Einen genaueren Blick wert: das Waldlerhaus

Das Schanzer-Häusl steht heute im Freilichtmuseum Finsterau. Ursprünglich stammt es aus Riedelsbach in der Gegend von Neureichenau im Landkreis Freyung-Grafenau und wird in den Denkmalpflege-Themen als Beispiel für den Typ des Böhmerwaldhauses geannt. Typisch hierfür sind das Steildach und die Verschindelung. Foto: Karin Polz

Denkmalpflege ist nicht unbedingt ein Thema, mit dem man sich in seiner Freizeit beschäftigt. Aber dieses Heft des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege eignet sich sogar als Lektüre auf dem Nachtkästchen oder um sich an einem verregneten Sonntagnachmittag in der Zeit zu verlieren: „Denkmalpflege-Themen: Das Waldlerhaus“. Auf mehr als hundert Seiten geht der Leser hier auf eine Reise durch den Bayerischen Wald zu den Häusern und Höfen der Vergangenheit. Wer hier erfährt, was das Typische am Waldlerhaus ist und war, der wird nie mehr achtlos an alten Bauernhöfen oder fast verfallenen Sacherln vorbeifahren. Denn hinter der Bauweise der Waldlerhäuser steckt eine ganze Kulturgeschichte.

Angepasst an die regionalen Gegebenheiten

Zwischen Passau und Furth waren die Waldlerhäuser vom 17. bis zum 19. Jahrhundert Wohn- und Arbeitsstätte von Waldlern, also von Menschen, die im und vom Wald lebten. Es gibt nicht genau einen Haustyp, der so bezeichnet werden kann – vielmehr sind es viele einzelne Merkmale, die ein Waldlerhaus ausmachen. Im ersten Teil des Heftes beschreibt Anke Borgmeyer ausführlich die Charakteristika und zeigt eindrücklich, wie sie mit der Lebensweise der Bewohner und den Gegebenheiten der Region zusammenhängen.

Blockbauweise und ein hölzerner Schrot

Waldlerhäuser sind ihrer Beschreibung nach kleine, ein- bis zweigeschossige Bauernhäuser; das Erdgeschoss aus Stein, darüber Holzbauten. Zum Teil sind im Erdgeschoss auch Teile in Blockbau erhalten – was alleine schon deshalb spannend ist, weil bei der Blockbauweise jeder erst einmal an Kanada oder Skandinavien denkt. Dabei ist der Blockbau auch bei alten Bauernhäusern üblich gewesen. Typisch für das Waldlerhaus ist der hölzerne Schrot am Giebel – ein Balkon sozusagen, der über die Fassade des Erdgeschosses hinaussteht. Er kann auch verkleidet sein und so als Trockenplatz oder Laube genutzt werden.

340 Waldlerhäuser führe die Bayerische Denkmalliste zurzeit auf, berichtet Anke Borgmeyer im zweiten Kapitel des Hefts. Mehr als hundert Waldlerhäuser mussten allerdings auch aus der Liste gestrichen werden, weil sie einstürzt waren oder als Ruinen abgerissen wurden. Sicher ist: Das Waldlerhaus verschwindet immer mehr, wird vernachlässigt, bis es zusammenfällt, oder wird ohne Rücksicht auf den Denkmalschutz umgebaut. Die Zahlen sind ein Grund, sich die Häuser umso genauer anzuschauen. Wie beispielsweise im dritten Kapitel des Hefts: Markus Hundemer und Marion-Isabell Hoffmann nehmen mit auf eine Fotoreise durch die Landkreise Passau, Freyung-Grafenau, Deggendorf, Regen, Straubing-Bogen und Cham.

Gut erhaltene Häuser in den Freilichtmuseen

Ein weiteres Kapitel widmet sich den Waldlerhäusern in den Freilichtmuseen. Doch am spannendsten sind die Beispiele aus der Praxis: Diese zeigen, wie alte Waldlerhäuser saniert wurden. Durch beeindruckende Vorher- und Nachher-Fotos erfährt man einerseits, wie schwierig die Wiederherstellung oftmals war. Andererseits begeistern die Fotos der sanierten Gebäude. Denn sie zeigen, welche Qualitäten die Waldlerhäuser auch heute noch haben.

