den Fenstertüren des Cafés – sie ersetzen die früheren Ladentüren. Widerstandsfähiges Eichenholz und Einbauten, die sich schnell entfernen lassen, sollen einem möglichen künftigen Hochwasser trotzen. Denn eine so umfassende Renovierung, wie sie nach 2013 notwendig war, als der Unterbau des Gebäudes unterspült war, möchte man dem Gebäude nicht noch einmal zumuten. Und schließlich ist es nun auch wieder in einem Zustand, der auch dem Denkmalschutz zusagt – wenn auch mit Tricksereien: Um die sowieso schon dünnen Mauern nicht noch weiter zu verschlanken, hat man beispielsweise die fehlenden Vertiefungen über den Türbögen nicht nachgeformt, sondern als Illusionsmalerei aufgebracht. Wer nicht darauf hingewiesen wird, dem fällt das auch nicht auf. Auf den ersten Blick ist bei dem Café am Innbrückbogen alles so, wie es in alten Zeiten war. Nur viel schöner – wie es für dieses privilegierte Plätzchen in Passau angebracht ist.

Umstritten: Altstadt-Kindergarten auf Stelzen

Blick auf die Innseite der Altstadt Passaus

Wer nicht weiß, wo sich der Neubau des Altstadt-Kindergartens befindet, dem wird das moderne Gebäude kaum auffallen. Das Stadtbild stört der Bau jedenfalls nicht. Foto: Hendrik Schwartz

Nur wenige hundert Meter weiter befindet sich ein ebenso privilegierter Platz zum Wohnen und Leben. Hier genießen seit Jahrzehnten die kleinsten Altstadtbewohner Ausblick und Lage. Doch gegen das Hochwasser 2013 hatte das Gebäude des Altstadt-Kindergartens St. Stephan keine Chance: Der Siebziger-Jahre-Bau musste abgerissen werden. Doch was dann? Möglichkeit Nummer 1: Neubau im Stil des alten Kindergartens. Wäre dann aber genauso hochwassergefährdet – und so schön war der Siebziger-Jahre-Bau auch nicht, dass man ihn sich zurückwünschen würde. Möglichkeit Nummer 2: etwas Neues hinbauen. Die Fehler des Vorgängerbaus vermeiden (besserer Hochwasserschutz) und auch optisch was Neues bieten. Möglichkeit Nummer 3: gar nichts hinbauen – dann würde die Altstadtkulisse besser wirken können. Diese dritte Alternative kam allerdings für den Architekten Walter Schwetz, das Kindergartenpersonal und die Bauherren nicht in Frage. Man habe überlegt, wem die Stadt, wem dieser Platz gehöre. Und sei zu dem Ergebnis gekommen: Natürlich haben auch die Kinder Anrecht auf ihren Raum in einer Stadt. Und auf gute Architektur sowieso. Wer den Kindergarten besichtigt, wird bestätigen können, dass für die Kleinen ein großartiges Umfeld geschaffen wurde: helle Räume mit viel Holz, große Fensteröffnungen, wunderbare Ausblicke auf den Inn und auf Mariahilf, praktische Infrastruktur und hochwertiges Design.

Was von innen überzeugt, ist von außen immer noch einiger Kritik ausgesetzt. Um künftig Hochwasserschäden zu vermeiden, steht der Kindergarten-Bau auf Stelzen. Natürlich verdeckt er so etwas mehr Fassadenfläche des dahinterliegenden historischen Stadtbildes als zuvor. Doch gegen das riesige Kirchengebäude von St. Michael wirkt der Kindergarten immer noch winzig. Die Kindergartenkinder profitieren von dem Stelzenbau: Zu ihrem Garten haben sie so eine überdachte Freifläche dazugewonnen – mehr Platz zum Spielen und Toben, und das selbst, wenn das Wetter mal nicht ganz mitmacht. Die Fassade aus vorvergrautem Tannenholz ist ebenfalls Anlass für Kritik: zu modern, nicht kompatibel mit den historischen Bauten. Glücklicherweise hat sich der Entwurf von Architekt Walter Schwetz aber durchgesetzt: Wer heute von der Innstadt auf die Bebauung entlang der Innpromenade schaut, dem wird der Kindergarten nicht negativ auffallen. Die Holzfassade hält sich dezent zurück, wirkt bei genauerem Hinsehen trotzdem modern, ohne sich aufzudrängen. Und die Kinder genießen die beste Architektur, die sie an dieser Stelle bekommen konnten. Dafür müssen sie das architektonische Konzept nicht verstehen – in ausgezeichneter Architektur fühlt man sich wohl, ohne darüber nachdenken zu müssen.

