Warum Norman Foster seltsam geformte Gebäude entwirft

Büroturm 30 St Mary Axe in London, bekannt als "The Gherkin"

Wie eine Gurke sieht das Bürohochhaus der Swiss Re in London aus. Daher stammt auch sein Spitzname „The Gherkin“. Foto: Hendrik Schwartz

Wenn von Norman Foster die Rede ist, wird seinem Namen gerne ein „Stararchitekt“ vorausgestellt. Dass der 79-Jährige tatsächlich ein Star ist, was seine Kreativität angeht, das beweisen alleine schon seine Projekte. Im Medienzentrum der Passauer Neuen Presse in Passau-Sperrwies sind noch bis 28. November 2014 großformatige Fotografien der von ihm entworfenen Gebäude ausgestellt. Ideenskizzen und Texttafeln geben Einblicke in die Entstehung der oft aufsehenerregenden Architektur. Der Eintritt ist frei, die Ausstellung ist von Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Wer sich die Bilder ansieht, erkennt: Normale Formen sind nichts für Norman Forster. Quader und rechte Winkel finden sich kaum.

Architektur wird umso spannender, wenn sie Beschränkungen unterliegt, sagte Norman Foster sinngemäß, als er im Oktober 2014 zu Gast im Medienzentrum war. Dass ihm solche Herausforderungen liegen, merkt man schnell: Ob er sich – wie bei der Reichstagskuppel in Berlin – am historischen Bestand orientieren musste oder – wie beim Viadukt von Millau in Südfrankreich – außergewöhnliche örtliche Bedingungen vorfand, immer ist ein architektonisches Meisterwerk entstanden. Und meist in sehr ungewöhnlicher Form.

Norman Foster Ausstellung im Atrium des Verlagsgebäudes der Passauer Neuen Presse

Architektur trifft auf Architektur: Die Fotos der Projekte von Norman Foster werden im Atrium des Verlagsgebäudes der Passauer Neuen Presse gezeigt, das selbst mit moderner Architektur beeindruckt. Foto: Karin Polz

Besonders spannend ist Norman Foster ökologische Ausrichtung. Oft erklären sich die ungewöhnlichen Formen und Umrisse der Bauten dadurch, dass sie besonders energieeffiziente Effekte haben. Bei der City Hall in London beispielsweise hat Foster die Sonneneinstrahlung auf die Oberfläche minimiert und die Beschattung maximiert. Der Büroturm der Commerzbank in Frankfurt nutzt das zentrale Atrium als natürlicher Lüftungsschacht, eine doppelte Außenfassade macht die Frischluftzufuhr beim Lüften möglich, einige weitere Maßnahmen machen den Büroturm zum ökologischen Vorzeigeprojekt. Er wird immer wieder als „das erste ökologische Hochhaus“ bezeichnet. Die Ökostadt Masdar City bei Abu Dhabi plante Norman Foster gleich ganz kohlendioxid-neutral und abfallfrei, sie soll rein mit regenerativen Energien versorgt werden und autofrei bleiben.

City Hall London Außenansicht

Die ungewöhnliche Form der City Hall London erklärt sich dadurch, dass das Gebäude möglichst energieeffizient sein sollte: Die der Sonne ausgesetzten Flächen wurden minimiert, die Beschattung maximiert. Foto: Hendrik Schwartz

Auch das als „The Gherkin“ bekannt gewordene Hochhaus der Swiss Re in London – offizieller Name „30 St Mary Axe“ – verbraucht nur etwa die Hälfte der Energie eines normalen Bürogebäudes. Interessant ist bei diesem Bau auch,wie Norman Foster den Raum ausnutzt: Die tragende Außenhaut macht einen stützenfreien Innenraum möglich, Licht und Außenwelt kommen durch die transparente Hülle ungehindert ins Gebäude, eine Begrenzung nach außen gibt es sozusagen nicht. Die Bedürfnisse der Menschen liegen ihm am Herzen, sagt Norman Foster. Dass er trotz des massenweisen Einsatzes von Glas und Stahl trotzdem ansprechende, gar wohnliche Umgebungen schafft, zeigt seine Größe. Ästhetik und Alltagstauglichkeit schließen sich bei ihm nicht aus.

Heizung überflüssig: Komfortabel wohnen im Passivhaus

Passivhaus Engler in Burghausen Außenansicht

Große Fensterflächen im Süden lassen viel Sonne ins Passivhaus − das und die gute Dämmung machen eine konventionelle Heizung überflüssig. Foto: Karin Polz

Nie Heizöl oder Pellets kaufen. Niemals schlechte Luft in den Wohnräumen. Keine Angst vor Schimmel haben müssen. Wer ein Passivhaus baut, kann diese Vorteile genießen, energiesparend und komfortabel wohnen. Nach den Zertifizierungskriterien des Passivhaus-Instituts Darmstadt darf ein Passivhaus einen Heizwärmebedarf von 15 Kilowattstunden − den Energiegehalt von etwa 1,5 Liter Heizöl − pro Quadratmeter pro Jahr nicht übersteigen. Das sind 90 Prozent weniger als bei einem herkömmlichen Gebäude im Bestand.

Es waren nicht nur die Energiekosten, die Nina und Johannes Engler aus Burghausen überzeugt haben, ein Passivhaus zu bauen. „Wir hatten das Grundstück reserviert und waren uns sicher, dass wir unsere Doppelhaushälfte in Holzbauweise bauen wollen. Von Manfred Gruber ließen wir uns dann von den Vorteilen des Passivhauses überzeugen“, erzählt Nina Engler.