Insgesamt gibt das Heft einen guten Einblick ins Thema. Viele alter Häuser des Bayerischen Waldes, an denen man sonst einfach vorbeigefahren wäre, sieht man nach der Lektüre mit ganz neuem Blick.

Das Cover des Heftes, das für jeden interessant ist, der mit offenen Augen für Architektur und Tradition durch den Bayerischen Wald fährt.

Das Heft „Denkmalpflege-Themen: Das Waldlerhaus“ (Nummer 1/2017) des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege steht im Internet als PDF zum Download bereit oder kann kostenlos bestellt werden unter beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege per E-Mail an publikationen@blfd.bayern.de.

Architektouren 2019: Hier trefft ihr mich am 29. Juni 2019

Die schwarzen Markierungen auf diesem Screenshot zeigen, wo in Passau Architektur-Projekte bei den Architektouren 2019 zu sehen sind. Ein weiteres Projekt in Passau ist übrigens am Sonntag zu besichtigen: Die Motorradwerkstatt in der Traminer Straße 2 in Kohlbruck.

Mein Lieblingswochenende naht: Am 29. und 30. Juni 2019 finden wieder die Architektouren statt. Wer meinen Blog schon länger liest, kennt die Architektouren (und meine Begeisterung für die Veranstaltung) bereits. Für alle anderen eine kurze Erklärung: Die Bayerische Architektenkammer gibt Interessierten jedes Jahr die Möglichkeit, besonders sehenswerte architektonische Projekte zu besuchen, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und mit Bauherren und Architekten ins Gespräch zu kommen – sozusagen ein „Tag der offenen Tür“ in gleich mehreren Häusern und Gebäuden für Architekturfans. 244 neue Vorzeigeprojekte an 148 Orten in Bayern öffnen ihre Türen am 29. und 30. Juni 2019 – und davon auch einige in Niederbayern.

Vier Projekte in Passau am Samstag

In Passau sind die meisten Architektouren-Termine am Samstag. Weil alle in der Innenstadt liegen, lassen sich die Termine perfekt verbinden. Mit guter Organisation wird das ein netter und sicher auch spannender Tag in Passau. Meine Zeitplanung für den 29. Juni 2019 ist voraussichtlich folgendermaßen:

11 Uhr: Studentenappartements in der Innstadt

Im Innstadtkellerweg 11 zeigt das Architekturbüro Norbert Paukner einen Neubau: Eingebettet in den historischen Gebäude- und Baumbestand sind hier Studentenappartements entstanden. Das Architekturbüro Paukner war schon öfter bei den Architektouren dabei. 2013 zum Beispiel mit der Veste Niederhaus. Einen zweiten Termin für die Studentenappartements gibt es übrigens um 14 Uhr.

13 Uhr: Mehrfamilienhaus Schiller8

Auf dieses Projekt bin ich sehr gespannt – denn in der Schillerstraße habe ich viel Zeit verbracht, als ich noch Studentin war. Meine beste Freundin hat dort lange gewohnt, und drei gute Freunde hatten eine Wohngemeinschaft in der Schillerstraße 6 – wenn ich mich nicht irre. Womöglich war es sogar die Hausnummer 8. Aber das werde ich ja am Samstag feststellen. Koller Singhof Architekten zeigen jedenfalls, wie sie den Bestand aus dem 19. Jahrhundert umgebaut haben. Angekündigt mit den Worten: „Schönes erhalten, Neues hinzugefügt, Charakter bewahrt.“ Ein zweiter Termin für Schiller8 ist bereits um 11 Uhr angesetzt, aber da bin ich noch bei den Studentenappartements.

