Die typischen Bauten der Provence und die Philosophie des Bauhausstils – das hat auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun. Für die Gäste des Coquillade Village können solche Zusammenhänge aber ganz deutlich werden. Vor allem, wenn sie sich von Hoteldirektor Werner Wunderli erzählen lassen, wie das französische Fünf-Stern-Resort zu seinem heutigen Aussehen kam.
Eineinhalb Autostunden von Marseille entfernt, auf einem Hügel und inmitten eines Weingutes, liegt das Coquillade Village. Das weitläufige Resort im Stil eines typisch provenzalischen Weilers mit einer Fläche von 42 Hektar hat eine dorfähnliche Struktur und umfasst sechs traditionelle Landhäuser, deren älteste Mauern auf das 11. Jahrhundert zurückgehen, und ein modernes Gebäude aus dem Jahr 2015.
In 63 Zimmern, davon 42 Suiten, können Gäste eine Mischung aus dem traditionellen Stil der Provence und modernem Innendesign erleben. Verantwortlich für diese Mischung zeichnen Carmen und Werner Wunderli, das Schweizer Hoteldirektorenpaar. Beim Um- und Neubau setzten sie auf Architekten und Handwerker aus der Region. Und gestalterisch auf klare Formen, Funktionalität und beste Materialien. Viele Gegenstände wie Möbel, Leuchter oder schmiedeeiserne Elemente stammen unmittelbar von regionalen Handwerkskünstlern. Allerdings eben nicht im typischen Design der Provence, sondern im Bauhausstil, der in Material und Farbe an die Provence angepasst wurde.
Die Architektur der Gegend aus dem 13. bis 17. Jahrhundert in ein modernes Konzept zu integrieren, das machte die Gestaltung des Hotels für Werner Wunderli erst so richtig spannend: „Es war erstaunlich, wie die Einfachheit der Lebensweise der Ur-Einwohner dieser Gegend mit der einfachen Formensprache des Bauhaus-Stils übereinstimmte“, sagt Werner Wunderli. Das „Weniger ist mehr“, das ja in der Bauhaus-Philosophie verankert ist, wurde in dieser Gegend aufgrund der beschränkten finanziellen Möglichkeiten schon gelebt. Mit Erdfarben, Stein und Holz wurden auch die Materialien der Gegend schon immer verwendet – und nun auch bei der Gestaltung des Hotels.
Ob die Gäste allerdings den Zusammenhang zwischen traditioneller Architektur und Bauhaus erkennen, das ist für Werner Wunderli zweitrangig. „Derjenige, der kein Spezialist ist, soll sich einfach wohlfühlen, ohne zu analysieren, warum“, wünscht sich der Hoteldirektor. Zu den klaren und einfachen Design-Philosophien der 1920er Jahre hat Werner Wunderli schon als junger Mann gefunden. Er freut sich, dass diese Lebens- und Einrichtungsform nun endlich auch bei den Gästen ankommt. Das war nicht immer der Fall: „Ich habe festgestellt, dass die Kunden bis in die 1990er Jahre nicht bereit waren, sich in diesem Stil wohlzufühlen.“ Dabei hält er diese Form des Sich-Einrichtens für die einzige, die Generationen überdauern kann. „Für mich muss Interior-Design auch in 20 und 50 Jahren noch gültig sein. Man kann Stoffe, Möbel und Farben verändern – aber die Basis wie Wände, Böden, Einbauten müssen Beständigkeit beinhalten. Ein Corbusier-Sessel oder eine Eames-Liege, ein Breuer-Stuhl sind heute noch modernste Möbel – auch wenn sie Klassiker geworden sind“, schwärmt Werner Wunderli. Genauso wie ein Gemäuer aus dem 11. Jahrhundert heute wieder modernen Lifestyle ausstrahlen kann. Wer es selbst erleben will: Die Übernachtungspreise im Coquillade Village beginnen bei 220 Euro für zwei Peronen im Doppelzimmer mit Frühstück.