Esszimmer und Küche im Passivhaus Enger

Offene Wohnräume, viel Licht und immer angenehm temperiert: Die Englers schwärmen von dem Raumklima. Foto: Nina Engler

Der Inhaber von Holzbau Gruber aus Kirchweidach wohnt selbst in einem Passivhaus, ist Mitglied im Passivhaus-Kreis Rosenheim-Traunstein und baut nach eigenen Angaben zu 90 bis 95 Prozent Passivhäuser. Das Haus der Englers ist auch für ihn ein besonderes: Es wurde vom Passivhaus-Institut zertifiziert und darf ein offizielles Siegel tragen. Das können nicht viele Häuser von sich behaupten − im Landkreis Altötting ist es ein einziges, im Landkreis Mühldorf und Bad Reichenhall gibt es gar kein zertifiziertes Passivhaus, im Landkreis Traunstein fünf Häuser und im Landkreis Rosenheim ebenfalls fünf. Dies war der Stand im Januar 2014 nach Angaben des Passivhaus-Instituts. Von insgesamt 25.000 Wohneinheiten im Passivhaus-Standard sind in Deutschland nur etwa zehn Prozent zertifiziert nach den Kriterien des Passivhaus-Instituts.

Vieles, was sich die Englers für ihr 139 Quadratmeter großes Zuhause gewünscht hatten, konnte mit der Passivhaus-Bauweise umgesetzt werden. Sie hatten sich ein Grundstück mit Ausrichtung nach Süden ausgesucht, so kann die Wärme der Sonne ausgenutzt werden − eine wichtige Voraussetzung. Große Fenster wünschte sich Nina Engler sowieso − dass es nun spezielle Passivhausfenster mit Dreifach-Wärmeschutzverglasung und überdämmten Rahmen sind, die Sonnenstrahlen reinlassen, aber die Wärme nicht mehr rauslassen, kann ihr nur recht sein. Die Bodenplatte auf einer 40 Zentimeter dicken Schicht aus Glasschaumschotter und die  42 Zentimeter dicken Wände halten schön warm. Bau- und Dämmstoffe sind zudem fast ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen.

Zertifizierungsschild für Passivhaus Engler

Dass das Haus Engler ein zertifiziertes Passivhaus ist, beweist dieses Schild neben der Haustür. Foto: Karin Polz

Südausrichtung, Dämmung, keine Wärmebrücken − viel physikalisches Wissen, Berechnen und genaues Arbeiten sind für ein Passivhaus notwendig. Dazu kommt eine ausgeklügelte Technik: Die kontrollierte Wohnraumlüftung sorgt für frische Luft. Beim Austausch wird der verbrauchten Luft die Wärme entzogen und die frische Luft damit angewärmt. Weitere Heizleistung für Wohnräume und Warmwasser stellt ein Wärmepumpen-Kompaktgerät bereit. Es hat die Größe eines Gefrierschranks und die Leistung eines Haarföns. Der Betrieb kostet die Englers umgerechnet einen Euro Strom pro Tag. Da ansonsten keine Heizung benötigt wird, hat das Haus der Englers keinen Kamin −  das spart Kosten. Dafür haben sich die Englers eine Photovoltaikanlage geleistet. „Rein rechnerisch ist es sogar ein Plusenergiehaus“, freut sich Manfred Gruber.

„Ich empfehle allen Freunden, ein Passivhaus zu bauen“, sagt Nina Engler. „Es ist einfach das beste Raumklima; ich habe in den vergangenen 30 Jahren nie in einem besseren gewohnt.“ Vorurteile, wie dasjenige, dass man in einem Passivhaus nie die Fenster öffnen darf, entkräftet sie mit einem Lächeln: „Ich darf die Fenster öffnen, ich muss aber nicht.“

Tage des Passivhauses 2014

Wie lebt es sich in einem Passivhaus? Wer sich so ein Gebäude näher anschauen und mit Planern und Bewohnern sprechen möchte, kann die „Tage des Passivhauses“ nutzen. Von 7. bis 9. November 2014 öffnen viele Passivhäuser ihre Türen. Einen Überblick gibt es unter www.passivhausprojekte.de.

Dieser Text ist erstmals im Lokalteil Altötting der Passauer Neuen Presse vom 1. November 2014 erschienen.

Neues Leben im alten Bauernhaus

Altes Bauernhaus neu renoviert Außenansicht

Das kleine Bauernhaus mit dem Holzbalkon ist direkt an den ehemaligen Stall angebaut. Zwei Räume über dem Stallgebäude wurden integriert. Foto: Karin Polz

Wenn alles nach Plan gegangen wäre, würde Martina Baumgartner (27) jetzt in einem Neubau wohnen. Stattdessen richtet sie gerade ein rund zweihundert Jahre altes Haus ein. Eines, das unter Denkmalschutz steht und deshalb nicht abgerissen werden durfte.

Davon allerdings wussten Martina Baumgartner und ihre Eltern Heinrich und Theresia nichts, als sie die Bauvoranfrage stellten. Zurück kam ein Schreiben des Denkmalamtes. Erst waren die Baumgartners nicht gerade begeistert. „Als ich mir dann aber zwei, drei umgebaute alte Häuser angeschaut hatte, war ich fasziniert“, sagt Martina. „Mittlerweile bin ich auch stolz darauf, was wir aus dem alten Häuschen gemacht haben“, sagt ihr Vater Heinrich.

