Holz auf Holz: Wohnen im Blockhaus

Außenansicht Blockhaus von Jürgen und Jitka
Jürgens und Jitkas Blockhaus wurde 2011 gebaut und steht in Kärnten. Foto: privat

Ein Blockhaus – das verbinden viele mit einem einfachen Leben in der Natur Kanadas oder Skandinaviens. So falsch liegen sie damit gar nicht. Bis auf die Tatsache, dass es sich auch in anderen Regionen gut im Blockhaus leben lässt. Zum Beispiel in Kärnten: Jürgen und Jitka haben 2011 in dem österreichischen Bundesland, rund 10 Minuten von Klagenfurt entfernt, ihr Traumhaus gebaut – in Blockbauweise, Holz auf Holz, einfach, natürlich und mit viel Eigenleistung.

Naturnah wohnen

Dass Holz zu ihrer Lebensweise passt, das wird schnell klar, wenn man sich mit Jürgen unterhält: Er schätzt die Natur, baut in seinem Garten Salat, Kräuter, Tomaten, Stachelbeeren, Ribisl an. Er freut sich über die Hornissen, Rehe und Fledermäuse, die sich auf dem 960 Quadratmeter großen Grundstück heimisch fühlen. Als er und seine Frau Jitka überlegten, in ein eigenes Haus zu ziehen, schauten sich die beiden alte Bauernhöfe an, die zum Verkauf standen. Die meterdicken Wände, einfach und massiv gebaut, hätten ihnen auch gefallen. Es wurde dann doch ein Holzblockhaus, und das bereuen sie bis heute nicht.

Garten von Jürgen und Jitka in Kärnten
Naturnah leben – klar, dass rund ums Blockhaus ein Garten angelegt wurde. Foto: privat

Schon bei der Planung haben sich Jürgen und Jitka auf ihre eigenen Ideen, ihre individuellen Vorstellungen vom eigenen Zuhause verlassen: Sie haben selbst Pläne gezeichnet,  verschiedene Firmen angeschrieben und Angebote eingeholt. Mit der Firma Scandinavian Blockhaus aus St. Florian in Österreich setzten sie ihre eigenen Entwürfe schließlich um: 126 Quadratmeter, komplett aus oberösterreichischem Fichtenholz, mit gemauertem Keller, einem massiven Ziegeldach und Holz-Alufenstern von Josko. Eine Pelletheizung sorgt für Wärme und Warmwasser, unterstützt von 16,8 Quadratmetern Solarkollektoren auf dem Dach.

Viel Eigenleistung und „Learning by doing“

Bemerkenswert ist, wie viel Eigenleistung Jürgen und Jitka in das Haus gesteckt haben – einem sechsstelligen Betrag entspricht der Anteil der eigenen Arbeiten, hat Jürgen ausgerechnet. Den gesamten Innenausbau haben die beiden selbst gemacht, obwohl sie damit vorher kaum Erfahrungen gesammelt hatten. „Learning by doing“, so ihr Motto – und es hat geklappt. Loslegen konnten sie direkt nachdem Scandinavian Blockhaus in nur siebeneinhalb Arbeitstagen das Haus aufgestellt hatte, inklusive Fenster. Nach sechs Monaten sind Jürgen und Jitka eingezogen, da waren die Küche und das halbe Schlafzimmer fertig, alles andere wurde nach und nach erledigt.

Bau des Holzhauses
Mit dem Kran werden die einzelnen Holzbalken aufeinandergeschichtet. Foto: privat
Rohbau des Blockhauses
Nach siebeneinhalb Tagen war das Blockhaus inklusive Fenster aufgestellt und bereit zum Dachdecken. Foto: privat

Alles selber zu machen ohne fachliche Vorkenntnisse – eine Vorstellung, die viele Bauherren Magenschmerzen bereiten würde (und auch von Jürgen und Jitkas Bekanntenkreis teils skeptisch beäugt wurde). Aber Jürgen sieht es positiv: „Ich habe so viel lernen dürfen, man kann wirklich viel selber schaffen.“ Fliesen legen, verkabeln, Fußbodenheizung legen – alles kein Problem. Und offensichtlich ein so großes Vergnügen, dass Jürgen und Jitka nach dem Haus auch die Garage selbst gebaut haben, das Fundament für das Gartenhaus und diverse Hochbeete.

Raffinierte Lösung für den Estrich

Arbeiten, bei denen sich Jürgen als „völlig talentfrei“ einstuft – zum Beispiel Verputzen – sind ihm beim Holzhaus erspart geblieben. Auch einen Estrich haben die findigen Bauherren nicht benötigt: Mit Trocken-Estrich-Platten haben sie aufwendige Arbeiten, Feuchtigkeit und Trocknungszeiten vermieden. Und sind damit sogar im Prospekt des Herstellers ihrer Fußbodenheizung gelandet als Beispiel dafür, wie einfach Eigenleistung ist. 

Hochbeete im Garten von Jürgen und Jitka
Im Garten wurde gleich weitergebaut – eines von vielen verschiedenen Hochbeeten. Foto: privat

„Ich würde jederzeit wieder so bauen, und nur so“, beteuert Jürgen und meint damit einerseits die Eigenleistung, die er in sein Haus gesteckt hat und damit was ganz Eigenes und auch Individuelles geschaffen hat. Und andererseits meint er die Blockbauweise. Die ist einerseits recht simpel, andererseits sind auch einige Vorschriften zu beachten, gerade wenn man wie Jürgen einschalig bauen möchte. Das bedeutet, die Außenwände bestehen lediglich aus einer einzigen Wand aus massivem Holz.

Dicke Holzwand sorgt für gute Dämmung

Um eine gute Dämmung zu erhalten, muss die Holzwand eine gewisse Dicke haben, beim Haus von Jürgen und Jitka sind es 20 Zentimeter. Das reicht und hält die Heizkosten unter 500 Euro jährlich, denn Massivholz dämmt hervorragend. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich haben sich die Vorschriften in den vergangenen fünf Jahren aber nochmal geändert und sind zum Teil strenger geworden. Scandinavian Blockhaus, das Unternehmen, das Jürgen und Jitkas Haus gebaut hat, wirbt damit, dass ihr 28-Zentimeter-Massivblock ausreicht, um den aktuellen österreichischen Wärmeschutzbestimmungen zu entsprechen und – auch das ist für viele wichtig – eine Wandaufbau mit purem Holz, ohne Folien und Klebebänder zu ermöglichen.

