Holz auf Holz: Wohnen im Blockhaus

Außenansicht Blockhaus von Jürgen und Jitka
Jürgens und Jitkas Blockhaus wurde 2011 gebaut und steht in Kärnten. Foto: privat

Ein Blockhaus – das verbinden viele mit einem einfachen Leben in der Natur Kanadas oder Skandinaviens. So falsch liegen sie damit gar nicht. Bis auf die Tatsache, dass es sich auch in anderen Regionen gut im Blockhaus leben lässt. Zum Beispiel in Kärnten: Jürgen und Jitka haben 2011 in dem österreichischen Bundesland, rund 10 Minuten von Klagenfurt entfernt, ihr Traumhaus gebaut – in Blockbauweise, Holz auf Holz, einfach, natürlich und mit viel Eigenleistung.

Naturnah wohnen

Dass Holz zu ihrer Lebensweise passt, das wird schnell klar, wenn man sich mit Jürgen unterhält: Er schätzt die Natur, baut in seinem Garten Salat, Kräuter, Tomaten, Stachelbeeren, Ribisl an. Er freut sich über die Hornissen, Rehe und Fledermäuse, die sich auf dem 960 Quadratmeter großen Grundstück heimisch fühlen. Als er und seine Frau Jitka überlegten, in ein eigenes Haus zu ziehen, schauten sich die beiden alte Bauernhöfe an, die zum Verkauf standen. Die meterdicken Wände, einfach und massiv gebaut, hätten ihnen auch gefallen. Es wurde dann doch ein Holzblockhaus, und das bereuen sie bis heute nicht.

Garten von Jürgen und Jitka in Kärnten
Naturnah leben – klar, dass rund ums Blockhaus ein Garten angelegt wurde. Foto: privat

Schon bei der Planung haben sich Jürgen und Jitka auf ihre eigenen Ideen, ihre individuellen Vorstellungen vom eigenen Zuhause verlassen: Sie haben selbst Pläne gezeichnet,  verschiedene Firmen angeschrieben und Angebote eingeholt. Mit der Firma Scandinavian Blockhaus aus St. Florian in Österreich setzten sie ihre eigenen Entwürfe schließlich um: 126 Quadratmeter, komplett aus oberösterreichischem Fichtenholz, mit gemauertem Keller, einem massiven Ziegeldach und Holz-Alufenstern von Josko. Eine Pelletheizung sorgt für Wärme und Warmwasser, unterstützt von 16,8 Quadratmetern Solarkollektoren auf dem Dach.

Viel Eigenleistung und „Learning by doing“

Bemerkenswert ist, wie viel Eigenleistung Jürgen und Jitka in das Haus gesteckt haben – einem sechsstelligen Betrag entspricht der Anteil der eigenen Arbeiten, hat Jürgen ausgerechnet. Den gesamten Innenausbau haben die beiden selbst gemacht, obwohl sie damit vorher kaum Erfahrungen gesammelt hatten. „Learning by doing“, so ihr Motto – und es hat geklappt. Loslegen konnten sie direkt nachdem Scandinavian Blockhaus in nur siebeneinhalb Arbeitstagen das Haus aufgestellt hatte, inklusive Fenster. Nach sechs Monaten sind Jürgen und Jitka eingezogen, da waren die Küche und das halbe Schlafzimmer fertig, alles andere wurde nach und nach erledigt.

Bau des Holzhauses
Mit dem Kran werden die einzelnen Holzbalken aufeinandergeschichtet. Foto: privat
Rohbau des Blockhauses
Nach siebeneinhalb Tagen war das Blockhaus inklusive Fenster aufgestellt und bereit zum Dachdecken. Foto: privat

Alles selber zu machen ohne fachliche Vorkenntnisse – eine Vorstellung, die viele Bauherren Magenschmerzen bereiten würde (und auch von Jürgen und Jitkas Bekanntenkreis teils skeptisch beäugt wurde). Aber Jürgen sieht es positiv: „Ich habe so viel lernen dürfen, man kann wirklich viel selber schaffen.“ Fliesen legen, verkabeln, Fußbodenheizung legen – alles kein Problem. Und offensichtlich ein so großes Vergnügen, dass Jürgen und Jitka nach dem Haus auch die Garage selbst gebaut haben, das Fundament für das Gartenhaus und diverse Hochbeete.

