So kann man auf kleinem Grundriss großartig wohnen

Callwey Die besten Einfamilienhäuser unter 150 Quadratmeter

Sie bieten auch auf wenig Wohnfläche viel Platz: 30 Einfamilienhäuser zeigen in diesem Callwey-Buch, dass großzügiges Wohnen nicht von der Quadratmeterzahl abhängt. Foto: Karin Polz

Wenn ich Architektur- und Wohnbücher durchblättere, muss ich oft bei den Daten zu den vorgestellten Projekten die Luft anhalten. Da hat dann so ein Einfamilienhaus gut und gerne mal zwischen 250 und 350 Quadratmetern Wohnfläche. Wer kann sich das leisten? Und wer putzt das denn alles? Und außerdem: Wo ist denn da die Herausforderung, wenn man eh unendlich viel Platz zur Verfügung hat? Viel spannender finde ich kleine bis normalgroße Häuser, darum habe ich gerade mal wieder das Buch „Die besten Einfamilienhäuser bis 150 m²“ aus dem Callwey-Verlag (ISBN 978-3-7667-2136-5) durchgeblättert. 30 Projekte werden darin vorgestellt. Weit spannender als die Texte sind die Bilder, denn da sieht man auf einen Blick, dass der Wohnraum eines 80-Quadratmeter-Hauses durchaus großzügig wirken kann.

Drei Ideen zum Platzsparen

Treppauf, treppab: Da geht es mal ein paar Stufen von der Küche nach oben in den nächsten Raum, mal ist das Haus komplett als Split-Level-Konstruktion angelegt – die Wirkung von Wohnen auf verschiedenen Ebenen ist immer die gleiche: Der Grundriss wirkt spannender, die Räume größer. Der Trick besteht allerdings darin, gleichzeitig Durchsichten und Blickverbindungen zuzulassen. Das zeigt besonders ein Projekt der Architekten Denzer & Poensgen in Leverkusen. In dem Haus mit 147 Quadratmetern liegen Essplatz und Küche oberhalb des Wohnzimmers hinter einer halbhohen Wand wie auf einer Galerie. Das wirkt richtig imposant, obwohl die Grundfläche Normalmaße besitzt. Wechselnde Raumhöhen haben übrigens oft den gleichen Effekt. Fotos und Beschreibungen zu dem Haus gibt es auf der Internetseite der Architekten.

Mit den Fenstern spielen: Egal, wie wenig Platz ist, nur nicht an den Fenstern sparen! Manchmal werden bei kleinen Häusern ganze Fassaden verglast. Die Idee dahinter ist simpel: Wer in die weite Natur und in die Ferne schaut, fühlt sich automatisch weniger eingeengt. Drinnen und draußen verschmelzen in der Raumwirkung, Loggien und Höfe erweitern die Fläche, auch wenn diese außerhalb des Wohnraumes liegen. Aber auch eine andere Art, Fenster einzusetzen, kann bei kleinen Grundrissen sinnvoll sein: So haben Innauer-Matt Architekten bei einem 135-Quadratmeter-Haus in Vorarlberg in Österreich das Kinderzimmer mit addierten Dachflächenfenstern belichtet. Der Ausblick mag in einem Kinderzimmer auch nicht entscheidend sein; dass es hell und freundlich wirkt, dafür umso mehr. Fotos davon sind unter der Überschrift „Haus Feurstein“ auf der Homepage der Architekten zu sehen.

Fugenlose, glatte Böden: Wer wenig Wohnfläche zur Verfügung hat, sollte diese nicht auch noch optisch unterteilen. Das ist der Grund, warum häufig glatte Bodenbeschichtungen in solchen Häusern zu finden sind. Sind die zudem verhältnismäßig hell, sorgt das zusätzlich für eine großzügige Raumwirkung. Architekt Thomas Bechtold hat ein 138-Quadratmeter-Haus mit einer hellen, fugenlose Bodenbeschichtung geplant – und zeigt den Beitrag aus dem Callwey-Buch auch auf seiner Homepage. Wer eine wärmere Anmutung wünscht, greift zu Parkett, dass über Raumgrenzen hinweg ohne Schwellen verläuft.

Inspirationen und ein kleines Gruselkabinett

Häuser des Jahres 2014

Das Buch „Häuser des Jahres 2014“ ist im Callwey-Verlag erschienen.