Außenansicht des Blockhauses mit Eingangstür
Im Gegensatz zu den sehr rustikalen Blockhäusern aus Rundbohlen ist Jürgen und Jitkas Haus aus Vierkantblöcken gebaut – das ergibt eine glatte Fassade. Typisch sind die überkreuzten Balken an den Ecken des Hauses. Foto: privat

Wer weniger Massivholz einsetzen will, kann die Wand eines Blockhauses auch schmaler bauen und dämmen. Dann wird außen oder innen Dämmmaterial auf die Wand aufgebracht. Das heißt aber auch, dass man auf einer Seite die schöne Optik der Blockwand nicht mehr zu sehen bekommt. Alternativ gibt es die Doppelblock-Bauweise: Dann besteht die Wand aus zwei parallelen Blockwänden mit einer Zwischendämmung. Blockhaus ist also nicht gleich Blockhaus – denn neben der Frage, ob und wie gedämmt werden soll, stellt sich auch die Frage, ob mit Rundbohlen oder Vierkantblöcken gebaut wird.

Detailansicht der Eckkonstruktion des Blockhauses
Hier sieht man, dass jeder Balken aus verleimten Massivholzelementen besteht. Das gewährleistet größere Formstabilität. Foto: privat

Bestehen in klischeehaften Vorstellungen Blockhäuser fast immer aus Rundbalken, so sieht die – unter anderen den Bauvorschriften geschuldete – Wirklichkeit meist anders aus: Ein einzelner Holzbalken des Blockhauses ist vierkantig und besteht aus mehreren verleimten Massivholzelementen. Das garantiert höhere Formstabilität.

Blockhaus: Alte Bauweise neu interpretiert

Aufeinandergeschichtet und befestigt werden die Blockhausbalken ganz einfach: Verbunden durch Nut und Feder werden die Balken übereinandergestapelt, überkreuzen sich an den Ecken. Und genau dort wird ein Loch durch alle Schichten gefräst und eine Gewindestange eingebracht. Übrigens: Im niederbayerischen Raum war die Blockbauweise früher recht verbreitet. Viele alte Bauernhäuser besitzen Teile in Blockbauweise.

Einfach, aber durchdacht. Naturnah, aber modern. Für Jürgen und Jitka ist ihr Blockhaus ihr Traumhaus. Sie haben sich getraut, genau so zu bauen, wie es ihrer Überzeugung und ihrer Lebensweise entspricht. Belohnt werden sie mit dem guten Gefühl, ein perfektes Zuhause gefunden zu haben.

Außenansicht des Blockhauses mit Balkon
Durch die Hanglage liegt die Terrasse im Erdgeschoss erhöht und bietet einen guten Ausblick über den Garten. Foto: privat
Innenansicht Blockhaus in Kärnten
Auch im Innern dominiert Holz und sorgt für eine warme Wohnatmosphäre. Foto: privat

Wohnen unterm Kastanienbaum

Die Äste der Kastanie berühren beinahe Fassade und Dach: Die Studentenappartements und der alte Baum bilden ein stimmiges Ensemble. Foto: Hendrik Schwartz

Wer im Grünen wohnen will, muss nicht aufs Land ziehen. Wer unterm Blätterdach schlafen will, muss kein Baumhaus bauen. Und wer ein Ein-Zimmer-Appartement mietet, muss nicht auf gute Architektur verzichten. Diese drei Erkenntnisse konnte gewinnen, wer 2019 die Architektouren in Passau besucht hat. Denn unter den Projekten, die die Bayerische Architektenkammer für die Veranstaltungsreihe ausgewählt hat, waren diesmal die Studentenappartements im Innstadtkellerweg in der Passauer Innstadt: schön, ruhig und naturnah um einen Kastanienbaum gruppiert.

Der etwa 140 Jahre alte Kastanienbaum und die Terrasse sind der gemeinsame Mittelpunkt der acht Appartements. Foto: Hendrik Schwartz

Direkt neben dem bekannten und auffälligen Glaspalast

Seit Herbst 2018 sind die acht Appartements bewohnt – nicht nur von Studenten. Wer dem Trubel der Innenstadt entfliehen möchte, findet in dem eh schon ruhigen Innstadtkellerweg direkt hinter dem Glaspalast der ehemaligen Innstadt-Brauerei einen Rückzugsort. Architekt Norbert Paukner hat mit seinem eingeschossigen Bau auf unaufgeregte Architektur gesetzt. Jedes Appartement misst um die 45 Quadratmeter, hat direkten Zugang zu großzügigen Gemeinschafts-Holzterrasse – und manche Bewohner dürfen sich sogar noch über einen kleinen Balkon mit wunderbarem Ausblick auf die Veste Oberhaus freuen.

Der flache Bau fügt sich harmonisch in die Umgebung ein. Foto: Hendrik Schwartz

Regen wird vom Dach der Appartements an die Baumwurzeln geleitet

Mittelpunkt der Wohnanlage ist eine etwa 140 Jahre alte Kastanie. Sie musste den Appartements nicht weichen, sondern steigert vielmehr deren Wohnqualität. Das ausladende Blätterdach überspannt einige der Wohnungen, die sich rechtwinklig um die Kastanie gruppieren. Entscheidend für das Bauprojekt war aber das Wurzelwerk des alten Baumes – nach Schätzung der Experten dehnt sich dieses genauso weit aus wie die Baumkrone. Es durfte nicht beschädigt werden und sollte in seiner Funktion nicht eingeschränkt werden. Beide Punkte (und noch viele weitere Details) beachtete Architekt Norbert Paukner bei der Planung und Umsetzung. So wurde im Bereich der Wurzeln nicht tief gegraben, vielmehr liegt hier die Terrasse, schwimmend verlegt auf Glasschaum-Schotter. Weil die Kastanie auf ähnliche Weise mit Wasser versorgt werden soll wie vor der Bebauung, läuft das Regenwasser vom Flachdach der Appartements über Regenrohre in den Boden und versickert rund um den Wurzelbereich.