Last-Minute-Tipp Architektouren: Pfarrheim Herz Jesu in Ingolstadt

Neubau Pfarrheim Herz Jesu in Ingolstadt Innenraum

Beton ist der Baustoff, der den Charakter des Pfarrheims Herz Jesu bestimmt. Dazu wird Eichenholz kombiniert. Foto: Florian Holzherr

Während ich mir bei den Architektouren an diesem Wochenende ausschließlich Wohnhäuser anschauen werden – andere Projekte schaffe ich zeitlich nicht –, kann ich euch nur empfehlen, auch öffentliche Bauten und kommunale Projekte zu besichtigen, wenn ihr Zeit habt. Da gibt es wirklich innovative Architektur zu sehen. Für alle, die in und um Ingolstadt wohnen, habe ich noch einen Last-Minute-Tipp: Am Samstag, 25. Juni 2016, kann um 11 Uhr das Pfarrheim Herz Jesu in Ingolstadt anlässlich der Architektouren besichtigt werden.

Der Neubau ersetzt den in der Nachkriegszeit als Notkirche gebauten und später als Pfarrheim genutzten Vorgängerbau. Der klare, minimalistische Baukörper sorgt für Kontraste: zur denkmalgeschützten Betonkirche mit überdachtem Umgang von 1963 genauso wie zu den Einfamilienhäusern in der Nachbarschaft. Holz, Glas und Beton prägen den Bau.

Außenansicht Pfarrheim Herz Jesu in Ingolstadt

Die städtebauliche Setzung des Neubaus entlang der Straße signalisiert ein offenes, einladendes Haus. Foto: Florian Holzherr

Die Planung stammt von den Münchner Architekten bodensteiner ∙ fest, Annette Fest und Christian Bodensteiner. Ein offenes, einladendes Haus wollten sie bauen. Das zeigt sich sowohl daran, dass der Neubau an der Straße liegt, als auch an der Öffnung des Saals zum öffentlichen Raum. Mobile Trennwände machen die Fläche gut nutzbar.

Gestaltungsprinzip sind die an den Außenecken – zum Teil übereck – angeordneten Öffnungen, die die Fassade gliedern. Im kleinen Saal im Obergeschoss wiederholt sich die Übereckverglasung vertikal in Form einer Überkopfverglasung.

Garderobenhaken im Pfarrheim Herz Jesu in Ingolstadt

Anstelle einer Garderobe wurden eigens für das Projekt konzipierte Garderobenklapphaken aus Schwarzstahl flächenbündig in die Betonwand des Foyers eingelassen. Foto: bodensteiner · fest architekten stadtplaner bda

Wie bei der denkmalgeschützten Kirche ist Beton der Baustoff, der den Charakter des Gebäudes bestimmt. Minimalistisch werden Sichtbetonwände und -decken mit Eichenparkett und dem silbernem Eichenholz der Türen, Verkleidungen und Einbauten kombiniert. Verbunden mit einem zurückhaltenden, fein abgestimmten Farbkonzept verleiht dies den Räumen eine ruhige und warme Ausstrahlung.

Wer das Pfarrheim Herz Jesu besichtigen will: Die Adresse lautet Zeppelinstraße 88 in 85051 Ingolstadt. Termin ist Samstag, 25. Juni 2016, um 11Uhr. Weitere Informationen gibt es auf der Projektseite der Architektouren.

Lasst euch das nicht entgehen! Tipps für die Architektouren 2016

Architektouren 2016 Booklet und Datenbank

Mein Architektouren-Zeitplan für 25. und 26. Juni 2016 steht fest: Auf den Internetseiten der Architektenkammer und im Architektouren-Booklet habe ich alle Projekte ausgewählt, die mich interessieren. Foto: Karin Polz

Das Wochenende der Architektouren – meist so Ende Juni – ist einer meiner liebsten Termine im Jahr. Schon Wochen vorher schaue ich, welche Projekte in und um Passau angeboten werden, und mache mir einen Plan, welche Termine ich nicht verpassen will. Und ich kann nur jedem raten: Schaut mal nach, ob euch was von dem reichhaltigen Angebot 2016 interessiert – hier sind ein paar Tipps für alle, die die Architektouren noch nicht kennen.

