Das kannst du doch nicht machen! – Teil 3: Bauen ohne Rollläden

Innen helle Stoffrollos und Vorhänge, draußen ein paar Sträucher und Bäume: Das sind meine bevorzugten Alternativen zu Rollläden im Hochsommer. Foto: Karin Polz

Innen helle Stoffrollos und Vorhänge, draußen ein paar Sträucher und Bäume: Das sind meine bevorzugten Alternativen zu Rollläden im Hochsommer. Foto: Karin Polz

Ein Haus besteht aus vielen einzelnen Teilen. Was passiert, wenn man diejenigen Teile einfach weglässt, die man selbst nicht nutzen wird, die andere aber als Standard betrachten? Häufigste Reaktion: „Das kannst du doch nicht machen!“ Kann man doch! Davon handelt ja diese Serie. Mir fallen auf Anhieb gleich einige Dinge ein, die man je nach persönlicher Neigung weglassen könnte. Wer nicht gerne badet, könnte die Badewanne weglassen. Wer kein Auto hat, muss keine Garage bauen. Und wer bisher in den Mietwohnungen keine Rollläden benutzt hat, wird auch im eigenen Haus keine brauchen.

Warum keine Rollläden?

Schlafzimmer im Haus Polz mit Kleiderschrank Pax

Vorhänge sind nicht nur Sichtschutz: Sie sind gleichzeitig ein Element der Wohnraumgestaltung. Foto: Hendrik Schwartz

Ich mag es, aus dem Fenster zu schauen. Ich will nachts und morgens gerne wissen, wie dunkel oder hell es draußen ist, schon bevor ich aufstehe. Wenn draußen ein Gewitter tobt, will ich dabei zusehen. Und im Hochsommer ertrage ich lieber die Hitze, als dass ich tagsüber im Dunkeln sitze. Es gibt keine Situation, in der ich die Rollläden benutzen würde – weder nachts noch bei Unwettern und schon gar nicht tagsüber bei Sonnenschein.

Natürlich tickt da jeder Mensch anders. Aber darum baut man sich ja ein eigenes Haus, damit man seine individuellen Wünsche umsetzen kann. Oder? Jedenfalls wollte ich von Anfang an keine Rollläden haben. Auch als zusätzliche Dämmschicht vor dem Fenster oder als Einbruchsschutz spielen die Rollläden bei mir keine Rolle – moderne Fenster können beides auch ohne Rollläden bieten.

Ist es billiger, ohne Rollläden zu bauen?

Rollläden veranschlagt Autor Achim Linhardt in seinem Buch „Attraktiv bauen mit kleinem Budget“ (DVA, ISBN 978-3-421-03816-6) mit 150 Euro pro Fenster. Und zwar, wenn das Fenster 1,5 Quadratmeter groß ist. Unsere Fenster sind aber fast 4,5 Quadratmeter groß. Das hätte bedeutet, dass wir nicht nur teure, weil große Rollläden in Sondermaßen benötigt hätten, sondern für alle Fenster auch einen elektrischen Antrieb. Wie viel das gekostet hätte? Keine Ahnung, haben wir uns nie anbieten lassen. Positiv zu werten ist es sicherlich auch, dass Fenster ohne Rollläden unkompliziert einzubauen sind und mit dem fehlenden Rollladenkasten eine mögliche konstruktive Schwachstelle wegfällt.

Und aus architektonischer Sicht?

Musterhaus Functionality von Sonnleitner

Rollläden sind nicht besonders hübsch anzuschauen. Schiebeläden sind dagegen auch ein Element der Fassadengestaltung wie hier bei diesem Musterhaus von Sonnleitner. Foto: Karin Polz

Das finanzielle Argument fällt aber sofort weg, wenn man sich dazu entscheidet, dass man Läden als Gestaltungselement in der Fassadenplanung nutzen möchte. Dann könnte man sich zum Beispiel für Fensterläden entscheiden oder – was mir persönlich sehr gut gefällt – Schiebeläden. Hat man beispielsweise lauter symmetrisch angeordnete und gleich große Fenster und daneben jeweils ein fenstergroßes Schiebeelement aus Holz, kann das eine schöne Fassadenansicht ergeben oder sogar das entscheidene Element der Fassadengestaltung sein. Großzügige Balkone können beispielsweise durch Schiebeelemente auf der ganzen Länge verdeckt werden. Bei solchen Konstruktionen ändert sich das Aussehen des Hauses komplett, je nachdem, ob die Läden geschlossen oder zur Seite geschoben werden. Schöner als Rollläden sind solche Lösungen allemal. Rein von der Ästhetik her gehen für mich Häuser mit geschlossenen Rollläden gar nicht.