Wenn der Callwey-Verlag zusammen mit dem Deutschen Architektur Museum und mit der Unterstützung des Informationszentrums Beton die „Häuser des Jahres – die besten Einfamilienhäuser“ auszeichnet, dann ist das dazugehörige Buch (ISBN 978-3-7667-2097-9) immer einen genaueren Blick wert. Denn die Projekte sind oft richtig spannend, manchmal zwar etwas zu ausgefallen für meinen Geschmack, aber immer mit wunderschönen Fotos und detaillierten Texten beschrieben, dazu gibt es Grundrisse, Lagepläne und viele Daten zum Projekt. Ein paar Inspirationen kann man sich da immer holen – und manchmal nur den Kopf schütteln. So geschehen diesmal bei einem 920 Quadratmeter großen Haus, das in Stuttgart steht: Die Villa verfügt über einen sehr dunkel gestalteten Jagdraum, drin stehen ein ausgestopfter Bär, ein ausgestopfter Jaguar, Zebrafell am Boden, Elch- und andere Geweihe an der Wand. Das hat für mich was von einem Gruselkabinett. Bei so vielen toten Tieren hilft auch die schönste Architektur nicht mehr.

Was auffällt bei den 50 ausgewählten Projekten: Einige sind monströs groß (1150 Quadratmeter Wohnfläche für zwei Personen bei einem Haus in St. Gallen in der Schweiz), viele sind Wochenend- und Ferienhäuser (und dadurch automatisch nicht die typischen Einfamilienbauten), und viele Gebäude haben entweder eine scheunenartige Anmutung oder – im Gegenteil – sind aus ganz viel Beton. Nicht allerdings das Haus, das den ersten Preis gewonnen hat: Das von Thomas Kröger entworfene Haus, das in Gerswalde in Brandenburg steht, hat eine Fassade aus Wellblech.

Mein Favorit ist der Preisträger nicht, mir gefällt stattdessen das in dem Buch vorgestellte Passivhaus von Architekt Manfred Lux, das mit 140 Quadratmetern für vier Bewohner eine normale Größe hat, aber eine ungewöhnliche Form: Wie ein Kristall an vielen Ecken abgeflacht, wurde bei diesem Gebäude das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen optimiert, um Energie zu sparen.

Das ausgezeichnete Projekt in der Passauer Innstadt.

Am Kirchplatz beziehungsweise in der Lederergasse ist in der Passauer Innstadt das ausgezeichnete Projekt der Architekten Hiendl Schineis zu finden. 50 Jahre lang war der Altbau nicht mehr saniert worden, jetzt finden sich drinnen raffinierte Wohnungen. Foto: Karin Polz

Ein zweites interessantes Projekt steht im österreichischen Dornbirn: Ein kleines Haus aus dem Jahr 1961 wurde von Architekt Jochen Specht erweitert, indem um den alten, auf den Rohbau zurückgebauten Kern herum eine neue Hülle aus einer Holzkonstruktion gebaut wurde. Mit vielen Fenstern in den neuen Außenwänden sieht das Haus Hohlen jetzt modern aus. Seine Vergangenheit verleugnet es aber nicht: Frühere Fensteröffnungen dienen jetzt zum Beispiel als Durchgang im Hausinnern.

Auch zwei Projekte aus Niederbayern kommen in dem Buch vor: Die Passauer Architekten Albert Köberl und Alfons Döringer nahmen erfolgreich mit ihrem Projekt „Ein Langhaus im Dorf“ am Wettbewerb teil. Das schmale, lange Häuschen in Fürstenzell mit den rostbraunen Stahlplatten als Fassade, Baujahr 2011, hat schön öfter für Aufsehen gesorgt. Ein anderes Projekt kennt jeder Passauer zumindest von außen: Denn das Projekt „Im Denkmal leben“ von Regina Schineis und Stefan Hiendl steht in der Innstadt direkt neben der Kirche St. Getraud.

30 Beispiele fürs Bauen mit Holz

Haus der Hiendl Schineis Architektengemeinschaft im Landkreis Deggendorf.

Die dunkle Fassade des Hauses verschmilzt fast mit der Landschaft. Foto: Anna Höber

Immer noch bauen in meinem Bekanntenkreis mehr Menschen mit Ziegel als mit Holz. Schade, denn Holz ist meiner Meinung nach das schönere Baumaterial. Das zeigt aktuell auch das Buch „Die besten Einfamilienhäuser aus Holz“ (ISBN 978-3-7667-1995-9) aus dem Callwey-Verlag. Insgesamt 30 Bauprojekte werden vorgestellt – vom fünfeckigen Ferienhaus, das mit schwarz gebeizten Tannenschindeln verkleidet ist, bis zum Siedlungshaus, das von außen verputzt ist, aber zeigt, dass man in Holzständerbauweise auch vier Geschosse hoch bauen kann. Einige Bilder der vorgestellten Einfamilenhäuser gibt es bei Callwey.

Holzhaus im Landkreis Deggendorf, geplant von Hiendl Schineis Architektengemeinschaft.