Was sind die Architektouren überhaupt?

Jedes Jahr veranstaltet die Bayerische Architektenkammer die Architektouren. Besonders interessante Architektur-Projekte werden ausgewählt und öffnen dann an einem Juni-Wochenende ihre Türen für Besucher. Dieses Jahr am 25. und 26. Juni 2016. Die Projekte reichen vom sanierten Einfamilienhaus über die Dreifachturnhalle bis zu Grünanlagen und Parks. Zum festgelegten Termin darf man sich das Projekt anschauen und kann Bauherren und Architekten treffen.

Woher weiß ich, was es zu sehen gibt?

Eine Übersicht über die Projekte – in Bayern sind es dieses Jahr 289 – gibt es hier auf den Internetseiten der Architektenkammer. Bei der Projektsuche eingeben, was interessiert: Projekte in einem bestimmten Regierungsbezirk oder einem bestimmten Ort oder eine besondere Kategorie (zum Beispiel nur Sanierung und Denkmalschutz). Schon spuckt die Datenbank die passenden Termine aus.

Muss ich mich anmelden?

In der Regel nicht. Aber einige wenige Hausbesitzer, die ihre Türen für Architekturfans öffnen, möchten vorher lieber wissen, wer und wie viele Leute kommen. Oder nur auf Anfrage überhaupt ihre Adresse preisgeben. Bei der Projektbeschreibung steht dabei, ob man sich anmelden muss. Falls es nicht explizit verlangt wird: einfach hingehen.

Wie läuft so eine Besichtigung dann ab?

Auch das ist individuell. Der Normalfall ist: Man geht zum angegebenen Zeitpunkt oder im angegebenen Zeitraum zu der Projektadresse und schaut einfach, was angeboten wird. Manchmal ist das Projekt nur eine Stunde lang zu sehen, manche Veranstalter empfangen Besucher den ganzen Nachmittag über. Manchmal gibt es einen Sammelpunkt (am Eingang zum Beispiel), dort holt der Architekt die Interessenten ab (manchmal in Kleingruppen) und führt sie durch das Bauprojekt. Oft kann man sich in dem Haus oder der Wohnung auch ganz frei bewegen und Architekt und Bauherr stehen einfach für Fragen zur Verfügung. Manchmal sind alle Räume zugänglich, manchmal wollen die Bauherren nur einen Teil ihrer Wohnung zeigen. Manchmal gibt es Sekt zur Begrüßung und ein richtiges Nachbarschaftsfest anlässlich der Architektouren, manchmal machen sich die Bewohner der Räume auch ganz aus dem Staub und überlassen dem Architekten, das Projekt vorzustellen. Manche Architekten bereiten eine kleine Ausstellung über ihr Projekt vor, manche zeigen sogar Filme. Andere sehen die Architektouren weniger als Präsentation, denn als lockeren Gedankenaustausch mit den Besuchern. Keine Angst, wenn ihr zum ersten Mal zu den Architektouren geht: Jeder Termin ist anders, und die Verantwortlichen sagen euch meist ganz genau, wie es ablaufen soll.

Ist das nicht blöd, wenn fremde Menschen durchs Haus laufen?

Nein, ist es nicht! Aus eigener Erfahrung als Teilnehmerin der Architektouren 2010 kann ich sagen: Viel schlimmer wäre es für mich gewesen, wenn ich mich und mein Haus auf die Architektouren vorbereitet hätte (übrigens bis zwei Uhr morgens vor dem Termin) und dann niemand gekommen wäre. Man wünscht sich ja schon, dass sich viele Leute für das eigene Projekt interessieren. Man hat schließlich viel Zeit und Geld investiert und ist irgendwie auch stolz darauf, dass man ein tolles Haus gebaut hat. Intime Einblicke muss man ja nicht gewähren. Man räumt ja eh alles weg, was Fremde nicht sehen sollen.

Gibt es einen Knigge für Architektouren-Besucher?