Flur nach der Renovierung

Der alte Terrazzoboden durfte bleiben, auch die alten Steine zeugen von der ursprünglichen Bauweise des Hauses. Die Treppe hingegen ist neu. Foto: Martina Baumgartner

Das alte Haus ist schließlich sein Elternhaus. Er selbst hat für seine Familie auf dem Hof  im Landkreis Passau in den 1970er Jahren einen Neubau errichtet. Im alten Haus wohnte bis 2008 noch eine ehemalige Magd. Dann kamen die Abriss- und Neubaupläne, die Nachricht vom Denkmalamt und schließlich die denkmalschützerische Erlaubnis, das Haus nach bestimmten Maßgaben umzubauen, damit Martina dort wohnen kann. 2011 ging es los − mit dem Ausräumen.

Nach viel Eigenleistung und dank problemloser Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt kann Martina nun in ein Haus einziehen, das in der Substanz und in den Details seine Vergangenheit deutlich zeigt, gleichzeitig aber modernen Komfort bietet. Die Wand- und Fußbodenheizung und die Gastherme, die Dreifachverglasung der Fenster und die modernen Elektroleitungen sieht man natürlich nicht. Dagegen sticht dem Besucher schon beim ersten Schritt ins renovierte Bauernhaus der besondere, originalerhaltete Fußboden ins Auge: ein vor Ort gegossener Terrazzoboden. „Wegen ihm haben wir im Flur des Erdgeschosses auf eine Isolierung des Bodens nach unten verzichtet, es wäre schade um ihn gewesen“, sagt Martina.

Das Wohnzimmer nach der Renovierung

25 Kastenfenster mussten extra für das Haus angefertigt werden. Sie passen perfekt zum Charakter des Hauses und wirken dabei überhaupt nicht veraltet. Foto: Martina Baumgartner

Rechts und links des Flurs lässt sich deutlich erkennen, wie das Haus aufgebaut ist: Martina und ihre Familie − neben den Eltern half auch die Schwester mit Mann − haben die großen Granitsteine freigelegt und neu verfugt. „Tagelang haben wir dagesessen, die Steine von mehrfachen Zementschichten befreit und die Fugen ausgekratzt“, erinnert sich Martina. Wo über dem Granit die Ziegelsteine beginnen, ist die Wand weiß verputzt. Der ehemalige Zugang zum Stall wurde zugemauert. Am Treppenaufgang ist zu sehen, dass der obere Teil des Hauses aus Holz gebaut ist − eine Altholzwand erstrahlt dank der Behandlung mit der Wurzelbürste in neuem Glanz.

Vorher: das Bad

Alt und altmodisch: So sah das heutige Badezimmer vorher aus. Foto: Martina Baumgartner

„Mich beeindruckt das, wie die Leute damals gebaut haben“, sagt Martina. „Mir war wichtig, dass Bauteile frei bleiben, egal, ob Holz oder Stein, damit der individuelle Charakter und der spezielle Charme des Hauses zur Geltung kommen.“ Dass sie oft Kompromisse schließen musste, stört Martina nicht: „Es war eine Herausforderung, sich nach den Gegebenheiten des Hauses zu richten und da was draus zu machen.“ Viel Zeit hat sie damit verbracht, im alten Haus zu sitzen und sich zu überlegen, wie es später aussehen soll. „Ich wollte mich an das halten, was schon da war. Also zum Beispiel nur Naturprodukte verwenden. Und ich wollte das Haus offen, hell und freundlich haben, etwas Modernes mit dem Traditionellen verbinden.“

Das Bad nach der Renovierung

Und so sieht das Bad heute aus: modern, aber dank Natursteinoptik stimmig. Foto: Martina Baumgartner

Komplizierter als ein Neubau war dies allemal. So mussten die neuen Fenster vom Schreiner maßgefertigt werden. 25 Kastenfenster hat das kleine Häuschen − und fast jedes Fenster hat eine andere Größe. „Wir sind froh, dass wir den Schreiner hatten, dass es überhaupt noch Handwerker gibt, die diese Sachen machen“, sagt Martina. Denn auch für die Innentüren war ein Spezialist nötig. Die alten Holztüren benötigten zum Teil neue Glaseinsätze. Ein Glaser hat diese mit altem und neuem Glas, traditioneller Technik und Kitt eingebaut. Mit den alten Kastenschlössern, die die Baumgartners zusammengesammelt haben, schauen die Holztüren wieder aus wie anno dazumal − und passen perfekt ins übrige Ambiente.

Der Keller nach der Renovierung

Selbst der kleine Keller sieht nach der Renovierung hübsch aus: Weil nun auch der Treppenabgang zum Keller offen ist und beleuchtet wird, wirkt er nicht mehr düster und unheimlich. Foto: Martina Baumgartner

Ins Obergeschoss führt eine neue Treppe, das Geländer ist nach altem Muster gefertigt. Der Holzboden oben ist original − bis auf die Holznägel. „Ungefähr 150 Holznägel haben wir selbst geschnitzt, um dort, wo die Holzbretter alte Eisennägel hatten, die Löcher zu füllen“, erzählt Martina.

Während es unten ein Wohnzimmer und eine Küche gibt, wird das Obergeschoss Bad, Gästezimmer und ein kleines Büro beherbergen. Auch Martinas Schlafzimmer ist im Obergeschoss geplant, genau dort, wo früher die Oma geschlafen hat. Sogar die alten Möbel wird Martina hier verwenden. Andere Relikte haben dagegen neue Funktionen bekommen: Aus Altholz haben die Baumgartners Wäschekörbe gefertigt, ein alter Sicherungskasten hängt neu gestrichen dekorativ an der Wand.

„Ein Neubau wäre mit Sicherheit einfacher gewesen“, sagt Martina. Aber woanders neu zu bauen und das denkmalgeschützte Haus sich selbst zu überlassen? „Ich will doch keine Ruine vor der Haustür“, sagt Heinrich Baumgartner. Wäre auch schwer vorstellbar bei dem schmucken „Schusterbauer“-Hof, der schon 1674 urkundlich erwähnt wurde. Jetzt hat er ein neues Prachtstück − mit Vergangenheit, aber gerüstet für die Zukunft.