Raffinierte Lösung für den Estrich

Arbeiten, bei denen sich Jürgen als „völlig talentfrei“ einstuft – zum Beispiel Verputzen – sind ihm beim Holzhaus erspart geblieben. Auch einen Estrich haben die findigen Bauherren nicht benötigt: Mit Trocken-Estrich-Platten haben sie aufwendige Arbeiten, Feuchtigkeit und Trocknungszeiten vermieden. Und sind damit sogar im Prospekt des Herstellers ihrer Fußbodenheizung gelandet als Beispiel dafür, wie einfach Eigenleistung ist. 

Hochbeete im Garten von Jürgen und Jitka
Im Garten wurde gleich weitergebaut – eines von vielen verschiedenen Hochbeeten. Foto: privat

„Ich würde jederzeit wieder so bauen, und nur so“, beteuert Jürgen und meint damit einerseits die Eigenleistung, die er in sein Haus gesteckt hat und damit was ganz Eigenes und auch Individuelles geschaffen hat. Und andererseits meint er die Blockbauweise. Die ist einerseits recht simpel, andererseits sind auch einige Vorschriften zu beachten, gerade wenn man wie Jürgen einschalig bauen möchte. Das bedeutet, die Außenwände bestehen lediglich aus einer einzigen Wand aus massivem Holz.

Dicke Holzwand sorgt für gute Dämmung

Um eine gute Dämmung zu erhalten, muss die Holzwand eine gewisse Dicke haben, beim Haus von Jürgen und Jitka sind es 20 Zentimeter. Das reicht und hält die Heizkosten unter 500 Euro jährlich, denn Massivholz dämmt hervorragend. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich haben sich die Vorschriften in den vergangenen fünf Jahren aber nochmal geändert und sind zum Teil strenger geworden. Scandinavian Blockhaus, das Unternehmen, das Jürgen und Jitkas Haus gebaut hat, wirbt damit, dass ihr 28-Zentimeter-Massivblock ausreicht, um den aktuellen österreichischen Wärmeschutzbestimmungen zu entsprechen und – auch das ist für viele wichtig – eine Wandaufbau mit purem Holz, ohne Folien und Klebebänder zu ermöglichen.

Außenansicht des Blockhauses mit Eingangstür
Im Gegensatz zu den sehr rustikalen Blockhäusern aus Rundbohlen ist Jürgen und Jitkas Haus aus Vierkantblöcken gebaut – das ergibt eine glatte Fassade. Typisch sind die überkreuzten Balken an den Ecken des Hauses. Foto: privat

Wer weniger Massivholz einsetzen will, kann die Wand eines Blockhauses auch schmaler bauen und dämmen. Dann wird außen oder innen Dämmmaterial auf die Wand aufgebracht. Das heißt aber auch, dass man auf einer Seite die schöne Optik der Blockwand nicht mehr zu sehen bekommt. Alternativ gibt es die Doppelblock-Bauweise: Dann besteht die Wand aus zwei parallelen Blockwänden mit einer Zwischendämmung. Blockhaus ist also nicht gleich Blockhaus – denn neben der Frage, ob und wie gedämmt werden soll, stellt sich auch die Frage, ob mit Rundbohlen oder Vierkantblöcken gebaut wird.

Detailansicht der Eckkonstruktion des Blockhauses
Hier sieht man, dass jeder Balken aus verleimten Massivholzelementen besteht. Das gewährleistet größere Formstabilität. Foto: privat

Bestehen in klischeehaften Vorstellungen Blockhäuser fast immer aus Rundbalken, so sieht die – unter anderen den Bauvorschriften geschuldete – Wirklichkeit meist anders aus: Ein einzelner Holzbalken des Blockhauses ist vierkantig und besteht aus mehreren verleimten Massivholzelementen. Das garantiert höhere Formstabilität.