Aus meiner Erfahrung muss ich sagen, dass sich sowohl bei meiner eigenen Architektouren-Veranstaltung auch bei den Terminen, auf denen ich als Besucher war, immer alle Leute sehr anständig verhalten haben. Ein paar grundlegende Verhaltensweisen verstehen sich von selbst: Nicht mit dreckigen Schuhen durchs Haus laufen. Wenn Türen geschlossen sind, soll man da wohl nicht reingehen. Wer sich unsicher ist, wo er überall hingehen darf, lieber fragen! Nicht einfach alles anfassen – weder das Bücherregal durchkramen noch die Küchenschränkchen öffnen oder sich womöglich einfach aufs Bett setzen. Und was ich persönlich raten würde: Wenn man in dem Haus Fotos machen will, weil man zum Beispiel die Regallösung gut findet oder die Dekoideen oder seinem Architekten zeigen will, wie man sich die Treppe oder den Balkon vorstellt, dann bitte auch vorher fragen! Meistens darf man ja eh Fotos machen. Aber den Hausbesitzern ist es dann doch lieber, wenn sie wissen, wofür das Foto verwendet wird. Ich selbst war total platt von den vielen Leuten, die gleichzeitig im Haus waren. Man beantwortet mal hier eine Frage, mal dort, aber eigentlich verliert man voll den Überblick. Wenn man also ausführlich mit Bauherrn oder Architekt reden will, lieber warten, bis der Besucheransturm weg ist, oder nachfragen, ob man sich mal außerhalb der Architektouren mit seinen Fragen melden darf.

Also, jetzt seid ihr vorbereitet für die Architektouren. Sucht euch spannende Projekte aus! Ich werde unter anderem das Low-Budget-Stadthaus in Passau anschauen, das Haus am Hang in Passau und ein Projekt in Fürstenzell. Sehr spannend finde ich ein saniertes Elternhaus in Pocking, das jetzt ein Drei-Generationen-Haus ist. Ob ich das aber zeitlich schaffe, muss ich am Samstag sehen. Und auch das Wohnhaus im ländlichen Raum in Bergham wird je nach Zeitbedarf bei den anderen Projekten höchstens spontan besichtigt werden.

Architektouren 2015: Von der Scheune bis zum Ufo

Willkommen im alten Stadthaus, das so frisch saniert ist, dass sogar das Treppenhaus richtig erstrahlt.

Willkommen im alten Stadthaus, das so frisch saniert ist, dass sogar das Treppenhaus richtig erstrahlt. Foto: Karin Polz

Wenn man innerhalb von zwei Tagen einen modernen Anbau an einen alten Bauernhof, ein renoviertes Stadthaus, ein Praxisgebäude im Bungalowstil und eine profanisierte Kirche besichtigen kann, dann sind wieder Architektouren. Heuer waren die Projekte in und um Passau besonders vielfältig.

Typisch für Passau ist wohl das Stadthaus in der Großen Messergasse 8, das von Architekt Klaus Meyer saniert wurde. Irgendwie ist alles ein bisschen verschachtelt, die breite Steintreppe führt von Etage zu Etage an immer wieder anders geformten prächtigen Fenstern und Türen vorbei. Oben sieht man: Da ist mal irgendwas zusammengewachsen, heute ist dort innen, wo früher mal ein Fenster war. Beeindruckend, wie die neu renovierten Wohnungen mit uralten Holzdielen, stuckverzierten Decken und alten Türen, teils noch mit Kastenschlössern, Charme und Gemütlichkeit ausstrahlen.

Ganz im Gegensatz dazu steht ein Beispiel, wie man heute auf kleiner Fläche zeitgemäß baut. „Das kleine Haus“ in Grubweg vom Architekturbüro Schildhammer hat nur 118 Quadratmeter Nutzfläche, ist aber dennoch vollwertig und vorzeigbar. Graue Vorhänge in Filzoptik teilen die Räume auf, nirgends wird auch nur ein Quadratzentimeter verschenkt. Besonders gemütlich: ein tiefes Fenster im Essbereich, auf dessen Fensterbank man bequem sitzen kann.

Blickfang im sanierten Stadthaus: die schwarze Tür im weißen Treppenhaus.