Dieser Text ist erstmals in der Beilage „Planen, Bauen, Wohnen“ der Passauer Neuen Presse vom 20. September 2014 erschienen.

Der Strom kommt vom Hausdach

Das Holz Polz mit der Photovoltaikanlage im September 2014

Fleckerlteppich auf dem Dach: Die Kollektoren fürs Warmwasser und die Photovoltaikanlage teilen sich das Dach auf der Ostseite. Foto: Hendrik Schwartz

Architektonisch gesehen ist so eine Photovoltaikanlage nicht gerade ein Gewinn fürs Haus. In Hinblick auf eine möglichst umweltfreundliche Energieerzeugung, Kohlendioxideinsparung und Stromkosten aber durchaus ein Lichtblick.

2405 Kilowatt hat unsere Photovoltaikanlage seit Juni 2014 bereits erzeugt, dadurch 1,7 Tonnen Kohlendioxid vermieden und ein paar hundert Euro Strom erwirtschaftet. Auch wenn wir dafür erst einmal ein bisschen Geld investieren mussten, sind wir der Meinung: Das lohnt sich.

Diagramm zur Stromerzeugung am 6. Juni 2014

Ein guter Tag: Die Anlage war erst einige Tage in Betrieb, als wir schon diesen äußerst ertragreichen Tag verzeichnen konnten. Grafik: Sunny Portal

Unsere Photovoltaikanlage leistet 5,865 Kilowatt Peak, die Module sind auf beiden Dachseiten angebracht und haben damit eine Ost- beziehungsweise Westausrichtung. Bestenfalls haben wir dadurch einen Teil des Jahres sowohl morgens vor der Arbeit als auch abends nach der Arbeit noch etwas eigenen Strom.

Wir versuchen, so gut es geht, den Strom selbst zu nutzen. Die Spülmaschine oder den Wäschetrockner betreiben wir bevorzugt dann, wenn die Sonne scheint, das klappt allerdings nicht immer. Eine Speichermöglichkeit haben wir für den Sonnenstrom nicht. Was wir nicht brauchen, geht ins Stromnetz. Und vielleicht irgendwann später einmal in die Batterie eines Elektroautos.

Für alle, die ein paar Daten zur Photovoltaikanlage wissen möchten, hier ein kleiner Überblick.

Rundum-Energieversorgung durch die Sonne

Kollektoren auf dem Dach, an der Fassade und an der Rückwand des Carports (links) sammeln die Energie der Sonne. Foto: Karin Polz

Im Sommerhalbjahr Warmwasser und Heizung nur durch die Sonne? Das kriege ich mit meinen 14 Quadratmetern Solarkollektoren schon hin. Mehr Strom erzeugen, als ich selber brauche? Auch das ist mit meiner Photovoltaikanlage im Sommer ein Kinderspiel. Aber das ganze Jahr über nur auf die Sonne als alleinige Energiequelle vertrauen? Das scheint riskant. Ist doch das Hauptproblem bei der Sonnenenergie, dass Häuser dann die meiste Energie benötigen, wenn die Sonne am wenigsten scheint.

Ein Modellprojekt im Deggendorfer Stadtteil Natternberg soll aber nun genau das beweisen: Dass ein Haus mit entsprechender Ausstattung an Solarthermie und Photovoltaik mehr Energie erzeugen kann, als es selbst verbraucht. „Da geht es natürlich jetzt um die Bilanz“, sagt Markus Zacher. Der Student der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg verbringt sein Praxissemester damit, die Daten des Hauses zu sammeln und auszuwerten. Doch zu seinen Aufgaben gehört es auch, mal die Waschmaschine und den Trockner zu beladen, die Lichter ein- und auszuschalten – Markus Zacher muss einigermaßen simulieren, wie sich die Energieströme in einem Haus verhalten, das bewohnt wird. Das nämlich wird das Haus in Natternberg nicht. Stattdessen steht es als offizielle Außenstelle der Donaugartenschau bis Oktober 2014 Besuchern offen, die sich über Bauweise, Haustechnik und neueste Entwicklungen bei der Energieversorgung informieren wollen.

Stahlbeton und eine dicke Dämmschicht bilden die Außenwände, innen sind die Wände teils als Sichtbetonwände ausgeführt. Foto: Karin Polz

Sonnenenergie ist in Energiekonzepten für Einfamilienhäuser ein beliebter Baustein. Denn Sonnenenergie steht einen Großteil des Jahres reichlich zur Verfügung und kostet nichts. „Und Solarthermie ist bereits recht ausgereift“, sagt Markus Zacher. Die Warmwassergewinnung mittels Sonne ist schon lange Praxis bei Wohnhäusern. Photovoltaik entwickelt sich gerade enorm weiter: Auch private Bauherren können sich nun Speicher leisten, die dafür sorgen, dass der mit der Kraft der Sonne erzeugte Strom nicht sofort, sondern auch noch später genutzt werden kann.

Der Pufferspeicher steht in einem Anbau. Er ist 3,8 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 1,8 Metern. 20 Zentimeter Mineralwolle dämmen den Speicher. Foto: Karin Polz

Das „Effizienzhaus Plus“ basiert auf einfachen Prinzipien: Das Haus soll möglichst wenig Energie benötigen. Daher ist es gut gedämmt: Die 16 Zentimeter dicken Stahlbetonwände tragen eine 30 Zentimeter dicke Neopor-Dämmschicht. Die Fenster sind dreifach verglast und nach Süden ausgerichtet: So heizt die einfallende Sonne im Winter die Räume mit, im Sommer wird sie dank intelligenter Jalousien-Steuerung ausgesperrt. Auch alle Stromverbraucher, von der Umwälzpumpe bis zur LED-Beleuchtung, wurden nach Energieverbrauch ausgewählt.