Blockhaus: Alte Bauweise neu interpretiert

Aufeinandergeschichtet und befestigt werden die Blockhausbalken ganz einfach: Verbunden durch Nut und Feder werden die Balken übereinandergestapelt, überkreuzen sich an den Ecken. Und genau dort wird ein Loch durch alle Schichten gefräst und eine Gewindestange eingebracht. Übrigens: Im niederbayerischen Raum war die Blockbauweise früher recht verbreitet. Viele alte Bauernhäuser besitzen Teile in Blockbauweise.

Einfach, aber durchdacht. Naturnah, aber modern. Für Jürgen und Jitka ist ihr Blockhaus ihr Traumhaus. Sie haben sich getraut, genau so zu bauen, wie es ihrer Überzeugung und ihrer Lebensweise entspricht. Belohnt werden sie mit dem guten Gefühl, ein perfektes Zuhause gefunden zu haben.

Außenansicht des Blockhauses mit Balkon
Durch die Hanglage liegt die Terrasse im Erdgeschoss erhöht und bietet einen guten Ausblick über den Garten. Foto: privat
Innenansicht Blockhaus in Kärnten
Auch im Innern dominiert Holz und sorgt für eine warme Wohnatmosphäre. Foto: privat

Das kannst du doch nicht machen! – Teil 5: Ein Holzhaus bauen

Vorgefertigte Wandelemente werden an der Baustelle zusammengefügt.

Ein Haus in Holzständerbauweise ist schnell aufgestellt. Die Innen- und Außenwände werden vorgefertigt. Foto: Karin Polz

Dies ist der fünfte Teil meiner Serie „Das kannst du doch nicht machen!“, und dieser Teil betrifft eine Grundsatzentscheidung, die ich lange vor der Hausplanung getroffen hatte. Wenn bauen, dann mit Holz. Überzeugt haben mich verschiedene Argumente, am meisten aber die Tatsache, dass Holz ein angenehmer, warmer, schöner und nachwachsender Werkstoff ist. Ich mag Holz – das hat es mir leicht gemacht, mein Vorhaben, ein Holzhaus zu bauen, gegen viele Bedenken und Gegenargumente zu verteidigen.

Warum ein Holzhaus?

Den wichtigsten Grund habe ich schon genannt. Aber es gibt auch einige Fakten, die für Holz sprechen:

  • Bauen mit Holz ist nachhaltig. Holz ist ein natürlicher Baustoff. In bayerischen Wäldern wächst mehr Holz nach als geerntet wird. Man kann den Baustoff aus der Region beziehen und damit die Transportwege kurz halten. Mein Haus ist aus heimischem Fichtenholz gebaut, die Fußschwellen sind aus Lärchenholz.
  • Ein Haus aus Holz ist ein Kohlendioxid-Speicher. Während Holz wächst, nimmt es Kohlendioxid auf und bindet es. Ein Kubikmeter Holz bindet 900 Kilogramm Kohlendioxid, sagt die Holzforschung München. Und rechnet vor, dass somit in einem modernen Einfamilien-Holzhaus ungefähr so viel Kohlendioxid gebunden ist, wie emittiert wird, wenn man 40 Jahre lang Auto fährt.
  • Holz sorgt für gutes Klima. Es nimmt Feuchtigkeit auf und gibt sie wieder ab. Und es wird in der Bauphase weniger Wasser ins Haus eingebracht als bei einem Ziegelhaus. Gerade in den ersten Jahren der Nutzung ist es dadurch weniger anfällig für Feuchte- und Lüftungsschäden, bestätigt das Bayerische Institut für nachhaltige Entwicklung.
  • Die Brandgefahr ist nicht höher als bei einem Ziegelhaus, denn Brände gehen meist von der Wohnungseinrichtung aus. Holz brennt äußerst berechenbar, und es entwickelt deutlich weniger giftige Brandgase als andere Baustoffe.
  • Ein Holzhaus wird in der Regel vorgefertigt, die einzelnen Bauteile werden an der Baustelle zusammengefügt. Bei meinem Haus stand nach einem Tag das Erdgeschoss, Obergeschoss und Dach benötigten zwei weitere Tage. Dann ging es schon an den Innenausbau. Ein Holzhaus ist sehr schnell beziehbar – für alle, die zur Miete wohnen, während sie ihr Eigenheim bauen, ist das ein unschlagbarer finanzieller Vorteil.
  • Mit einem Holzhaus haben wir nach damaligem Stand eine weitaus bessere Wärmedämmung erreicht, als es mit einem Ziegelhaus möglich gewesen wäre. Die Dämmung liegt beim Holzhaus in der Wand, hier sind verschiedene Möglichkeiten, wie zum Beispiel Zellulose, möglich. Das heißt, dass bei gleicher Grundfläche das Holzhaus mehr Wohnfläche bietet, weil die Außenwände dünner geplant werden können. Fünf bis zehn Prozent Wohnflächengewinn errechnet das Bayerische Institut für nachhaltige Entwicklung.