14 Uhr: Büro im Schanzlturm

Zum Glück ist es nicht weit von der Schillerstraße zum Schanzlturm. Denn eine Stunde später steht schon das nächste Projekt auf dem Terminplan. Das Büro Thomas Goller hat ein Büro im markanten Hochhaus „Schanzlturm“ ausgebaut. Der Blick auf das Oberhaus ist bestimmt sehr schön, den Rest werde ich am Samstag zu sehen bekommen. Hier ist um 14 Uhr Treffpunkt vor dem Gebäude,

15.30 Uhr: Denkmalgeschütztes Stadthaus im Steinweg

Letzte Adresse am Samstag in Passau ist dann Steinweg 2. Hier haben Wörlen + Partner und Eizenhammer Architektur ein denkmalgeschütztes Stadthaus mit fünf Wohneinheiten und einem Laden saniert. Schön öfter waren Sanierungsprojekte in der Altstadt bei den Architektouren dabei, und immer waren die Wohnräume mit ihren hohen Decken, Stuck und Holzböden sowie die beeindruckenden Treppenhäuser einen Besuch wert.

Nicht genug Zeit für alles Sehenswerte

Im Landkreis Passau gibt es noch weitere Projekte, die mich sehr interessieren würden – allen voran der Umbau und die Sanierung einer Schmiede aus dem 17. Jahrhundert in Bad Bad Griesbach vom Architekturbüro Andreas Schmöller. Ebenfalls ein Architekt, der bei den Architektouren schon öfter dabei war und dessen Projekte ich sehr zu schätzen weiß. Auch in Salzweg, Rotthalmünster und Bad Füssing gibt es noch Projekte, die ich leider verpassen werde. Ein bisschen schade finde ich es, dass ich diesmal kein einziges Einfamilienhaus sehen werden – die sind immer sehr spannend, weil die Architektouren hier natürlich die einzige Möglichkeit sind, einen Blick reinzuwerfen.

Was Architektouren-Besucher wissen sollten

In den vergangenen Jahren habe ich hier im Blog schon mal drüber geschrieben, auf was man bei den Architektouren achten sollte und grundlegende Infos für Projekt-Besucher gegeben. Wer 2019 das erste Mal zu den Architektouren gehen möchte, findet in diesem Blogpost weitere Informationen.

So findest du alle Projekte in deiner Nähe

Lust bekommen, am 29. und 30. Juni auf „Architektour“ zu gehen? Alle Adresse und Termine für Projekte in deiner Nähe findest du unter www.byak.de/Architektouren/. Einfach als Jahr 2019 eingeben und den Regierungsbezirk bzw. Ort und Umkreis auswählen.

Neues Leben im alten Bauernhaus

Altes Bauernhaus neu renoviert Außenansicht

Das kleine Bauernhaus mit dem Holzbalkon ist direkt an den ehemaligen Stall angebaut. Zwei Räume über dem Stallgebäude wurden integriert. Foto: Karin Polz

Wenn alles nach Plan gegangen wäre, würde Martina Baumgartner (27) jetzt in einem Neubau wohnen. Stattdessen richtet sie gerade ein rund zweihundert Jahre altes Haus ein. Eines, das unter Denkmalschutz steht und deshalb nicht abgerissen werden durfte.

Davon allerdings wussten Martina Baumgartner und ihre Eltern Heinrich und Theresia nichts, als sie die Bauvoranfrage stellten. Zurück kam ein Schreiben des Denkmalamtes. Erst waren die Baumgartners nicht gerade begeistert. „Als ich mir dann aber zwei, drei umgebaute alte Häuser angeschaut hatte, war ich fasziniert“, sagt Martina. „Mittlerweile bin ich auch stolz darauf, was wir aus dem alten Häuschen gemacht haben“, sagt ihr Vater Heinrich.

Flur nach der Renovierung

Der alte Terrazzoboden durfte bleiben, auch die alten Steine zeugen von der ursprünglichen Bauweise des Hauses. Die Treppe hingegen ist neu. Foto: Martina Baumgartner

Das alte Haus ist schließlich sein Elternhaus. Er selbst hat für seine Familie auf dem Hof  im Landkreis Passau in den 1970er Jahren einen Neubau errichtet. Im alten Haus wohnte bis 2008 noch eine ehemalige Magd. Dann kamen die Abriss- und Neubaupläne, die Nachricht vom Denkmalamt und schließlich die denkmalschützerische Erlaubnis, das Haus nach bestimmten Maßgaben umzubauen, damit Martina dort wohnen kann. 2011 ging es los − mit dem Ausräumen.