Für ein Haus, das wenig Energiebedarf hat, kann Sonne die Heizung und Stromversorgung übernehmen. Verschieden geneigte Solarthermiefelder sollen möglichst viel Sonnenlicht einfangen: Knapp 50 Quadratmeter sind es insgesamt, verteilt auf die Fassade, wo die Kollektoren senkrecht angebracht sind, auf die Fläche hinter dem Carport mit 70 Prozent Neigung und auf dem Dach, das 33 Prozent Neigung hat. Die Wärme wird dann in einem 9200 Liter umfassenden Pufferspeicher − mit 20 Zentimetern Mineralwolle gedämmt − gespeichert und bei Bedarf über eine Fußbodenheizung verteilt. Der Pufferspeicher ist 3,8 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 1,8 Metern, alleine schon wegen seiner Größe steht er daher in einem Extraraum zwischen Haus und Carport.

Aber auch die Wärme, die der Pufferspeicher trotz Dämmung im Sommer abstrahlt, wäre in den Wohnräumen unerwünscht. Im Winter allerdings kann genau diese Wärme genutzt werden: Die zentrale Wohnraumlüftung kann sich Zuluft auch aus dem Raum des Pufferspeichers holen. Ist die Wärme des Pufferspeichers erschöpft, kommen als Notsystem zwei Heizstäbe zum Einsatz. Diese können theoretisch auch mit Sonnenstrom der Photovoltaikanlage mit 7,8 Kilowatt Peak Leistung betrieben werden. Oder mit Strom aus der Batterie, die mit Überschüssen der Photovoltaikanlage gefüllt wird und acht Kilowattstunden Kapazität hat. Die Batterie kann den Eigenverbrauch des selbst erzeugten Stroms erhöhen − und bei Überschüssen auch das Elektroauto auftanken, das im Carport steht.

Markantes gestalterisches Detail: Mitten im Erdgeschoss führt die mit dunklen Wänden umgebene Treppe ins Obergeschoss. Foto: Karin Polz

Obwohl noch nicht klar ist, wie der Energiebedarf im Winter sich tatsächlich decken lässt, kann bereits errechnet werden, dass es über das ganze Jahr gesehen einen Energieüberschuss geben wird. Zwei Jahre lang werden alle Daten rund ums Haus erfasst – unter anderem geben mehr als 50 Sensoren im ganzen Haus Markus Zacher Auskunft über die verschiedensten Parameter. Der Student des Faches „Regenerative Energien und Energieeffizienz“ veröffentlicht eine tägliche und monatliche Bilanz unter anderem auf der Internetseite http://effizienzhausplus-deggendorf.de. Die wichtigsten Kenndaten werden an das Fraunhofer Institut für Bauphysik in Stuttgart übermittelt.

Gebaut wurde das Haus mit 170 Quadratmetern Wohnfläche von der Firma Bachl aus Röhrnbach (Landkreis Freyung-Grafenau). Unter www.bachlplushaus.de stellt die Firma Bachl weitere Informationen zum Projekt bereit. Das Haus in Natternberg ist eines von mehreren Modellhäusern des deutschlandweiten Effizienzplushaus-Netzwerks, gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Auch architektonisch ist es interessant: Ein großzügiger Luftraum über dem Wohnbereich, Sichtbetonwände und ein mitten in den Raum gesetzter, kompakter Treppenaufgang verleihen dem Haus eine moderne Anmutung. Ein Grundriss findet sich unter http://effizienzhausplus-deggendorf.de/index.php/architektur.

Das Effizienzhaus Plus ist im Rahmen der Donaugartenschau, die noch bis 5. Oktober 2014 dauert, täglich von 9 bis 18 Uhr kostenlos zu besichtigen. Die Anschrift lautet: Deggendorfer Straße 74, 94469 Deggendorf/Natternberg.

Geld sparen – mit Selbstbau oder Systembau

Bezahlbarer Wohnraum mitten in der Stadt – das ist nicht nur in Hamburg ein Problem. Dort allerdings gibt es zwei Beispiele, die zeigen, wie es gehen könnte. Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) entstanden 2013 im Stadtteil Wilhelmsburg-Mitte drei Mehrfamilienhäuser mit zwei sehr unterschiedlichen Konzepten.

Beim Hausprojekt Grundbau und Siedler baut jeder seinen Teil des Hauses selbst fertig.

Ein Mehrfamilienhaus zum Selberfertigbauen: Das Projekt „Grundbau und Siedler“ will auf ungewöhnliche Weise preiswerten Wohnraum bieten. Foto: Hendrik Schwartz

So soll beim Projekt „Grundbau und Siedler“ Selbstbauen Kosten sparen. Den „Grundbau“, also das Stahlskelett des Hauses aus Decken und Stützen mit einigen Anschlüssen sowie Treppenhaus und Lift wird im Voraus errichtet. Danach sind die „Siedler“ an der Reihe: Sie können den Grundriss nach eigenen Vorstellungen planen und mit viel Eigenleistung ihre eigene Wohnung günstig bauen. „Die zukünftigen Eigentümer erwerben ein Paket, bestehend aus einer Parzelle im Grundbau aus Beton, dem kompletten Baumaterial für den Ausbau ihrer Parzelle und einem Handbuch, das alle nötigen Arbeitsschritte für diesen Ausbau detailliert beschreibt.“ So lautet die Beschreibung auf den Internetseiten der BeL Sozietät für Architektur aus Köln.