Gut zu erkennen ist auf diesem Bild, dass die Holzfassade aus unterschiedlich breiten und unterschiedlich tiefen Hölzern besteht. Foto: Hendrik Schwartz

3D-Effekt der Holzfassade

Die alte Kastanie ist DER Hingucker des Projekts, aber auch die Fassade ist einen genaueren Blick wert. Denn sie besteht aus Holzleisten, die unterschiedlich breit und unterschiedlich tief sind. Dadurch entsteht ein 3D-Effekt, der die Oberfläche natürlich und lebendig erscheinen lässt. Im Laufe der Zeit wird sich die Holzfassade noch ändern, denn das Holz ist unbehandelt. Im Kontrast zu Holzbauweise und Holzfassade steht die Rückseite der Appartements, für die die dicken Mauern der ehemaligen Bebauung erhalten wurden. Vorne Natur, hinten Geschichte und dazwischen ausgezeichnete Architektur – wer in diesen Appartements wohnt, genießt das Beste aus der Vergangenheit und der Gegenwart.

Übrigens: Das Architekturbüro Paukner war schon mehrmals bei den Architektouren dabei, zum Beispiel mit der Veste Niederhaus und der Heiliggeist-Kirche.

Architektouren 2019: Hier trefft ihr mich am 29. Juni 2019

Die schwarzen Markierungen auf diesem Screenshot zeigen, wo in Passau Architektur-Projekte bei den Architektouren 2019 zu sehen sind. Ein weiteres Projekt in Passau ist übrigens am Sonntag zu besichtigen: Die Motorradwerkstatt in der Traminer Straße 2 in Kohlbruck.

Mein Lieblingswochenende naht: Am 29. und 30. Juni 2019 finden wieder die Architektouren statt. Wer meinen Blog schon länger liest, kennt die Architektouren (und meine Begeisterung für die Veranstaltung) bereits. Für alle anderen eine kurze Erklärung: Die Bayerische Architektenkammer gibt Interessierten jedes Jahr die Möglichkeit, besonders sehenswerte architektonische Projekte zu besuchen, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und mit Bauherren und Architekten ins Gespräch zu kommen – sozusagen ein „Tag der offenen Tür“ in gleich mehreren Häusern und Gebäuden für Architekturfans. 244 neue Vorzeigeprojekte an 148 Orten in Bayern öffnen ihre Türen am 29. und 30. Juni 2019 – und davon auch einige in Niederbayern.

Vier Projekte in Passau am Samstag

In Passau sind die meisten Architektouren-Termine am Samstag. Weil alle in der Innenstadt liegen, lassen sich die Termine perfekt verbinden. Mit guter Organisation wird das ein netter und sicher auch spannender Tag in Passau. Meine Zeitplanung für den 29. Juni 2019 ist voraussichtlich folgendermaßen:

11 Uhr: Studentenappartements in der Innstadt

Im Innstadtkellerweg 11 zeigt das Architekturbüro Norbert Paukner einen Neubau: Eingebettet in den historischen Gebäude- und Baumbestand sind hier Studentenappartements entstanden. Das Architekturbüro Paukner war schon öfter bei den Architektouren dabei. 2013 zum Beispiel mit der Veste Niederhaus. Einen zweiten Termin für die Studentenappartements gibt es übrigens um 14 Uhr.

13 Uhr: Mehrfamilienhaus Schiller8

Auf dieses Projekt bin ich sehr gespannt – denn in der Schillerstraße habe ich viel Zeit verbracht, als ich noch Studentin war. Meine beste Freundin hat dort lange gewohnt, und drei gute Freunde hatten eine Wohngemeinschaft in der Schillerstraße 6 – wenn ich mich nicht irre. Womöglich war es sogar die Hausnummer 8. Aber das werde ich ja am Samstag feststellen. Koller Singhof Architekten zeigen jedenfalls, wie sie den Bestand aus dem 19. Jahrhundert umgebaut haben. Angekündigt mit den Worten: „Schönes erhalten, Neues hinzugefügt, Charakter bewahrt.“ Ein zweiter Termin für Schiller8 ist bereits um 11 Uhr angesetzt, aber da bin ich noch bei den Studentenappartements.

14 Uhr: Büro im Schanzlturm

Zum Glück ist es nicht weit von der Schillerstraße zum Schanzlturm. Denn eine Stunde später steht schon das nächste Projekt auf dem Terminplan. Das Büro Thomas Goller hat ein Büro im markanten Hochhaus „Schanzlturm“ ausgebaut. Der Blick auf das Oberhaus ist bestimmt sehr schön, den Rest werde ich am Samstag zu sehen bekommen. Hier ist um 14 Uhr Treffpunkt vor dem Gebäude,

15.30 Uhr: Denkmalgeschütztes Stadthaus im Steinweg

Letzte Adresse am Samstag in Passau ist dann Steinweg 2. Hier haben Wörlen + Partner und Eizenhammer Architektur ein denkmalgeschütztes Stadthaus mit fünf Wohneinheiten und einem Laden saniert. Schön öfter waren Sanierungsprojekte in der Altstadt bei den Architektouren dabei, und immer waren die Wohnräume mit ihren hohen Decken, Stuck und Holzböden sowie die beeindruckenden Treppenhäuser einen Besuch wert.

Nicht genug Zeit für alles Sehenswerte

Im Landkreis Passau gibt es noch weitere Projekte, die mich sehr interessieren würden – allen voran der Umbau und die Sanierung einer Schmiede aus dem 17. Jahrhundert in Bad Bad Griesbach vom Architekturbüro Andreas Schmöller. Ebenfalls ein Architekt, der bei den Architektouren schon öfter dabei war und dessen Projekte ich sehr zu schätzen weiß. Auch in Salzweg, Rotthalmünster und Bad Füssing gibt es noch Projekte, die ich leider verpassen werde. Ein bisschen schade finde ich es, dass ich diesmal kein einziges Einfamilienhaus sehen werden – die sind immer sehr spannend, weil die Architektouren hier natürlich die einzige Möglichkeit sind, einen Blick reinzuwerfen.