Was sind die Alternativen zu Rollläden?

Fensterläden und Schiebeläden sind eine Möglichkeit. Wer beides nicht möchte, weil es beispielsweise nicht zur Fassadengestaltung passt, hat sowohl drinnen wie auch draußen noch einige Möglichkeiten. Um nachts Räume abzudunkeln oder zu aggressives Sonnenlicht rauszusperren, haben wir raumhohe Vorhänge aus blickdichten Stoffen an allen Fenstern, bei denen das notwendig sein kann. Die sind zudem Gestaltungsmittel für die Räume und daher auch in verschiedenen Farben und Dessins im Haus vorhanden.

Gegen zu viel Sonnenlicht sind Laubbäume der beste Schutz. Stehen sie an der richtigen Stelle und haben sie eine gewisse Größe erreicht, so werfen sie im Sommer mit dichtem Laub genug Schatten. Und wenn es Winter ist und Sonne Mangelware, lassen sie laublos die wertvollen Sonnenstrahlen durch. Sichtschutz bieten sie ebenfalls – das gilt übrigens ebenso für Sträucher. Im Sommer ist unser Garten durch viel Grün abgeschottet. Im Winter hat man von der Straße aus dagegen freien Blick auf unseren Esstisch.

Was die Sonneneinstrahlung angeht, haben wir übrigens gerade im Nordosten mittlerweile im Sommer Innenrollos aus hellem Stoff. Denn an Sommertagen hat die tiefstehende, weil gerade aufgehende Sonne das Haus mit den fast waagrecht reinfallenden Strahlen am stärksten aufgeheizt. Die hochstehende Mittagssonne hat dagegen vom Einstrahlwinkel her die Wohnräume gar nicht wirklich erreicht.

Entscheidungshilfen

Wer zu Rollläden tendiert, sollte sich mal anschauen, was Fachfirmen so alles im Angebot haben – da ist der Sonnenschutz ein Teil des Smart Home und kann ferngesteuert, zeitgesteuert und wettergesteuert werden. Wie man Schiebeläden gestalterisch einsetzen kann, zeigt der Beitrag, den ich über das Musterhaus von Sonnleitner geschrieben habe. Und bei meinem Post über das „Traumhaus mit roten Fensterläden“ spricht ja schon der Titel für sich. Egal, ob man es nachts dunkel mag, schattig im Sommer oder die Sonne niemals aussperren möchte: Bei der Frage nach Rollläden muss man vor allem nach seinen eigenen Bedürfnissen entscheiden. Wer dazu noch die Alternativen studiert, findet bestimmt die individuell richtige Lösung.

Hier geht es zu den weiteren Teilen der Serie „Das kannst du doch nicht machen!“:

Teil 1: Bauen ohne Keller

Teil 2: Bauen am Nordhang

Teil 4: Bauen ohne Wohnzimmer

Teil 5: Bauen mit Holz

Teil 6: Bauen ohne Zaun

Teil 7: offener Wohnraum, offene Treppe

Ein Traumhaus mit roten Fensterläden

Das Einfamilienhaus mit roten Fensterläden und Terrasse.

Die Fensterläden waren von Anfang an geplant. Die rote Farbe allerdings setzte sich erst nach Diskussionen durch. Foto: Karin Polz

Eine gute Entscheidung: Neubau statt Sacherl

Hätte man die Bauherren vor ein paar Jahren danach gefragt, wie sie sich ihr eigenes Zuhause idealerweise vorstellen, dann hätte es sich so angehört: ein Sacherl auf dem Land, mitten in der Natur, viel Platz, vielleicht samt einem Stall für das eigene Pferd – aber auf keinem Fall ein Neubau in einer Neubausiedlung.

Dass dieser Traum nicht umsetzbar war, mussten die beiden erkennen, als sie sich nach einer solchen Immobilie umsahen: „Was auf dem Markt angeboten wird, ist entweder unendlich teuer oder komplett renovierungsbedürftig“, sagt der Bauherr. Nach der Ernüchterung war klar: Eine Neubausiedlung soll es immer noch nicht werden, aber vielleicht kann man ja sein Traumhaus irgendwo anders neu bauen? Man kann – und zwar genauso idyllisch, wie man es bei einem Sacherl erwartet hätte! Das sieht man heute, wenn man die Bauherren besucht. In einem kleinen Ort im Landkreis Passau fanden die beiden das Grundstück, das genau ihren Vorstellungen entsprach: auf dem Land, viel Platz, drumherum Natur.

Blick in die Küche.