Ob das so geklappt hat, konnte ich nicht so recht nachprüfen – mal heißt es, der Quadratmeterpreis für die Bruttogrundfläche liege bei 710 Euro, mal ist davon die Rede, den Preis bei 2000 Euro pro Quadratmeter zu deckeln, dazu käme aber der Ausbausatz, der 300 Euro pro Quadratmeter kosten soll.

Das Haus Case Study soll ein Beispiel für kostengünstiges Wohneigentum geben

Ein zentraler Erschließungskern und außenherum vorgefertigte Grundmodule reduzieren die Kosten für dieses Haus namens Case Study. Foto: Hendrik Schwartz

Auf System- statt Selbstbau setzen dagegen die international tätigen Architekten von Adjaye Associates und die Hamburger Planpark Architekten. Ihr gemeinsames Projekt „Case Study“ ist ein Beispiel für kostengünstigen mehrgeschossigen Holzbau. Es gibt in dem Gebäude einen zentralen Erschließungskern, außenherum werden vorgefertigte Grundmodule gestapelt. Diese können horizontal oder vertikal verbunden werden. Es gibt also unterschiedlich große Wohnungen und auch Maisonettewohnungen. Der Platz für Loggien oder Terrassen wird aus den Grundmodulen „herausgeschnitten“ – so gibt es bei der Lärchenholzfassade nichts, was herausragt, sondern nur private, schattige Einschnitte. Dazu passt, dass auch die Fenster als schmale Einschnitte in die Fassade ausgeführt sind.

Das Modellhaus Case Study Nr 1 setzt auf Modulbauweise

Ein aus Modulen zusammengesetztes Fertighaus hat der Fertighaushersteller Schwörerhaus mitentwickelt. Foto: Hendrik Schwartz

Ein ähnliches Prinzip verfolgt das Haus „Case Study #1“, das aus 45 Quadratmeter großen, quadratischen Modulen zusammengesetzt ist. Das Haus lässt sich sowohl als freistehendes Mehrfamilienhaus als auch in einer Baulücke umsetzen. Besonderer Wert wird darauf gelegt, dass sich Grundrisse flexibel anpassen lassen. So können in die vorgefertigten Module zusätzliche Trennwände eingefügt werden, oder es lassen sich mehrere Module zusammenschließen. Entworfen von Fusi und Ammann Architekten, hat der Fertigbauspezialist Schwörerhaus den Entwurf umgesetzt.

Passgenaue Architektur fürs Hofgut Hafnerleiten

Das Langhaus am Wald im Hofgut Hafnerleiten

Ein hölzerner Steg führt zum Haus am Wald, einem von drei neuen Ferienhäusern des Hofguts Hafnerleiten. Foto: Karin Polz

Eine Badewanne im Dachgeschoss mit Blick auf den Sternenhimmel. Eine Hausbank, auf der man einfach nur sitzen und dem Rauschen des Waldes lauschen möchte. Ein Ausblick vom Esstisch über die Hügel des Rottals. Das Hofgut Hafnerleiten bei Bad Birnbach bietet Erholungssuchenden schon lange Zeit schönste Landschaft und vollkommene Ruhe. Zur Wohlfühlumgebung gehört immer stärker auch preisträchtige Architektur.

Im Hofgut Hafnerleiten können Erholungssuchende in kleinen Häuschen urlauben – die Gastgeber Erwin Rückerl und Anja Horn-Rückerl haben diese Urlaubsform allerdings schon angeboten, als sonst noch niemand an Chalets und Luxus-Hüttendörfer gedacht hat: übernachten im eigenen Themenhäuschen, das Frühstück wird vorbeigebracht, ein intimer Rückzugsort mit dem Service eines Hotels. Schon immer waren die Häuschen an die Landschaft angepasst – im kleinen Waldstück ein Baumhaus, ein Bootshaus am See mit Holzdeck, ein Hanghaus, das sich behaglich in die Erde schmiegt.

Sitzplatz vor der Essecke des Rottaler Langhauses

Ein Meer aus Bambus schirmt die Urlauber vom Nachbar-Langhaus ab. Die herausgeschobenen Kästen mit den Panoramafenstern bilden innen gemütliche Nischen. Foto: Karin Polz

Nun sind noch drei Ferienhäuser für längere Aufenthalte dazugekommen. Und auch bei ihnen wird der – meiner Meinung nach – entscheidende Grundsatz guter Architektur verwirklicht: Ein perfektes Haus muss perfekt zum Grundstück, zur Umgebung, zur Landschaft passen. Die drei Langhäuser tun das: Das Haus am See, das Haus am Feld und das Haus am Wald spielen ihre Vorzüge gerade in Verbindung mit ihrer Lage aus.

Charakteristisch für die Langhäuser sind ihre klare, schlichte Form, ihre dunkle Holzfassade und ihre Panoramafenster. Entworfen wurden sie vom Architekturbüro Format Elf aus Töging. „Unsere Vorgabe war: bewegte Häuser, die bewegen“, sagt Bauherr Erwin Rückerl. Was damit gemeint war? Konkretes eher nicht. Wichtig ist für ihn, was herausgekommen ist: Häuser, die fast zu schweben scheinen, weil ein Holzsteg als Zugang sie von der Landschaft abhebt. Bambus, der sich rund um die Häuser leicht im Wind wiegt. Fassadenfelder mit großen Fensterflächen und Nischen, die sich aus dem dunklen Haus rausschieben. Spiegelungen auf den Fenstern. Lamellen, die enthüllen, verbergen und Schatten werfen. Die Planung und Umsetzung hat auch die Bayerische Architektenkammer überzeugt, die die Rottaler Langhäuser für die Architektouren 2014 ausgewählt haben.