Ist ein Holzhaus billiger?

Das halb fertige Haus am zweiten Tag der Bauphase

Das ist mein Haus am zweiten Tag. Da war bereits das Obergeschoss an der Reihe. Foto: Karin Polz

Es gibt verschiedene Bauweisen, die unter den Begriff „Holzhaus“ fallen. Ein Blockhaus ist anders gebaut als ein Massivholzhaus oder ein Haus in Holzständerbauweise, wie ich es habe. Ich habe damals Angebote für das Haus in Ziegelbauweise und in Holzständerbauweise eingeholt. Da gab es große Preisunterschiede, einige Angebote für Ziegelhäuser waren günstiger als für ein Holzhaus. Rechnet man aber alles mit ein, auch zum Beispiel den höheren Dämmstandard und die kürzere Bauzeit (und damit kürzere Doppelbelastung durch Miete und Baudarlehen), ist der Unterschied verschwindend gering. Das Thema Wiederverkaufswert wird häufig als Gegenargument gegen Holzbau verwendet. Ich bin mir aber sicher, dass es beim Wiederkauf egal ist, ob das Haus aus Ziegel oder Holz ist, solange es in gutem Zustand und ohne Mängel ist und einen niedrigen Energiebedarf aufweist. Für den Wert des Hauses ist sicherlich die Lage wichtiger als die Bauweise.

Und aus architektonischer Sicht?

Musterhaus von Holzbau Sonnleitner mit Holzfassade

Eine Holzfassade kann den Charakter eines Hauses stark prägen und ist damit auf jeden Fall ein wichtiges architektonisches Element, wie hier bei einem Musterhaus von Sonnleitner. Foto: Karin Polz

Unser Plan hätte sich in Ziegel- und Holzbauweise gleichermaßen umsetzen lassen. Die markante Holzdecke in unserem Erdgeschoss ist aber vor allem unserer Entscheidung für die Holzbauweise zu verdanken. Ein Ziegelhaus hätte vielleicht eine Betondecke bekommen – dann wären wir nie auf die Idee mit den weiß lasierten Balken gekommen.

Wer Holz in der Fassadengestaltung schön findet, hat mit einem Holzhaus natürlich vielfältigste Möglichkeiten. Mir gefallen Holzhäuser mit Holzfassade sehr gut – allerdings hat es zu unserer Hausform überhaupt nicht gepasst. Eine Putzfassade lässt sich auch auf Holzwände auftragen: Ein Holzhaus muss nicht auf den ersten Blick als solches erkennbar sein.