Die offene Küche vom Schreiner haben die Bauherren harmonisch in den Wohnbereich integriert. Foto: Karin Polz

„Ich weiß gar nicht, warum niemand das Grundstück haben wollte“, wundert sich die Bauherrin noch heute. Vielleicht war es mit seinen 1245 Quadratmetern vielen Interessenten zu groß, vielleicht schreckte sie die schmale und lange Zufahrt ab, vielleicht der angrenzende Bach. Für die Bauherren waren das dagegen teils Pluspunkte – und nahe genug an Passau, am Arbeitsort, lag das Grundstück auch. „Das Grundstück hat uns gleich bei der ersten Besichtigung gut gefallen“, erinnert sich der Bauherr. Das junge Paar griff also zu und machte sich schneller als erwartet an die Hausplanung.

Gemeinsamer Wunsch: ein Haus aus Holz

„Dass es ein Holzhaus wird, war von Anfang an fix“, erzählt der Bauherr. Ausschlaggebend war für die beiden das angenehme Raumklima, das man in Holzhäusern findet. Und natürlich wirkt das Holz im Innenraum auch gemütlich und wohnlich – vor allem an der Holzbalkendecke erkennt man die Konstruktion in Holzständerbauweise. Von außen ist für den Laien nicht zu sehen, dass es sich um ein Holzhaus handelt, denn die Fassade wurde verputzt.

Eine Holztreppe führt ins Obergeschoss.

Die Holztreppe passt gut zur wohnlichen Atmosphäre im Haus. Foto: Karin Polz

Gebaut hat das Holz der Hersteller Wolf Haus in Osterhofen (Landkreis Deggendorf). Vier Angebote hatte das Paar eingeholt, bei Wolf überzeugte vor allem der beratenden Architekt – und das schon beim Erstkontakt. Denn der hatte nicht nur offene Ohren für die Wünsche der Bauherren, sondern auch noch einige Verbesserungsvorschläge, für die die Bauherren heute noch dankbar sind.

So wollten die beiden erst „so klein wie möglich“ bauen, um Kosten zu sparen. Doch Architekt Bernhard Denk erklärte ihnen die Vorzüge von zwei Vollgeschossen – und so wurden diese mit 150 Quadratmetern Wohnfläche umgesetzt. Auch die ans Haus anschließende Garage war die Idee des Architekten. Hier gab es erst Bedenken, eine direkt anschließende Garage könnte von der Architektur des Hauses ablenken, doch dies konnte Bernhard Denk entkräften.

Alufensterläden muss man nicht streichen

Die markanten Fensterläden waren ebenfalls Thema von lohnenden Diskussionen: Die Bauherrin wollte immer schon welche, ihr Partner scheute den Arbeitsaufwand – der Architekt riet zu Alufensterläden, die man nicht streichen braucht. Die Bauherrin wollte die Läden in Grün, das gefiel ihrem Partner aber nicht – so einigte man sich schließlich auf Rot. Das passt nun gut zu dem dunkelgrauen Rahmen der Holz-Alu-Fenster.

Die Haustür ist in rot gehalten.

Die Haustür passt natürlich farblich perfekt zu den roten Fensterläden. Foto: Karin Polz

Dass man beim Bauen viele Kompromisse schließen muss, ist normal. Dass man dabei aber so gute fachliche Beratung hat wie die Bauherren und dadurch zum Schluss sogar vieles verbessern kann, das ist der Idealfall. Tatsächlich sieht man an dem Beispiel, wie wichtig es ist, einen guten Architekten zu haben, mit dem man auf einer Wellenlänge liegt. Das gilt selbst dann, wenn man eigentlich glaubt, schon genau zu wissen, wie man bauen will.

Das traf in diesem Fall vor allem auf das Wohndesign im Inneren des Hauses zu. Viele Wünsche waren vorher schon klar definiert: ein großes Bad, eine Ankleide, eine offene Küche mit einer Kochinsel, eine Schreinerküche, einheitliche natürlich wirkende Fliesen, ein Gästebad. Auch ihre Wünsche für den Garten hat das Paar, kaum ein Jahr nach dem Einzug, schon größenteils umgesetzt. Ein paar Dinge fehlen noch, ein Schwedenofen soll in den Wohnraum, vor der großen Holzterrasse ist ein Teich geplant, ein Carport soll aufgestellt werden.

Das Wichtigste ist aber schon erreicht: Die beiden fühlen sich wohl. Nicht zuletzt, weil die Dorfgemeinschaft sie herzlich aufgenommen hat: „Und das, obwohl wir die einzigen ‚Zuagroasten‘ hier sind“, lacht die Bauherrin.