Terrasse eines Langhauses des Hofguts Hafnerleiten

Die Terrasse des „Hauses am Wald“ liegt, wie der Name schon verrät, am Waldrand. Wer nicht nur auf Bäume schauen mag, kann den Blick auch übers Rottaler Hügelland schweifen lassen. Foto: Karin Polz

Dass die dunkle Holzfassade bestens in die Natur passt, davon musste Architekt Stefan Hanninger die Bauherren Anja Horn-Rückerl und Erwin Rückerl nicht lange überzeugen. Andere Ausstattungsmerkmale ergaben sich aus der Funktion: eine vollständige Küche, Infrarotkabinen in zwei der drei Häuser, ein zweiter Schlafplatz für Gäste, die lieber alleine schlafen, auch die Anordnung der Räume dem Sonnenlauf entsprechend.

Viel Holz, viel Ausblick, reduzierte Formen, gemütliche Nischen und jede Menge schöner Details: Die Langhäuser haben meiner Meinung nach alles, was gute Urlaubsarchitektur ausmacht. Tatsächlich sollte man in ihnen länger bleiben, um alles nutzen zu können, was sie so gemütlich macht. Und das ist sicherlich nicht nur die Badewanne im Obergeschoss mit Blick in den Himmel.

Kleine Häuschen ganz groß

Stripe House im niederländischen Leiden Außenansicht

Der Gewinner des Häuser-Awards 2014 steht auf einem nur 95 Quadratmeter großen Grundstück. Foto: Häuser/Luc Roymans

Mehr Quadratmeter bedeutet nicht gleich mehr Platz, mehr Freiraum oder schöneres Wohnen. Viele architektonisch interessante Häuser sind sogar eher klein. Das hat Vorteile: Kleine Häuser passen auf schwierige Restparzellen oder in Baulücken. Sie sind oft günstiger in Herstellung, Unterhalt und Energieverbrauch.

Wer klein baut, muss sich genau überlegen, wie er wohnen möchte und auf was er verzichten kann. „Wenn der Raum knapp ist, kommt es ganz besonders auf kluge Planung und kreative Konzepte an“, meint Bettina Hintze, Autorin des Buches „Kleine Häuser, große Wohnarchitektur“ (ISBN 978-3-421-03933-0).

In dem Bildband von DVA werden 20 Projekte vorgestellt, die beim Wettbewerb „Häuser-Award 2014“ besonders gut abgeschnitten haben. Das Buch gibt mit Hunderten Fotos, Plänen und Grundrissen sowie allen relevanten Baudaten einen ausführlichen Überblick über die Projekte und ist eine ideale Inspirationsquelle für Bauherren und Architekten. Mehr als hundert Projekte wurden für den Wettbewerb eingereicht, der vom Magazin „Häuser“ zusammen mit dem Bund Deutscher Architekten (BDA), dem Informationszentrum Beton, dem Verband Privater Bauherren e.V. (VPB) und der Deutschen Verlags-Anstalt (DVA) durchgeführt wurde.

Stripe House im niederländischen Leiden

Die Architekten Esther Stevelink und Arie Bergsma haben das „Stripe House“ entworfen. Foto: Häuser/Luc Roymans

Den ersten Preis hat das „Stripe House“ im niederländischen Leiden gewonnen. Es ist zwar nicht mein Favorit, fasziniert mich aber wegen seines luftigen Inneren. Auf einem nur 95 Quadratmeter großen Grundstück haben die Hausherren, zwei Architekten des Büros Gaaga Studio for Architecture ganze 160 Quadratmeter Nutzfläche herausgeholt. Und dabei haben sie sogar noch großzügige Freiräume gewonnen. Ein sichtgeschützter Innenhof nimmt zum Beispiel einen kleinen Teil der 95 Quadratmeter ein. Und im Innenraum des schlichten würfelförmigen Baus wurde die Decke vom ersten ins zweite Obergeschoss nicht durchgezogen – so entstand ein Luftraum, fünfeinhalb Meter kann man von der Küche frei nach oben blicken. Wie haben die Architekten es geschafft, diese Freiräume auf kleinstem Raum unterzubringen? Indem sie die Verkehrsflächen minimiert haben – keine breiten Flure, keine repräsentativen Treppen, keine Abstellräume, dafür klug geplante Einbaumöbel.

Das Haus in London ist ein Entwurf des Büros Alma-nac

Das Grundstück ist nur 2,30 Meter breit – genug Platz für ein hübsches Häuschen. Foto: Häuser/Richard Chivers

Auch den dritten Platz finde ich persönlich spannend: Das Haus in London ist nur 2,30 Meter breit – so breit wie ein Autostellplatz. Dafür ist das Grundstück 32 Meter tief. Der Altbau, den sich die Architekten vom Büro Alma-nac vornahmen, war ein langer, düsterer Schlauch. Jetzt wohnt eine vierköpfige Familie in dem renovierten Stadthaus – Oberlichter und durchgehende Sichtachsen sorgen für ein großzügigeres Raumgefühl, auch wenn der Umbau nichts daran ändern konnte, das rechts und links der 2,30 Meter die Nachbarshäuser andocken.