Entscheidungshilfen

Ich bin ein absoluter Befürworter von Holzhäusern. Deshalb kann ich hier nicht unparteiisch sein. Ich würde nie mit Ziegel bauen wollen, nachdem ich jahrelang in feuchten Ziegelhäusern gewohnt habe, mit kalten Wänden und mit dauernden Schimmelproblemen. Zu feuchte Luft kenne ich in meinem Haus nicht – manchmal ist es eher zu trocken. Fehlender Schallschutz, der Holzhäusern häufig nachgesagt wird, ist bei meinem Haus kein Problem. Hier entscheidet mehr die Konstruktionsweise als das Baumaterial darüber, wie hellhörig ein Haus ist. Ich jedenfalls finde das Raumklima in meinem Haus sehr behaglich und machen zum großen Teil das Holz dafür verantwortlich. Bauen mit Holz ist meiner Meinung nach eine sehr nachhaltige Möglichkeit, die für Bauherren zudem eine große Sicherheit bietet: Durch die computergesteuerte Vorfertigung der Bauteile sind Präzision und hohe Qualität der Bauteile gewährleistet. Wer sich selbst eine Meinung bilden will, kann natürlich als Alternative zum Internetauftritt des Deutschen Holzfertigbau-Verbands oder des Deutschen Massivholz- und Blockhausverbands zum Beispiel auch beim Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie oder beim InformationsZentrum Beton vorbeischauen.

Hier geht es zu den weiteren Teilen der Serie „Das kannst du doch nicht machen!“:

Teil 1: Bauen ohne Keller

Teil 2: Bauen am Nordhang

Teil 3: Bauen ohne Rollläden

Teil 4: Bauen ohne Wohnzimmer

Teil 6: Bauen ohne Zaun

Teil 7: offener Wohnraum, offene Treppe

„Räumchen wechsle dich“ im Musterhauspark

Fassade des Functionality-Hauses

Die schiebbaren Holzläden prägen die Fassade des Functionality-Hauses von Sonnleitner. Foto: Karin Polz

Noch soooo lange bis zu den nächsten Architektouren (am 25. und 26. Juni 2016), im Freundeskreis hat auch niemand neu gebaut – wenn ich also meinem Hobby „Häuser anschauen“ nachgehen möchte, habe ich momentan nicht viele Optionen. Eine allerdings steht praktisch immer offen: Musterhausparks. Ich kann euch zum Beispiel den Referenzhauspark der Sonnleitner Holzbauwerke in Ortenburg im Landkreis Passau empfehlen. Dort dreht sich alles ums Bauen mit Holz. Besonders beeindruckt hat mich das Plus-Energie-Referenzhaus „Functionality-Haus by Sonnleitner & Häfele“. Nicht nur, weil das Gebäude dank guter Dämmung, Photovoltaikanlage und Wärmepumpe mehr Energie erzeugt als es verbraucht. Sondern auch, weil das Haus im Innern so unglaublich wandelbar ist. Fast alle Räume können einfach umgebaut werden. In dem Maße, wie sich die Lebensumstände der Bauherren mit der Zeit verändern, bleibt auch die Raumnutzung in dem 193-Quadratmeter-Haus flexibel: Erst braucht man vielleicht zwei Arbeitszimmer, dann eher Kinderzimmer, und wenn die Kinder aus dem Haus sind, will man die Räume wieder ganz anders nutzen. Und das ist beim Functionality-Haus möglich. Es ist von Anfang an so geplant, dass sich das Haus flexibel und in unterschiedlicher Raumaufteilung nutzen lässt.

Eingangsbereich und Flur des Functionality-Hauses

Schon im Eingangsbereich erkennt man zwei Besonderheiten des Referenzhauses: viel Holz und viele Schiebe- und Falttüren. Foto: Karin Polz

Ein Haus ohne starrre Wände – wie lässt sich das umsetzen? Hauptsächlich dadurch, dass nur die Außenwände und ein tragendes Treppenhaus feststehen. Alle anderen Unterteilungen sind flexibel. Da gibt es beispielsweise Schiebe- und Faltwände sowie verschiedene Varianten von Schiebetüren. Die Firma Häfele aus Baden-Württemberg, die an diesem Musterhaus fleißig mitgestaltet hat, ist dabei für die innovativen Beschläge zuständig, die es zum Beispiel ermöglichen, dass ein Schreibtisch sich sekundenschnell gekippt und gedreht in die Wand zurückzieht und durch ein Gästebett ersetzt werden kann.