Blickfang im sanierten Stadthaus: die schwarze Tür im weißen Treppenhaus. Foto: Karin Polz

Ganz anders und für mich das beeindruckendste Projekt in diesem Jahr ist der Schneiderhof Germannsdorf, für den es sich wirklich gelohnt hat, diesmal bei den Architektouren auch eine Fahrt in die Gemeinde Hauzenberg einzuplanen. Architekt Stefan Hiendl und die sympathische Baufamilie haben durchs Haus geführt, alle Fragen beantwortet und sogar noch Kaffee und Kuchen bereitgehalten. Eine Scheune wurde auf dem Hof abgerissen, ein moderner Anbau für die Familie stattdessen erstellt. Mit viel Holz wirkt er innen wie außen traditionell und zugleich modern. Innen beeindrucken im ersten Stock die teils hohen Decken und Sichtbeziehungen zwischen Küche, Wohn- und Essraum. Die Ausblicke durch die großen Fenster sind wohl einmalig. Und besonders gerne hätte ich auch so eine Terrasse beziehungweise Balkon: groß, gemütlich und mit perfekter Aussicht. Besonders schön war zu sehen, dass die Bauherren immer das Budget im Auge behalten konnten, aber dennoch an Stil und Optik nicht gespart haben.

„Haus K“, ein Praxisgebäude für Naturheilkunde von Schmid Architekten Passau, hebt sich im Gegensatz dazu ganz von traditionellen Häusern ab: Wie ein Ufo steht der eingeschossige Bau mit Flachdach im Garten des dazugehörigen Wohnhauses. Drei Seiten des Gebäudes sind verglast, ein Vorhang bietet Sicht- und Sonnenschutz. Innen ist alles weiß und dennoch nicht steril. Da hat sich jemand getraut, mal was ganz anderes zu bauen – etwas sehr Stilvolles, würde ich sagen. Architekt Christopher Schmid konnte mich schon vor zwei Jahren mit dem „Haus Z“ begeistern, darum wollte ich mir dieses Projekt unbedingt ansehen.

Die Glasfenster in der Heiliggeist-Kirche wurden bei der Renovierung wieder eingesetzt

Die Glasfenster in der Heiliggeist-Kirche wurden bei der Renovierung wieder eingesetzt. Foto: Hendrik Schwartz

Um die Vielfalt der Architektouren 2015 zu erfahren, lohnte sich auch ein Besuch der profanisierten Heiliggeist-Kirche in Passau. Das Architekturbüro Paukner, schon in den vergangenen Jahren mit bedeutenden alten Gebäuden wie dem Niederhaus bei den Architektouren vertreten, hat hier ganze Arbeit geleistet. Und Norbert Paukner konnte viel Interessantes darüber erzählen, so dass ihm die Aufmerksamkeit der Besucher gewiss war.

Raum für Vergangenheit und Gegenwart

Besprechungen werden bei Heininger-Ingenieure in der Holzbox abgehalten − bei guter Akustik.

Besprechungen werden bei Heininger-Ingenieure in der Holzbox abgehalten − bei guter Akustik. Foto: Tina Weber

Wenn ein Haus mit 800-jähriger Geschichte und ein modernes Büro aufeinandertreffen, dann ergibt sich eine spannende Mischung. Und im Fall von Heininger-Ingenieure eine äußerst gelungene und stilvolle noch dazu. Am Samstag, 27. Juni, von 11 bis 12.30 Uhr, können sich alle Interessierten selbst davon überzeugen: Im Rahmen der „Architektouren“ der Bayerischen Architektenkammer kann das Büro im denkmalgeschützten Altstadthaus in der Schrottgasse 8 in Passau besucht werden. Dann wird auch Innenarchitektin Stephanie Ach da sein, um den Besuchern die Räume zu zeigen.

Im Hauptraum mit den Arbeitsplätzen beeindruckt die jahrhundertealte Holzdecke.

Im Hauptraum mit den Arbeitsplätzen beeindruckt die jahrhundertealte massive Holzdecke. Foto: Tina Weber

„Die Räumlichkeiten an sich sind schon besonders“, erklärt die Innenarchitektin die Ausgangslage. Mit Bauherrn Karl-Heinz Heininger war sie sich einig, dass die Geschichte des Altstadthauses auch künftig präsent bleiben soll.

Überall in dem Altstadthaus, das zwischen 2009 und 2011 unter Federführung des Architekturbüros Andreas Schmöller saniert wurde, − Karl-Heinz Heininger war dabei für die Statik zuständig − sind Bezüge zur Historie des Hauses sichtbar. Eindrucksvoll ist die Holzdecke im jetzigen Arbeitsbereich: Sie hat den zweiten großen Stadtbrand in Passau im Jahr 1680 überstanden und ist damit etwas ganz Besonderes − „daher wollte ich zur Decke einen Respektabstand halten“, sagt Karl-Heinz Heininger. So wurden anstelle von Schränken die Schreibtische breit und tief genug geplant, um Stauraum auf der Rückseite zu bieten.