Am meisten begeistert mich ein Projekt in der Nähe von Hamburg: Architekt Christian Stolz hat auf einem schmalen, langgestreckten Grundstück zwei einfach Satteldachhäuschen hintereinander angeordnet. Das vordere Holzhaus enthält Schlaf- und Kinderzimmer und schirmt die weiteren Bereiche von der Straße ab. Ein Gang, in den auch die Haustür integriert ist, verbindet das „Schlafhaus“ mit dem Wohn-, Koch- und Essbereich im kleineren der beiden Häuschen. Somit ist zum einen der Wohnbereich uneinsehbar, zum anderen bildet der Raum zwischen den beiden Häuschen und dem Verbindungsgang eine auf drei Seiten abgeschirmte Terrasse. Von diesem Haus gibt es leider kein Pressefoto, aber es ist auf den Internetseiten von „Schöner wohnen“ zu sehen. Wer sich auch die anderen Projekte ansehen möchte, findet sie ebenfalls bei „Schöner wohnen“.

Der intelligente Balkon

Das Haus namens Smart ist Grün in Hamburg

Wenn die Sonne auf den Balkon scheint, wird hier nicht nur sonnengebadet, sondern auch Energie erzeugt. Foto: Hendrik Schwartz

Balkone von Mehrfamilienhäusern können oft ganz schön hässlich sein. Eine recht elegante und dabei noch sehr sinnvolle Lösung haben Zillerplus Architekten und Stadtplaner aus München für ihr Haus „Smart ist grün“ gefunden: Die Balkonbrüstungen des fünfstöckigen Mehrfamilienhauses bestehen aus Solarmodulen.

Doch diese Art der grünen Energieerzeugung ist nur eine Besonderheit des Hauses, das im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) 2013 in Hamburg umgesetzt wurde. Neben Photovoltaik und Solarthermie fällt vor allem eine ganz besondere Art der Kurzzeit-Wärmespeicherung auf: PCM-Vorhänge in den Räumen nehmen überschüssige thermische Energie auf und geben sie bei Bedarf wieder ab. „PCM steht dabei für Phase-Change-Materialien, aggregatswechselnde Materialien, die Wärme latent speichern und wieder abgeben können. In den Wintermonaten nehmen die Vorhänge die Wärme der flach stehenden Sonne auf und geben sie während der Nacht an die Räume ab“, heißt es in der Projektbeschreibung von Zillerplus Architekten und Stadtplaner.

Gärtnern mitten in Passaus Mitte

Blick vom Quartier Mitte auf den Stadtturm

Kontroverse Diskussionen wie um den grünen Stadtturm gab es beim „Quartier Mitte“ nicht. Foto: Karin Polz

Über dieses Grün wird sich hoffentlich niemand aufregen: Nachdem in Passaus „Neuer Mitte“ bei der Fertigstellung 2007 die grüne Fassade des Stadtturms – neben anderen Aspekten – die Gemüter erregte, wird das Grün des eben fertiggestellten „Quartiers Mitte“ sicherlich positiver beurteilt: Begrünte Dächer, Dachterrassen, kleine Gärten und neue Bäume sollen dem Gebäudekomplex zwischen Dr.-Hans-Kapfinger-Straße und Grünaustraße eine Wohlfühlatmosphäre verleihen.

Am Samstag war Tag der offenen Tür im „Quartier Mitte“ – und wer Vorträge und Führung durch Rudi Ramelsberger, den Bevollmächtigen der Kapfinger Vermögensverwaltung, besuchte, konnte nicht nur einen Blick in sonst nicht zugängliche Büros werfen (zum Beispiel in den Schulungsraum der msg systems ag im ehemaligen Verlagsgebäude der Passauer Neuen Presse), sondern auch noch dazulernen (zum Beispiel, dass es in Städten um bis zu vier Grad wärmer ist als auf dem Land).

Das Logo von Quartier Mitte

Das „Quartier Mitte“ befindet sich zwischen Dr.-Hans-Kapfinger-Straße und Grünaustraße, also direkt in Passaus „Neuer Mitte“. Foto: Karin Polz

Das 25-Millionen-Euro-Projekt hat einige interessante Aspekte zu bieten: Als Nachverdichtung neben der „Neuen Mitte“ geht es einen anderen Weg als der Stadtturm-Komplex. So wurden beim „Quartier Mitte“ alte und neue Gebäude gruppiert. Ehemalige Stadtvillen, saniert und zum Beispiel von der Universität Passau genutzt, stehen neben modernen Gewerbeeinheiten. Das „Quartier Mitte“ ist nicht als geschlossene Bebauung, sondern als offenes Quartier geplant, es soll eine gewisse Aufenthaltsqualität bieten und bindet zahlreiche stadtökologische Überlegungen mit ein.

Landschaftsarchitektin Dorothee Hartmann vom Büro Landschaft und Plan Passau erläuterte beim Tag der offenen Tür die Hintergründe und nannte Zahlen: So sind mehr als 20 Prozent des Quartiers Grünfläche, inklusive der Dachbegrünungen, elf Fledermauskästen wurden installiert, und bei der Auswahl der Pflanzen wurde unter anderem auch darauf geachtet, dass die Bienen, die auf dem Dach eines Nachbargebäudes gehalten werden, Nektar finden.

Ein Nutzgarten im Quartier Mitte

Im Nutz- und Naschgarten im „Quartier Mitte“ kann jedermann Beeren und Obst pflücken, Beete bepflanzen oder sich einfach nur ausruhen. Foto: Karin Polz

Schönstes Detail ist übrigens der Naschgarten neben der ehemaligen Bankiersvilla Dr.-Hans-Kapfinger-Straße 14. Dort wurden schon zahlreiche Erdbeerpflanzen, Säulenkirschen und Beerensträucher gesetzt. Ernten darf dort, wer mag. Auch die leeren Beete dazwischen stehen zur freien Verfügung: Noch könnten sich Interessenten sich dort Anbaufläche mitten in Passaus Mitte sichern. Ich bin schon gespannt, ob diese Chance jemand nutzt!