Funktionalität steht aber nicht nur in Bezug auf die Raumnutzung und Einrichtung im Vordergrund. Auch Wohngesundheit und Energieverbrauch sind perfekt durchgeplant: Der ökologische Grundgedanke, den Sonnleitner bei seinen Bauten pflegt, wird auch mittels der Zimmerdecken umgesetzt. Diese bestehen aus Holzlamellen, die nur durch Dübel verbunden sind, keinen Leimanteil besitzen. Die mit Wachs gebeizte Holzdecke sieht modern aus, aber ihre Besonderheit liegt in der großen Masse Holz, die darin verbaut ist. Das viele Holz hat eine Aufgabe: Feuchtigkeit aufzunehmen und abzugeben und somit das Klima im Haus zu regulieren. Eine kontrollierte Be- und Entlüftung kann dadurch umgangen werden.

Wohnraum im Functionality Haus von Sonnleitner

Ein schmales Fenster ist in die Regalwand integriert worden. Rechts daneben ist der Raum durch eine Falttür abtrennbar. Foto: Karin Polz

Wandaufbau aus Holz, Decke aus Holz – und auch bei der Einrichtung spielt Holz die Hauptrolle: Die Böden sind aus geölter Eiche und die Möbel sowieso. Interessant dabei: Auch die Möbel hat Sonnleitner selbst gefertigt, nämlich in der hauseigenen Schreinerei.

Bei der Fassade dagegen steht Holz nicht unbedingt im Blickpunkt. Zwar basiert der energetisch ausgefeilte Wandaufbau auf Holz (mit den Wandsystemen Twinligna und Monoligna). Aber zum Großteil ist die Fassade verputzt, weil sich das viele Bauherren jetzt so wünschen. Auch der fehlende Dachüberstand entspricht dem aktuellen Bau-Geschmack. Blickfang der Fassade sind auf jeden Fall die großen Fenster und die schiebbaren Holzläden.

Es gibt draußen und drinnen bei diesem Referenzhaus so vieles zu entdecken: in den Schrank integrierte Schiebetürlösungen ohne Bodenschiene; Wohnzimmerregale, die ein kleines Fenster umschließen; eine Kochinsel, die sich blitzschnell in einen Tresen verwandelt. Selbst wer nicht bauen will, verbringt im Referenzhauspark von Sonnleitner spannende Stunden. Und lehrreiche noch dazu: Neben mehreren Häusern gibt es auch eine Ausstellung zum Thema „Erlebnis Holz“, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

Die aktuellen Öffnungszeiten des Kundenzentrums und Referenzhausparks finden sich auf der Homepage von Sonnleitner, üblicherweise ist Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr und am Samstag von 10 bis 15 Uhr geöffnet.

Urlaub im Vollholzhotel

Hotel Forsthofalm in Leogang

Wer ins Hotel Forsthofalm will, muss erst einmal ein ganzes Stück den Berg rauf. Oben gibt es dann Natur pur: ein Hotel aus natürlichen Baustoffen und einen freien Blick auf die Bergwelt, die im Sommer Mountainbiker und im Winter Skifahrer nutzen. Foto: Hendrik Schwartz

Strand oder Berge? Metropole oder einsame Insel? Aktiv oder relaxen? Bei der Urlaubsplanung stellt man sich ja so manche Fragen. Aber dass auch „Holzbau oder Massivbau?“ ein Kriterium beim Wahl des Urlaubsziels sein könnte, daran habe ich ehrlich gesagt noch nie gedacht. Obwohl ich stolze Holzhaus-Besitzerin bin und jeden verstehen kann, der das gute Wohnklima im Holzhaus nicht eintauschen möchte. Hotelier Markus Widauer allerdings kennt solche Überlegungen. „Wir haben durchaus auch Gäste, die selbst ein Holzhaus haben und sagen: Wir wollen doch im Urlaub nicht schlechter wohnen als zu Hause.“ In Widauers Hotel Forsthofalm sind sie gut aufgehoben: Als erstes Vollholzhotel im Salzburger Land hat es sich nach Aus- und Umbau 2008 und 2013 einen Namen gemacht.

Blick nach draußen durch eine Glasscheibe im Hotel Forsthofalm.