Nach viel Eigenleistung und dank problemloser Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt kann Martina nun in ein Haus einziehen, das in der Substanz und in den Details seine Vergangenheit deutlich zeigt, gleichzeitig aber modernen Komfort bietet. Die Wand- und Fußbodenheizung und die Gastherme, die Dreifachverglasung der Fenster und die modernen Elektroleitungen sieht man natürlich nicht. Dagegen sticht dem Besucher schon beim ersten Schritt ins renovierte Bauernhaus der besondere, originalerhaltete Fußboden ins Auge: ein vor Ort gegossener Terrazzoboden. „Wegen ihm haben wir im Flur des Erdgeschosses auf eine Isolierung des Bodens nach unten verzichtet, es wäre schade um ihn gewesen“, sagt Martina.

Das Wohnzimmer nach der Renovierung

25 Kastenfenster mussten extra für das Haus angefertigt werden. Sie passen perfekt zum Charakter des Hauses und wirken dabei überhaupt nicht veraltet. Foto: Martina Baumgartner

Rechts und links des Flurs lässt sich deutlich erkennen, wie das Haus aufgebaut ist: Martina und ihre Familie − neben den Eltern half auch die Schwester mit Mann − haben die großen Granitsteine freigelegt und neu verfugt. „Tagelang haben wir dagesessen, die Steine von mehrfachen Zementschichten befreit und die Fugen ausgekratzt“, erinnert sich Martina. Wo über dem Granit die Ziegelsteine beginnen, ist die Wand weiß verputzt. Der ehemalige Zugang zum Stall wurde zugemauert. Am Treppenaufgang ist zu sehen, dass der obere Teil des Hauses aus Holz gebaut ist − eine Altholzwand erstrahlt dank der Behandlung mit der Wurzelbürste in neuem Glanz.

Vorher: das Bad

Alt und altmodisch: So sah das heutige Badezimmer vorher aus. Foto: Martina Baumgartner

„Mich beeindruckt das, wie die Leute damals gebaut haben“, sagt Martina. „Mir war wichtig, dass Bauteile frei bleiben, egal, ob Holz oder Stein, damit der individuelle Charakter und der spezielle Charme des Hauses zur Geltung kommen.“ Dass sie oft Kompromisse schließen musste, stört Martina nicht: „Es war eine Herausforderung, sich nach den Gegebenheiten des Hauses zu richten und da was draus zu machen.“ Viel Zeit hat sie damit verbracht, im alten Haus zu sitzen und sich zu überlegen, wie es später aussehen soll. „Ich wollte mich an das halten, was schon da war. Also zum Beispiel nur Naturprodukte verwenden. Und ich wollte das Haus offen, hell und freundlich haben, etwas Modernes mit dem Traditionellen verbinden.“

Das Bad nach der Renovierung

Und so sieht das Bad heute aus: modern, aber dank Natursteinoptik stimmig. Foto: Martina Baumgartner

Komplizierter als ein Neubau war dies allemal. So mussten die neuen Fenster vom Schreiner maßgefertigt werden. 25 Kastenfenster hat das kleine Häuschen − und fast jedes Fenster hat eine andere Größe. „Wir sind froh, dass wir den Schreiner hatten, dass es überhaupt noch Handwerker gibt, die diese Sachen machen“, sagt Martina. Denn auch für die Innentüren war ein Spezialist nötig. Die alten Holztüren benötigten zum Teil neue Glaseinsätze. Ein Glaser hat diese mit altem und neuem Glas, traditioneller Technik und Kitt eingebaut. Mit den alten Kastenschlössern, die die Baumgartners zusammengesammelt haben, schauen die Holztüren wieder aus wie anno dazumal − und passen perfekt ins übrige Ambiente.