Was Architektouren-Besucher wissen sollten

In den vergangenen Jahren habe ich hier im Blog schon mal drüber geschrieben, auf was man bei den Architektouren achten sollte und grundlegende Infos für Projekt-Besucher gegeben. Wer 2019 das erste Mal zu den Architektouren gehen möchte, findet in diesem Blogpost weitere Informationen.

So findest du alle Projekte in deiner Nähe

Lust bekommen, am 29. und 30. Juni auf „Architektour“ zu gehen? Alle Adresse und Termine für Projekte in deiner Nähe findest du unter www.byak.de/Architektouren/. Einfach als Jahr 2019 eingeben und den Regierungsbezirk bzw. Ort und Umkreis auswählen.

Architektouren 2018: Was ich anschauen würde, wenn . . .

So viele Termine! Das würde auch für drei spannende und unterhaltsame Wochenenden reichen.

Ich liebe die Architektouren! Wer meinen Blog kennt, der weiß, dass ich mir dieses Wochenende jedes Jahr schon lange im Voraus frei halte. Dann warte ich sehnsüchtig darauf, dass bekanntgegeben wird, welche Projekte zu besichtigen sind, und stelle mir meine Liste für das Architektouren-Wochenende zusammen. Dieses Jahr ist es allerdings ein bisschen anders, denn am Samstag bin ich auf eine Hochzeit eingeladen. Deshalb stelle ich heute drei Listen zusammen – eine kleine Liste, was ich mir (vielleicht) am Sonntag anschauen werde. Und zwei Listen mit Highlights der diesjährigen Architektouren, die ich leider verpassen werde. Aber vielleicht habt ihr ja Lust und Zeit? Hier sind noch Tipps, auf was ihr beim Besuch der Projekte achten solltet.

Leider keine Zeit: Altstadt-Spaziergang mit Architektur in Passau

Gleich mehrere Projekte, die ich am Samstag verpassen werde, liegen in der Passauer Altstadt. Die Termine würden sich perfekt hintereinander „abarbeiten“ lassen, sogar mit Kaffeepausen. Und man würde vermutlich bei jedem Termin die gleichen Gesichter entdecken, denn die drei Projekte stammen von ein und demselben Architekturbüro: Koller Singhof Architekten aus Passau.

Samstag, 23. Juni 2018, 11 Uhr: Los geht es in der Theresienstraße 19, in einem prächtigen Bau, in dem schon Hans Carossa gearbeitet hat. Thema: „Wohnen und Arbeiten im Denkmal“.

Samstag, 23. Juni 2018, 13 Uhr: „Das grüne Haus“ in der Innbrückgasse 5 ist ein prototypischer Hochwasser-Ersatzneubau, der einem vielleicht von der Innpromenade aus schon mal aufgefallen ist.

Samstag, 23. Juni 2018, 15 Uhr: Weiter geht es mit dem Haus „In der Gasse“, nämlich in der Grabengasse 13. Das alte Handwerkerhaus hat auch unter dem Hochwasser gelitten, ist aber jetzt neu belebt.

Leider zu weit weg: Einfamilienhäuser zum Staunen

An manchen Projektbeschreibungen bleibt man hängen, obwohl man genau weiß, dass es einfach viel zu weit ist, für eine kurze Hausbesichtigung hundert Kilometer oder mehr zu fahren. Aber vielleicht wohnt ja von euch jemand in der Nähe dieser ungewöhnlichen Wohnhäuser? Dann nichts wie hin:

Sonntag, 24. Juni 2018, 10 bis 14 Uhr: Unauffällig anpassen oder gekonnter Stilbruch? Wer an ein bestehendes Haus aus den 1960er Jahren anbauen will, hat diese beide Möglichkeiten. Hier ist es natürlich der Stilbruch mit auffälliger Holzfassade. Zu sehen ist der „Siamesische Zwilling“ des Architekturbüros quadrat45° in Obertraubling.

Sonntag, 24. Juni 2018, 14 bis 17 Uhr: In Bogen steht das „Haus MA“, das dank seines auskragenden Wohnbereichs wie eine riesige Skulptur wirkt. Ein Teil der ersten Etage schwebt quasi in der Luft. Wer den Entwurf von MAM Architekten sehen möchte, hat am Sonntag Gelegenheit dazu.

Sonntag, 24. Juni 2018, 14 bis 16 Uhr: Die schwarze, geschwungene Fassade erregt Aufsehen – allerdings bekommt man sie vermutlich nicht zu Gesicht, wenn man nicht weiß, dass es sie überhaupt gibt. Denn das Wohngebäude liegt als Rückgebäude in einem Innenhof in der Rumfordstraße 11a in München. Ein sehenswertes Beispiel für Nachverdichtung von bauphase architekten. Das Projekt ist Samstag und Sonntag zu besichtigen.

Das will ich sehen: Dreimal Wohnen in Deggendorf und Umgebung

Sonntag, 24. Juni 2018, 9.30 bis 10.30 Uhr: Ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung wäre die erste Anlaufstelle, falls ich es am Sonntag nach Deggendorf schaffe. Das Haus in Bruck 25 in Deggendorf haben die hausfreunde Architekten geplant.

Sonntag, 24. Juni 2018, 11 bis 12 Uhr: Im Anschluss heißt es: gleiche Architekten, anderes Projekt. Mitten in einer Waldwiese steht ein Ferienhäuschen, das mit ökologischen Baustoffen saniert wurde. Für „EBN Gute Nacht Fuchs, gute Nacht Hase!“ geht es weiter nach Rindberg 38 bei Bernried.

Sonntag, 24. Juni 2018, 15 Uhr: Kleine Pause und dann in die Berger Straße 42 in Deggendorf. Die Architekten Regina Schineis und Stefan Hiendl zeigen dort in einer dunklen Holzfassade die Büros und Wohnungen, die nach dem Umbau und der Erweiterung von „B42“ entstanden sind.