Die Grenzen zwischen drinnen und draußen verschwimmen im Hotel Forsthofalm. Foto: Hendrik Schwartz

Das Vier-Sterne-Superior-Hotel in Leogang in Österreich wurde 2014 vom Hotelforum sogar als „Hotelimmobilie des Jahres 2014“ ausgezeichnet. Die Jury lobte die Besonderheiten des Hauses: ein stimmiges und nachhaltiges Gesamtkonzept, zeitgemäße, klare und unaufdringliche Architektur, niedrigen Energieverbrauch, natürliche Materialien wie Schiefer, Leder und Holz in den Hotelzimmern.

Mondgeschlagenes Holz aus der Region

Die Materialien sind dabei nicht nur natürlich, sondern auch heimisch. Vor allem das Holz kommt „zu 95 bis 98 Prozent“, wie Markus Widauer sagt, aus der Region und ist mondgeschlagen – auch dieses Detail gehört zur Philosophie der patentierten Thoma Holz100-Bauweise, die auch bei der Forsthofalm zum Einsatz kam. Wahre Massen von Holz werden dabei verbaut, denn die Wände bestehen aus Massivholz, das in mehreren Lagen senkrecht, waagerecht und schräg geschichtet wird.

210.000 Buchenholzdübel ersetzen Leim und Nägel

Wände nach dem Thoma Holz100-System

Blick von oben auf die Holzschichten, aus denen die Wände bestehen. Mehrere Lagen sorgen unter anderem für gute Dämmung. Foto: Hendrik Schwartz

Diese Holzlagen werden von Buchenholzdübel zusammengehalten, die auf null Prozent Restfeuchte getrocknet wurden und dann, an ihrem Einsatzort, wieder Feuchtigkeit aus der Umgebung aufnehmen, quellen und so die Schichten fest aneinanderbinden. Der Holzbau bleibt dadurch komplett leimfrei und metallfrei. Stattdessen wird zum Beispiel die Forsthofalm von 210.000 Buchenholzdübel zusammengehalten.

„Natur ist Freiheit“ lautet das Leitmotiv der Hoteliersfamilie Widauer. Darum sind die wunderbaren Ausblicke durch große Panoramafenster in die Natur auf 1050 Metern Höhe nicht nur architektonisch bedingt. Die Grenzen zwischen drinnen und draußen verschwinden angesichts der großformatigen Fenster. „Die Architektur ordnet sich der Natur unter“, bestätigt der Architekt. Verantwortlich für Architektur und Interior Design war beim Holzhotel Forsthofalm die W2 Manufaktur des Architektenehepaares Nicole Waltl-Piffer und Alfred Waltl aus Leogang. Hochwertiges Handwerk und schlichte, aber aussagekräftige Formensprache waren grundsätzliche Vorgaben für den Bau des siebengeschossigen Vollholzhotels.

Als Holzhausbesitzerin kann ich bestätigen: Ich habe im Hotel Forsthofalm genauso gut geschlafen wie daheim. Aber das wäre für mich nicht der einzige Grund, dort wieder Urlaub zu machen. Ebenfalls überzeugt haben die fantastische Lage mitten am Berg, das ökologische Gesamtkonzept, die auf regionalen Produkten basierende Küche, das erholsame Spa und die nette Gastgeberfamilie. Das Holzhotel sieht mich bestimmt mal wieder!

Architektouren 2015: Von der Scheune bis zum Ufo

Willkommen im alten Stadthaus, das so frisch saniert ist, dass sogar das Treppenhaus richtig erstrahlt.

Willkommen im alten Stadthaus, das so frisch saniert ist, dass sogar das Treppenhaus richtig erstrahlt. Foto: Karin Polz

Wenn man innerhalb von zwei Tagen einen modernen Anbau an einen alten Bauernhof, ein renoviertes Stadthaus, ein Praxisgebäude im Bungalowstil und eine profanisierte Kirche besichtigen kann, dann sind wieder Architektouren. Heuer waren die Projekte in und um Passau besonders vielfältig.