Im Büro von Karl-Heinz Heininger wurde an der Wand ein Fenster aus romanischer Zeit freigelegt.

Im Büro von Karl-Heinz Heininger wurde an der Wand ein Fenster aus romanischer Zeit freigelegt. Foto: Tina Weber

Vom Bauwesen und dem Handwerk vergangener Zeiten erzählen nicht nur das Fenster aus romanischer Zeit, das an einer Wand freigelegt wurde, und die Deckenmalerei im Archivraum. Auch das Gewölbe im Eingangsbereich ist historisch interessant − und war gestalterisch eine Herausforderung. Ein Besprechungsraum sollte hier entstehen, doch Einteilung und Schallentwicklung waren nicht ganz einfach. So entwarf Stephanie Ach eine „Besprechungsbox“, die frei im Raum steht. Im Inneren mit Filz ausgekleidet, sorgt sie für gute Akustik.

Dieser Text ist auch in der Passauer Neuen Presse vom 27. Juni 2015 erschienen.

Nicht verpassen: die Architektouren 2015

Bestens vorbereitet für die Architektouren 2015: Dank Zeitungsartikel und Projektübersicht habe ich schon ausgesucht, was ich besichtigen werde. Foto: Karin Polz

Bestens vorbereitet für die Architektouren 2015: Dank Zeitungsartikel und Projekt-Booklet habe ich schon ausgesucht, was ich besichtigen werde. Foto: Karin Polz

Einer meiner Lieblingstermine im Jahresverlauf steht wieder an: die Architektouren. Nicht nur, dass ich bei der Veranstaltung schon viele schöne Gebäude bewundert habe, ich war sogar 2010 mit meinem Haus selbst dabei und bin immer noch stolz, dass so viele Menschen mein Haus anschauen wollten. Klar, nervös war ich damals schon auch. Aber alle Besucher haben sich mustergültig verhalten, und ich habe nette und interessante Gespräche geführt.

284 Projekte sind heuer, im Jahr 2015, beim 20. Jubiläum der Veranstaltung dabei, und ich verrate euch mal, was ich mir anschauen werde.

Wenn ich mich früh genug aufraffen kann, schaue ich mir am Samstag, 27. Juni 2015, zwischen 11 und 13 Uhr in Hauzenberg im Landkreis Passau ein Bauernhaus an, das „einfach weitergebaut“ wurde. Verantwortlich sind Hiendl Schineis Architekten.

Danach wird es wohl zum denkmalgeschützten Stadthaus in Passau in der Großen Messergasse gehen, das Architekt Klaus Meyer saniert hat. Von 14 bis 16 Uhr ist es am Samstag, 27. Juni 2015, und am Sonntag, 28. Juni 2015, zu besichtigen.

Genau dieselben Besuchszeiten sind auch für „das kleine Haus“ in der Dr.-Fritz-Ebbert-Straße in Passau vom Architekturbüro Schildhammer und das Haus K in der Gartenstraße in Passau von Schmid Architekten vorgesehen. Sehen will ich beide, mal schauen, was ich am Samstag schaffe und was am Sonntag.

Nicht anschauen werde ich mir übrigens das Büro von Heininger Ingenieure in der Schrottgasse in Passau – das habe ich nämlich schon gesehen und mich mit Innenarchitektin Stephanie Ach darüber unterhalten. Ich kann nur raten, den Besuchstermin am Samstag von 11 bis 12.30 Uhr wahrzunehmen. Wer es verpasst: Ich schreib vielleicht hier was drüber!

Einen netten Sonntagstermin kann ich mir noch um 11 oder 13 Uhr bei der Besichtigung der profanierten Heiliggeist-Kirche in Passau vorstellen. Verantwortlich ist das Architekturbüro Paukner, dessen Architektouren-Projekte ich mir auch schon in den vergangenen Jahren gerne angesehen habe.

Und dann ist ja am Sonntag auch noch Tag der offenen Gartentür, ebenfalls mit einem sehr ausführlichen Programm. Ich bin mir sicher: Das wird ein spannendes Wochenende!