Ob das mit Deggendorf am Sonntag was wird, hängt aber auch ein bisschen vom Wetter ab. Denn die Architektouren haben starke Konkurrenz: Den „Tag der offenen Gartentür“. Gärten anzuschauen finde ich auch sehr, sehr spannend. Das Programm ist vielfältig und mit Gärten unter anderem in Passau, Ruhstorf und Obernzell auch gut zu erreichen. Mal schauen, ob die Häuser oder die Gärten gewinnen!

Brennen Holzhäuser schneller ab? Ein Versuch zeigt’s

„Hast du keine Angst vor Feuer?“ Diese Frage bekomme ich als Holzhausbesitzerin häufig zu hören. Natürlich habe ich Angst vor Feuer – vermutlich gibt es keinen Hausbesitzer, der nicht wenigstens beim Abschluss der Gebäudeversicherung kurz mal mit mulmigem Gefühl daran gedacht hat, wie grauenvoll es sein muss, wenn das eigene Haus niederbrennt. Aber was mit der Frage meistens gemeint ist: Holz brennt gut, das wissen wir nicht nur von Kaminöfen und Lagerfeuern. Brennt deshalb ein Holzhaus schneller, schlimmer und unaufhaltsamer ab als ein Haus aus Ziegeln oder Beton?

Mein erster, intuitiver Gedanke dazu war schon immer: Wenn es denn so wäre, dann dürfte man in Deutschland sicher gar keine Holzhäuser bauen. Wir dürfen nicht mal unseren Zentralstaubsauger benutzen, ohne dass ein Fensterkippschalter die Frischluftzufuhr regelt. Der Gesetzgeber regelt bei Bau viele Sicherheitsfragen.

Meine zweite Reaktion: recherchieren, nachfragen, nachlesen. Holz brennt nur gut, wenn es dünn ist. Ein dicker Balken ist schwer in Brand zu setzen und verkohlt dann, was eine Schutzschicht bildet, wie der Deutsche Holzfertigbau-Verband e. V. erklärt. Doch weitaus plakativer als alle Beschreibungen ist ein Versuch, den unter anderem das lettische Holzbauunternehmen Pavasars durchgeführt hat. Die haben einfach mal zwei Musterhäuser – eines aus Beton, eines aus Holz – abgefackelt und geschaut, was passiert. Schaut euch mal das Video an, hier ist es mit englischen Untertiteln versehen!

Das Experiment wurde im Juli 2017 in Rauna in Lettland durchgeführt. Die technischen Details zum Versuchsaufbau könnt ihr auf der Seite von Holzbau Austria nachlesen.

Natürlich ist klar: Wenn ein Holzbauunternehmen diesen Test durchführt, werden sie es vermutlich nicht darauf anlegen, dass das Holzhaus schlecht abschneidet. Mit Fachwissen könnte man im Detail nachprüfen, ob wirklich gleichwertige Situationen im Beton- und im Holzhaus geschaffen wurden. Vielleicht würde ein Betonhaushersteller den Versuchsaufbau anders machen?

Außerdem müssen natürlich in einem Holzhaus trotzdem zahlreiche Details beachtet werden, um höchstmöglichen Brandschutz zu garantieren. Doch selbst wenn das Experiment womöglich nicht hundertprozentig neutral und objektiv ist und ein Brand immer noch ein lebensgefährliches Ereignis ist, das hoffentlich niemals eintritt, zeigt das Video doch: Wegen einer vermeintlich hohen Brandgefahr braucht niemand auf ein Holzhaus verzichten. Und übrigens gibt es auch sonst wenig, was gegen ein Holzhaus spricht – aber über Vorurteile und die Wahrheit habe ich ja schon im Beitrag „Das kannst du doch nicht machen! – Teil 5: Ein Holzhaus bauen“ ausführlich geschrieben.

Altes und Neues harmoniert am Inn

Passau Innpromenade

Zwei Projekte der Architektouren 2017 liegen an der Passauer Innpromenade – und könnten unterschiedlicher kaum sein. Foto: Hendrik Schwartz

Als 2013 die Altstadt von Passau in den Fluten von Inn und Donau unterging, wurde so manches Gebäude zerstört. Aus menschlicher Sicht eine Katastrophe, aus architektonischer Sicht aber oftmals auch eine Chance. Bei den Architektouren 2017 der Bayerischen Architektenkammer am letzten Juni-Wochenende konnten in Passau zwei Projekte besichtigt werden, die es ohne das Hochwasser so nicht gegeben hätte. Ansonsten könnten die Projekte unterschiedlicher nicht sein: eines setzt auf Sanierung und alte Vorbilder, das andere auf Modernes, das sich vom Dagewesenen abhebt und dennoch harmoniert.

Unumstritten: Charmante Cafébar hinter alten Mauern

Innenraum Café Il Nostro in Passau

Ein schmaler Raum, an dessen rechter Wand sich eine Holzbank entlangschlängelt: das Café Il Nostro. Foto: Hendrik Schwartz

Es ist „wenig dran“ an diesem Gebäude am Innbrückbogen: etwa 30 Zentimeter dickes Mauerwerk auf der Innseite mit kleinen, doppelten Flügelfenstern; und nochmal rund 30 Zentimeter Mauerwerk zur Straße hin, unterbrochen von Türen und Fenstertüren. Drinnen ein schmaler Raum, der sich hin zum Innbrücktor schlängelt. Im wahrsten Sinne des Wortes: Gerade Wände und einen rechtwinkligen Grundriss findet man hier nicht. Dafür eine elegante durchgängige Sitzbank aus Holz, die dem geschwungenen Wandverlauf folgt. Dazu schlichte Tische – fertig ist der Gastraum, der durch die Kastenfenster hin zu Inn und die Türen zur Straße erstaunlich hell wirkt. Theke und Küche drängen sich an eine Schmalseite, an der anderern wendelt sich eine moderne Stahltreppe nach oben zu den Toiletten. Und zu einer kleinen Wohnung, dessen schnörkellose und durchdachte Einrichtung man auf der Internetseite des Architekturbüros Andreas Schmöller sehen kann.