Der Keller nach der Renovierung

Selbst der kleine Keller sieht nach der Renovierung hübsch aus: Weil nun auch der Treppenabgang zum Keller offen ist und beleuchtet wird, wirkt er nicht mehr düster und unheimlich. Foto: Martina Baumgartner

Ins Obergeschoss führt eine neue Treppe, das Geländer ist nach altem Muster gefertigt. Der Holzboden oben ist original − bis auf die Holznägel. „Ungefähr 150 Holznägel haben wir selbst geschnitzt, um dort, wo die Holzbretter alte Eisennägel hatten, die Löcher zu füllen“, erzählt Martina.

Während es unten ein Wohnzimmer und eine Küche gibt, wird das Obergeschoss Bad, Gästezimmer und ein kleines Büro beherbergen. Auch Martinas Schlafzimmer ist im Obergeschoss geplant, genau dort, wo früher die Oma geschlafen hat. Sogar die alten Möbel wird Martina hier verwenden. Andere Relikte haben dagegen neue Funktionen bekommen: Aus Altholz haben die Baumgartners Wäschekörbe gefertigt, ein alter Sicherungskasten hängt neu gestrichen dekorativ an der Wand.

„Ein Neubau wäre mit Sicherheit einfacher gewesen“, sagt Martina. Aber woanders neu zu bauen und das denkmalgeschützte Haus sich selbst zu überlassen? „Ich will doch keine Ruine vor der Haustür“, sagt Heinrich Baumgartner. Wäre auch schwer vorstellbar bei dem schmucken „Schusterbauer“-Hof, der schon 1674 urkundlich erwähnt wurde. Jetzt hat er ein neues Prachtstück − mit Vergangenheit, aber gerüstet für die Zukunft.

Dieser Text ist erstmals in der Beilage „Planen, Bauen, Wohnen“ der Passauer Neuen Presse vom 20. September 2014 erschienen.

Nachts im Hotel

Es fühlt sich gut an, in eindrucksvoller Architektur zu wohnen – auch im Urlaub. Für unseren Hamburg-Städtetrip haben wir daher ein architektonisch interessantes Hotel ausgewählt: das Gastwerk im Hamburger Westen. Das riesige Industriedenkmal aus Backstein und Stahl wurde nach 1892 als Gaswerk gebaut. Heute trägt es im Namen ein „t“ mehr, bezeichnet sich selbst als Hamburgs erstes Design-Hotel und fasziniert mit Loftcharakter. Wer die Lobby betritt, steht mitten in einer hohen, lichtdurchfluteten Industriehalle – und fühlt sich doch ein bisschen wie in einem Innenhof, denn die Zimmer befinden sich rechts und links der Lobby sozusagen in einem „Gebäude im Gebäude“. Brücken, Stahlträger, alte rohe Backsteinmauern und mehrere Rückzugsorte auf verschiedenen Ebenen haben uns so fasziniert, dass wir uns auf eine nächtliche Foto-Entdeckungstour durch das Hotel gemacht haben. Alle Fotos stammen von Hendrik Schwartz.

Turmzimmer oder Turmblick?

Ein leeres Zimmer in der Veste Niederhaus

So wohnt man in der Veste Niederhaus: mit ganz dicken Burgmauern.

Die Veste Niederhaus ist eines der Wahrzeichen Passaus. Wer möchte, kann darin auch wohnen, denn die Burg wurde vor einiger Zeit vom Architekturbüro Paukner innen umgebaut. Entstanden sind die wohl ungeWOHNlichsten Mietwohnungen, die Passau zu bieten hat. Bei den Architektouren 2013 konnten Besucher einen Blick in einige der 13 Einheiten werfen.

Wer Burgherr oder Burgfräulein werden möchte, muss allerdings einige Kompromisse eingehen. Viele unebene steinere Stufen sind zu überwinden, bis man an seiner Wohnungstür ankommt. 95 Stufen sind es zum Beispiel bis zur Vier-Zimmer-Wohnung mit 150 Quadratmetern, die man für 1500 Euro warm mieten kann – angeboten derzeit bei Immobilienscout24. Dafür wohnt man in einer Festung, die ungefähr 1250 gebaut wurde, eine bewegte Vergangenheit aufweist und malerisch zwischen Donau und Ilz liegt – und Besuche im Fitnessstudio werden überflüssig, den knackigen Hintern gibt es beim Gang zur Haustür gratis.