Die Glasflächen sind wegen des Hangs zwangsläufig nach Norden gerichtet. Foto: Anna Höber

Besonders habe ich mich aber gefreut, dass in dem Buch ein niederbayerisches Projekt zu finden ist, das unsere Mitarbeiterin Anna Höber auch schon in der Passauer Neuen Presse vorgestellt hat. Es handelt sich um einen Entwurf der Hiendl Schineis Architektenpartnerschaft aus Passau. Architekt Stefan Hiendl hat mit dem Bauherren zusammen ein besonders schwierig zu bebauendes Hanggrundstück ausgewählt, das aber einen wunderbaren Blick über einen See bietet.

Die großen Glasflächen richten sich aufgrund der Grundstückslage zwar nach Norden, aber die beiden hintereinander im Hang gestaffelten Geschosse bekommen dennoch genug Licht. Schwarzes Holz bildet die Fassade ‒ und verschwindet fast vollkommen in der Landschaft. Wie das Haus eine Einheit mit dem Hang bildet, gefällt mir sehr gut.

Mir persönlich wäre es ein bisschen zu viel, dass auch innen das Haus komplett mit unbehandeltem Lärchenholz verkleidet ist ‒ Böden, Decke und die Innenflächen der Außenwände. Die Raumaufteilung dagegen finde ich sehr spannend: Schon an der Skizze im Buch sieht man, dass die konventionellen Vorstellungen hier keine Rolle gespielt haben. Überflüssiges fehlt, dafür wird da gewohnt, wo die schönsten Blicke locken.

Die Häuser des Jahres 2013

Buchcover Häuser des Jahres Callwey-Verlag

Covermodell ist natürlich der Gewinner des Wettbewerbs „Häuser des Jahres 2013“.

Die Jury des Häuser-des-Jahres-Wettbewerbs und ich sind nicht einer Meinung – so viel steht schon beim Blick auf das Titelbild fest. Den Gewinner des Wettbewerbes finde ich nämlich nicht so schön.

Der Entwurf des Architektenteams von HHF Architekten Basel erinnert mich ein bisschen zu sehr an ein Funktionsgebäude. Das vollverglaste Erdgeschoss hat so was von Museum oder Veranstaltungshalle oder Aquarium. Ich mag große Fensterflächen – aber vier Seiten Glas, das ist selbst mir zu viel.

Der Jury hat das Haus, das eine halbe Stunde von Basel entfernt steht, aber gefallen. Sonst hätte es den mit 10.000 Euro dotierten ersten Preis ja nicht gewonnen. Exquisite handwerkliche Ausführung und stringente Konsequenz bescheinigt die Jury; die Zonierung des Hauses – oben schlafen, in der Mitte wohnen und unten Funktionsbereiche – gefiel ebenso wie die „Distanzierung von der überwältigenden Natur“ durch die Plattform, auf der das Haus steht. Widersprüchlich sei es, einfach und komplex, introvertiert und extrovertiert.

Nicht verschweigen darf man, dass das Haus eine Wohnfläche von 240 Quadratmeter hat und 1,2 Millionen Schweizer Franken gekostet hat, also 990.000 Euro – das ist schon eher überdurchschnittlich.

Karin liest im Callwey-Buch Häuser des Jahres 2013

Mir gefällt das Passivhaus von Schrötter-Lenzi Architekten.

Ich kann mich da mehr für die kleinen Häuschen begeistern – ausgezeichnet ist zum Beispiel auch ein nur 90 Quadratmeter großes und 150.000 Euro teures Häuschen vom Architekten Sven Matt aus Bezau (Vorarlberg). Oder ein schmales Haus mit nur 4,70 Metern Breite, das Finck Architekten aus Stuttgart auf ein als unbebaubar geltendes Grundstück gezaubert haben – mit immerhin 182 Quadratmetern Wohnfläche und für 264.000 Euro.

Mein Favorit wäre allerdings das Passivhaus von Schrötter-Lenzi Architekten, das meiner Meinung nach eine gute und klare Mischung aus großen Fensterflächen und dunkler Holzfassade besitzt. Der eher flache Bau wirkt gemütlich, von drinnen muss man eine tolle Aussicht haben, und die integrierte Terrasse finde ich großartig. 124 Quadratmeter Wohnfläche hat es, 350.000 Euro betrugen die Baukosten.

Wer mehr sehen will, klickt auf http://haeuser-des-jahres.com. Oder greift zum Buch: „Häuser des Jahres – die besten Einfamilienhäuser“ (Callwey-Verlag, ISBN 978-3-7667-2037-5) dokumentiert die 50 besten Einfamilienhäuser, ausgewählt aus 220 Einsendungen. Zum dritten Mal lobte der Callwey-Verlag in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Architektur Museum den Wettbewerb aus. Das Buch zeigt die besten Häuser mit zahlreichen Fotos, Lage- und und Architektenplänen und Projektbeschreibungen.