Fassade Café Il Nostro

Die rechteckigen Vertiefungen über den Türbögen gehören zur historischen Ansicht der Fassade. Sie sind aber nicht alle wirklich vorhanden. Foto: Hendrik Schwartz

So klein und unkompliziert das Café von innen erscheint, so groß und spannungsreich ist die Historie des Gebäudes, das direkt am Brückenkopf der alten Innbrücke liegt. Einige Passauer erinnern sich sicherlich auch noch an die Zeiten, als in dem schmalen Gebäude gleich mehrere winzige Geschäfte, darunter ein Uhrmacher, untergebracht waren. Wie klein die Läden waren, erkennt man an den Fenstertüren des Cafés – sie ersetzen die früheren Ladentüren. Widerstandsfähiges Eichenholz und Einbauten, die sich schnell entfernen lassen, sollen einem möglichen künftigen Hochwasser trotzen. Denn eine so umfassende Renovierung, wie sie nach 2013 notwendig war, als der Unterbau des Gebäudes unterspült war, möchte man dem Gebäude nicht noch einmal zumuten. Und schließlich ist es nun auch wieder in einem Zustand, der auch dem Denkmalschutz zusagt – wenn auch mit Tricksereien: Um die sowieso schon dünnen Mauern nicht noch weiter zu verschlanken, hat man beispielsweise die fehlenden Vertiefungen über den Türbögen nicht nachgeformt, sondern als Illusionsmalerei aufgebracht. Wer nicht darauf hingewiesen wird, dem fällt das auch nicht auf. Auf den ersten Blick ist bei dem Café am Innbrückbogen alles so, wie es in alten Zeiten war. Nur viel schöner – wie es für dieses privilegierte Plätzchen in Passau angebracht ist.

Umstritten: Altstadt-Kindergarten auf Stelzen

Blick auf die Innseite der Altstadt Passaus

Wer nicht weiß, wo sich der Neubau des Altstadt-Kindergartens befindet, dem wird das moderne Gebäude kaum auffallen. Das Stadtbild stört der Bau jedenfalls nicht. Foto: Hendrik Schwartz

Nur wenige hundert Meter weiter befindet sich ein ebenso privilegierter Platz zum Wohnen und Leben. Hier genießen seit Jahrzehnten die kleinsten Altstadtbewohner Ausblick und Lage. Doch gegen das Hochwasser 2013 hatte das Gebäude des Altstadt-Kindergartens St. Stephan keine Chance: Der Siebziger-Jahre-Bau musste abgerissen werden. Doch was dann? Möglichkeit Nummer 1: Neubau im Stil des alten Kindergartens. Wäre dann aber genauso hochwassergefährdet – und so schön war der Siebziger-Jahre-Bau auch nicht, dass man ihn sich zurückwünschen würde. Möglichkeit Nummer 2: etwas Neues hinbauen. Die Fehler des Vorgängerbaus vermeiden (besserer Hochwasserschutz) und auch optisch was Neues bieten. Möglichkeit Nummer 3: gar nichts hinbauen – dann würde die Altstadtkulisse besser wirken können. Diese dritte Alternative kam allerdings für den Architekten Walter Schwetz, das Kindergartenpersonal und die Bauherren nicht in Frage. Man habe überlegt, wem die Stadt, wem dieser Platz gehöre. Und sei zu dem Ergebnis gekommen: Natürlich haben auch die Kinder Anrecht auf ihren Raum in einer Stadt. Und auf gute Architektur sowieso. Wer den Kindergarten besichtigt, wird bestätigen können, dass für die Kleinen ein großartiges Umfeld geschaffen wurde: helle Räume mit viel Holz, große Fensteröffnungen, wunderbare Ausblicke auf den Inn und auf Mariahilf, praktische Infrastruktur und hochwertiges Design.

Was von innen überzeugt, ist von außen immer noch einiger Kritik ausgesetzt. Um künftig Hochwasserschäden zu vermeiden, steht der Kindergarten-Bau auf Stelzen. Natürlich verdeckt er so etwas mehr Fassadenfläche des dahinterliegenden historischen Stadtbildes als zuvor. Doch gegen das riesige Kirchengebäude von St. Michael wirkt der Kindergarten immer noch winzig. Die Kindergartenkinder profitieren von dem Stelzenbau: Zu ihrem Garten haben sie so eine überdachte Freifläche dazugewonnen – mehr Platz zum Spielen und Toben, und das selbst, wenn das Wetter mal nicht ganz mitmacht. Die Fassade aus vorvergrautem Tannenholz ist ebenfalls Anlass für Kritik: zu modern, nicht kompatibel mit den historischen Bauten. Glücklicherweise hat sich der Entwurf von Architekt Walter Schwetz aber durchgesetzt: Wer heute von der Innstadt auf die Bebauung entlang der Innpromenade schaut, dem wird der Kindergarten nicht negativ auffallen. Die Holzfassade hält sich dezent zurück, wirkt bei genauerem Hinsehen trotzdem modern, ohne sich aufzudrängen. Und die Kinder genießen die beste Architektur, die sie an dieser Stelle bekommen konnten. Dafür müssen sie das architektonische Konzept nicht verstehen – in ausgezeichneter Architektur fühlt man sich wohl, ohne darüber nachdenken zu müssen.

Wie Migranten und Studenten zusammen wohnen

Das Projekt „Home not Shelter“

Wenn es um Architektur geht, kommt einem wahrscheinlich nicht gerade als Erstes ein 30 Quadratmeter kleines Zimmer in den Sinn, das sich drei junge Menschen teilen. Aber auch solche Projekte gehören zur Achitektur – und wahrscheinlich sogar zu den wichtigeren Bereichen der Architektur. Den Eindruck hinterließ jedenfalls der Vortrag von Professor Dr. Ralf Pasel von der TU Berlin. Im Rahmen der Vorlesungsreihe „Urbane Lebensräume zwischen Teilhabe und Wertschöpfung“, einer Kooperation der Uni Passau und des Architekturforums Passau, berichtete er unter anderem vom Projekt „Home not Shelter“. Die ersten Teile der Vorlesungsreihe habe ich leider nicht in meinem Terminkalender unterbekommen, aber umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich es zu Professor Dr. Ralf Pasel geschafft habe.