Typisch für Passau ist wohl das Stadthaus in der Großen Messergasse 8, das von Architekt Klaus Meyer saniert wurde. Irgendwie ist alles ein bisschen verschachtelt, die breite Steintreppe führt von Etage zu Etage an immer wieder anders geformten prächtigen Fenstern und Türen vorbei. Oben sieht man: Da ist mal irgendwas zusammengewachsen, heute ist dort innen, wo früher mal ein Fenster war. Beeindruckend, wie die neu renovierten Wohnungen mit uralten Holzdielen, stuckverzierten Decken und alten Türen, teils noch mit Kastenschlössern, Charme und Gemütlichkeit ausstrahlen.

Ganz im Gegensatz dazu steht ein Beispiel, wie man heute auf kleiner Fläche zeitgemäß baut. „Das kleine Haus“ in Grubweg vom Architekturbüro Schildhammer hat nur 118 Quadratmeter Nutzfläche, ist aber dennoch vollwertig und vorzeigbar. Graue Vorhänge in Filzoptik teilen die Räume auf, nirgends wird auch nur ein Quadratzentimeter verschenkt. Besonders gemütlich: ein tiefes Fenster im Essbereich, auf dessen Fensterbank man bequem sitzen kann.

Blickfang im sanierten Stadthaus: die schwarze Tür im weißen Treppenhaus.

Blickfang im sanierten Stadthaus: die schwarze Tür im weißen Treppenhaus. Foto: Karin Polz

Ganz anders und für mich das beeindruckendste Projekt in diesem Jahr ist der Schneiderhof Germannsdorf, für den es sich wirklich gelohnt hat, diesmal bei den Architektouren auch eine Fahrt in die Gemeinde Hauzenberg einzuplanen. Architekt Stefan Hiendl und die sympathische Baufamilie haben durchs Haus geführt, alle Fragen beantwortet und sogar noch Kaffee und Kuchen bereitgehalten. Eine Scheune wurde auf dem Hof abgerissen, ein moderner Anbau für die Familie stattdessen erstellt. Mit viel Holz wirkt er innen wie außen traditionell und zugleich modern. Innen beeindrucken im ersten Stock die teils hohen Decken und Sichtbeziehungen zwischen Küche, Wohn- und Essraum. Die Ausblicke durch die großen Fenster sind wohl einmalig. Und besonders gerne hätte ich auch so eine Terrasse beziehungweise Balkon: groß, gemütlich und mit perfekter Aussicht. Besonders schön war zu sehen, dass die Bauherren immer das Budget im Auge behalten konnten, aber dennoch an Stil und Optik nicht gespart haben.

„Haus K“, ein Praxisgebäude für Naturheilkunde von Schmid Architekten Passau, hebt sich im Gegensatz dazu ganz von traditionellen Häusern ab: Wie ein Ufo steht der eingeschossige Bau mit Flachdach im Garten des dazugehörigen Wohnhauses. Drei Seiten des Gebäudes sind verglast, ein Vorhang bietet Sicht- und Sonnenschutz. Innen ist alles weiß und dennoch nicht steril. Da hat sich jemand getraut, mal was ganz anderes zu bauen – etwas sehr Stilvolles, würde ich sagen. Architekt Christopher Schmid konnte mich schon vor zwei Jahren mit dem „Haus Z“ begeistern, darum wollte ich mir dieses Projekt unbedingt ansehen.

Die Glasfenster in der Heiliggeist-Kirche wurden bei der Renovierung wieder eingesetzt

Die Glasfenster in der Heiliggeist-Kirche wurden bei der Renovierung wieder eingesetzt. Foto: Hendrik Schwartz

Um die Vielfalt der Architektouren 2015 zu erfahren, lohnte sich auch ein Besuch der profanisierten Heiliggeist-Kirche in Passau. Das Architekturbüro Paukner, schon in den vergangenen Jahren mit bedeutenden alten Gebäuden wie dem Niederhaus bei den Architektouren vertreten, hat hier ganze Arbeit geleistet. Und Norbert Paukner konnte viel Interessantes darüber erzählen, so dass ihm die Aufmerksamkeit der Besucher gewiss war.