Viele der Architektouren-Besucher haben die drei noch leeren Wohnungen (129 bis 150 Quadratmeter) schon im Geiste eingerichtet. Dass man dabei allerdings kreativ vorgehen muss, wurde den meisten schnell klar. Die Raumaufteilung ist recht unkonventionell – oder praktisch nicht vorhanden. Ich persönlich hätte am liebsten bei dem 25-Quadratmeter-Appartement im Bergfried zugeschlagen, das allerdings schon einen neuen Mieter gefunden hat. Auf einer Ebene im Turm zu wohnen, das hat ein bisschen was von Dornröschen.

Blick von Klosterwinkel 6 auf den Schaiblingsturm

Mal aus einer anderen Perspektive: der Schaiblingsturm von der Dachterrasse aus gesehen.

Die nächste Traumwohnung wartete bei den Architektouren aber schon bei der nächsten Station – leider ebenfalls vermietet. Im Klosterwinkel 6 hat Architekt Andreas Schmöller ein denkmalgeschütztes Haus direkt an der Innpromenade umgebaut. Neben der ungewöhnlichen Stahltreppe im Zentrum des Hauses ist vor allem die Dachterrasse auffällig – denn solche gibt es in der Altstadt selten. Neue werden in der Regel nicht genehmigt, um das Stadtbild nicht zu stören, wie Architekt Andreas Schmöller erläuterte. Deshalb hat der Giebel der fabelhaften Dachwohnung im Klosterwinkel 6 Holzlamellen vor der Verglasung. Aber die muss man natürlich nicht schließen. Stattdessen genießt man besser den wirklich einzigartigen Ausblick: direkt vor der Terrasse den Schaiblingsturm, dahinter dann Mariahilf.

 

Nicht verpassen: Architektouren 2013

Danke, liebe Architektenkammer, für diese wunderbare Veranstaltung! Seit vielen Jahren bin ich großer Fan der Architektouren, 2010 war sogar mein eigenes Haus dabei. Architektouren, das heißt: Jeder Interessierte kann an einem Wochenende im Juni von der Architektenkammer ausgewählte Projekte anschauen, mit dem Architekten und den Bauherren sprechen, sich Architektur erklären lassen, sehen, was möglich ist, – und ungeniert in fremde Wohnungen schauen. In Bayern ist es dieses Wochenende, am 29. und 30. Juni, wieder so weit – und ich bin auf jeden Fall dabei.

Die Architektouren werden in der Zeitung angekündigt.

Die Qual der Wahl: die Projekte 2013.

Ich plane, das Wohngebäude Klosterwinkel 6 an der Innpromenade in Passau anzuschauen. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde umgebaut und saniert, zu besichtigen ist es am Samstag von 14 bis 15 Uhr. Auch die Veste Niederhaus in Passau steht auf meinem Programm. In der Burg wurden dreizehn Wohnungen geschaffen, vom Rittersaal bis zur Turmstube. Besichtigungen sind am Samstag von 10.30 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr möglich. Wenn ich es noch schaffe, möchte ich mir auch das Haus Z in der Walchergasse 5 in Passau anschauen. Auf den Fotos sieht dieses Einfamilienhaus sehr ungeWOHNlich aus. Termine im Rahmen der Architektouren sind Samstag von 10 bis 12 Uhr und Sonntag von 15 bis 17 Uhr angesetzt. Auch einen Besuch wert: das Bürogebäude der Mymuesli GmbH in Sailerwöhr 16 in Passau. Dort wird man mich am Samstag zwischen 13 und 16 Uhr bei den Besichtigungsterminen finden.

Sämtliche Projekte in Bayern, die heuer bei den Architektouren dabei sind, sind samt Daten und Besichtigungsterminen zu finden unter architektouren.byak.de/byak.html.

Wie mir die Architektouren-Projekte 2013 gefallen haben, wird natürlich dann in Kürze auch Thema hier im Blog sein.