Wo und vor allem wie wohnen Menschen, die wenig Geld haben, aber vielleicht auch geringe Ansprüche? Wie schafft man viel Wohnraum für viele Menschen auf kurze Zeit? Und wie schafft man es vor allem, dass sich die Menschen dort auch wohlfühlen? Das ist eine Frage, die sich momentan vor allem in Hinblick auf die Unterbringung der Flüchtlinge stellt. Aber die Frage stellt sich auch von Jahr zu Jahr neu, wenn Studenten Wohnraum in einer Universitätsstadt suchen. Günstig zu wohnen muss ja nicht zwingend heißen, schlecht zu wohnen – darüber haben sich in dem Projekt Studierende und Mitarbeiter der Jade Hochschule Oldenburg, der TU Wien, der TU München, der TU Berlin und der Universität Hannover Gedanken gemacht.

Migranten und Studenten leben zusammen

Die Idee: Wenn Migranten und Studenten vor den gleichen Problemen bei der Wohnungssuche stehen, dann könnte es hier doch auch eine gemeinsame Lösung geben: Projekte, bei denen man gemeinsam lebt; oder anders gesagt: integrative Wohnlösungen für Migranten und Studierende. Herausgekommen sind zahlreiche spannende Entwürfe. Umgesetzt wurde aber nur einer – und zwar im 10. Bezirk in Wien.

In der ehemaligen Osteuropazentrale von Siemens, einem Bürohaus aus den 1980er Jahren, wurden zwei Etagen nach den Ideen aus dem Projekt „Home not Shelter“ umgebaut und werden jetzt für eine Dauer von fünf Jahren von der Caritas betrieben. 140 Personen, die Hälfte Studenten, die andere Hälfte jugendliche Flüchtlinge, können hier auf Zeit wohnen. Die Büroräume sind effizient und kostengünstig umgebaut worden. Indem zum Teil der aufgeständerte Boden und die abgehängte Decke entfernt wurden, haben die Räume an Höhe gewonnen. Holzkonstruktionen verlegen das Bett auf eine höhere Ebene, darunter ist Platz zum Sitzen, Lernen, Sachen verstauen. Zwei bis drei Personen leben auf 20 bis 40 Quadratemetern. Dass man sich in Österreich als Studienanfänger sein Zimmer teilt, sei durchaus normal, erklärte eine Zuhörerin beim Vortrag – in Deutschland eher undenkbar.

Was die Studenten aus den ehemaligen Bürogebäuden gemacht haben, ist wirklich sehenswert – auch die Ideen zum Thema Gemeinschaftsräume und die Einrichtung einiger Räume mit vorgefertigten Raummodulen. Einen guten Artikel zum Projekt mit vielen Daten gibt es auf den Internetseiten der Deutschen Bauzeitung.

Interessant ist übrigens auch die Charta von „Home not Shelter“, die grundlegende Anforderungen an die Projekte stellt. „Die Entwurfsqualität und der Gestaltungsanspruch an die Architektur machen hochwertiges Design für jeden zugänglich“, heißt es dort abschließend. Ein schöner Gedanke, der sich durchsetzen sollte, damit beim Thema Architektur nicht jeder als Erstes an eine Villa in Bauhausformat denkt.

Jetzt bin ich gespannt auf den letzten Teil der Vorlesungsreihe: Da geht es um „Wendepunkte im WohnBauen“ mit Professor Dr. Thomas Jocher von der Universität Stuttgart. Wenn es so spannend wird wie „Home not Shelter“, lest ihr auch darüber demnächst im Blog!

Wohnen auf dem Wasser

Das hat nur, wer direkt am Wasser wohnt: eine Terrasse, die nur wenige Zentimeter über der Wasseroberfläche beginnt. Foto: Hendrik Schwartz.

Das hat nur, wer direkt am Wasser wohnt: eine Terrasse, die nur wenige Zentimeter über der Wasseroberfläche beginnt. Foto: Hendrik Schwartz

Ein Haus am Meer. Ein Haus am See. Wenn man nach der idealen Lage eines Traumhauses fragt, ist oft Nähe zum Wasser gefragt. Doch leider kann natürlich nicht jeder an einem See oder am Strand bauen. Von den Kosten ganz zu schweigen. Wird es billiger, wenn man die Wasserfläche künstlich schafft? Eher nicht, wie ein Beispiel aus Hamburg zeigt.

In Hamburg hat man im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) 2013 nicht nur am, sondern schon fast im Wasser gebaut: Die sogenannte Waterhouses im Bezirk Wilhelmsburg-Mitte stehen auf Pfählen in einem 4000 Quadratmeter großen Regenrückhaltebecken, das an das Wilhelmsburger Wettern- und Kanalsystem angeschlossen ist. Das hört sich recht unspektakulär an, von ihrer Wirkung her aber ist die Wohnsituation sehr maritim, sehr extravagant.

Betonflächen statt Strand: Hier sind man, dass die Waterhaouses nicht an einem natürlichen See oder Meer liegen, sondern an einem künstlichen Regenrückhaltebecken. Foto: Hendrik Schwartz

Pflastersteine statt Strand: Hier sind man, dass die Waterhouses nicht an einem natürlichen See oder Meer liegen, sondern an einem künstlichen Regenrückhaltebecken. Foto: Hendrik Schwartz

Insgesamt wurden vier Triplexhäuser gebaut, die jeweils aus drei separat zugänglichen, dreigeschossigen Wohnungen bestehen. Die Wohnungen sind zwischen 123 und 130 Quadratmeter groß. Dazu kommt der Watertower mit 22 Wohnungen auf neun Etagen, hier beträgt die Wohnfläche zwischen 60 und 129 Quadratmetern. Alle Wohnungen wurden schon vor der Grundsteinlegung verkauft – und das bei Preisen von 2500 bis 3400 Euro pro Quadratmeter. Offensichtlich kommt Wohnen auf dem Wasser mitten in der Stadt gut an.

Ausstattung und Wohngefühl müssen jedenfalls super sein – das legen jedenfalls Bilder aus dem Inneren der Häuser nahe. Das Erdgeschoss, das hier sinnigerweise Wassergeschoss heißt, ist jeweils mit viel Glas und direktem Blick aufs Wasser gestaltet. Dazu hat jede Wohnung eine Terrasse oder einen Balkon am Wasser, die Eigentümer der Waterhouses haben sogar eigene Bootsstege und können sich rund um ihre Terrasse einen Unterwassergarten anlegen.

Die Architekten von Schenk + Waiblinger Architekten aus Hamburg, die das Projekt zusammen mit Hochtief Solutions AG formart Hamburg umgesetzt haben, haben zudem besonders umweltfreundlich und energiesparend geplant. Die Waterhouses sind mit der DGNB-Zertifizierung in Gold der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen ausgezeichnet worden.

Ein Spaziergang durch Hamburg Hafencity

Seit ein paar Tagen bin ich wieder zurück vom Sommerurlaub im hohen Norden. Die Architektur ist dort schon sehr verschieden von dem, was wir in Bayern kennen. Das hat mich sofort wieder an meine Reise nach Hamburg zur Internationalen Bauausstellung erinnert. Damals haben wir nicht nur neuartige Baukonzepte wie Selbstbau- und Systembauhäuser oder die innovative Energieversorgung mit Algen angeschaut, sondern sind auch sehr lange durch die Hafencity mit ihren imposanten Gebäuden gestreift. Diese Fotos habe ich jetzt wieder rausgesucht – hier sind sie! Typisch norddeutsch sind die Bauten als moderne Hochhäuser vielleicht nicht, architektonisch spannend aber allemal.

Hier muss man hinter die (Beton-)Fassade schauen

Betonfassade des Mehrfamilienhauses Kapuzinerstraße 37

Warum diese Fassade keine Fenster hat? Weil dahinter das Treppenhaus des Mehrfamilienhauses liegt, das eine Barriere zwischen Verkehrslärm und Wohnräumen bildet. Foto: Hendrik Schwartz

Viel ist über das Haus in der Kapuzinerstraße 37 in Passau schon geschrieben worden. Denn es hat Aufsehen erregt mit seiner fensterlosen Betonfassade auf der Straßenseite. Doch wer sich alleine durch dieses ungewöhnliche, vielleicht abweisende Aussehen schon eine Meinung bildet, hat im wahrsten Sinne des Wortes noch nicht alle Seiten betrachtet. Bei den Architektouren 2016 hat Architekt Bernd Vordermeier seine Planungen vorgestellt und erklärt – und wieder einmal meinen Verdacht bestätigt, dass manche Projekte umso kreativer ausfallen, je mehr Vorgaben und Beschränkungen es gibt.

Bei dem Neubau in der Kapuzinerstraße stellte vor allem der Hochwasserschutz eine Herausforderung dar. An Stelle des jetzigen Baus stand ein hochwassergeschädigtes Haus, das eigentlich saniert werden sollte. Allerdings stand bald fest, dass ein Ersatzbau die bessere Lösung ist. Der sollte drei Wohneinheiten umfassen, günstig sein und schnell errichtet sein – schließlich muss sich ein Mietshaus auch rechnen.

Erste Herausforderung: Hochwassergefahr

Garagenstellplätze Mehrfamilienhaus Kapuzinerstraße 37

An der Gebäudeseite befindet sich eine offene Zufahrt zu den Autostellplätzen im Erdgeschoss. Foto: Hendrik Schwartz

Ein komplett neues Haus ermöglichte komplett neue Lösungen für die bestehenden Probleme in dieser Lage. Der Hochwassergefahr begegnete Bernd Vordermeier, indem er das Erdgeschoss als Garage plante: Autos parken in einem offenen Raum unterhalb der Wohnebenen. Der Boden besteht aus Granitbruch – der wird schlimmstenfalls weggeschwemmt bei Hochwasser, mehr kann nicht passieren.

Zweite Herausforderung: Verkehrslärm

Die fensterlose Fassade hin zur Straße löst ein Problem, das für die Bewohner der Innstadt alltäglich ist: Verkehrslärm auf der stark befahrenen Straße. Es ist tatsächlich nicht ganz falsch, wenn man die fensterlose Fassade als „abweisend“ wahrnimmt –  sie hält einen großen Teil des Verkehrslärms ab. Ein Fenster raus auf die Straße, welcher Bewohner würde das schön finden? Wer würde das Fenster überhaupt öffnen wollen? Niemand vermutlich. Und so liegt längs der Straße hinter der fensterlosen Fassade das Treppenhaus und bildet in Betonbauweise und zum Teil nach oben hin offen (für den vorgeschriebenen Rauchabzug im Brandfall) eine Barriere zwischen Straße und Wohnungen.

Massivholzwände des Mehrfamilienhauses

Die Außenwände und tragenden Wände der Wohnräume sind aus Massivholz. Dies sorgt für eine angenehme Atmosphäre und ein gutes Raumklima. Foto: Hendrik Schwartz

Die wiederum bieten beste Aussichten in alle anderen Richtungen: Vom obersten Stockwerk aus schaut man aus einer großen Festverglasung direkt auf die Veste Oberhaus. Überhaupt: Es gibt im ganzen Haus nur zwei Fensterformate: „normale“ Flügelfenster und große Festverglasungen. Diese machen die Wohnungen hell und freundlich, ebenso trägt zu dieser Atmosphäre das viele Holz bei: Alle tragenden Wände sind aus Massivholz und als solche auch in den Räumen sichtbar.

Nicht beheizte Räume in Betonbauweise, der Rest in Massivholz mit einer Aluminiumfassade, und alles im KfW-70-Standard: Alle Herausforderungen wurden gemeistert, inklusive Budget und Bauzeit. Mit vielen durchdachten Planungen, ganz ohne Schnickschnack und mit oft verblüffend einfachen Lösungen für komplizierte Probleme ist das kompromisslose Low-Budget-Haus in der Kapuzinerstraße ein wahres Kunstwerk. Man muss nur genauer hinschauen – auch mal hinter die Betonfassade.